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Kitzingen
Kitzinger Mieter eiskalt erwischt: Nebenkosten explodieren
Von einem Jahr aufs andere sollen Mieter in einem Wohnkomplex in der Kitzinger Siedlung zum Teil das Zwanzigfache der Nebenkosten nachzahlen. – Fragen an die Vermieterin.
Für den Winterdienst fordert die Kitzinger Bau GmbH von den Mietern eines Objekts in der Siedlung hohe Nachzahlungen. Was steckt dahinter?
Foto: Tobias Hase | Für den Winterdienst fordert die Kitzinger Bau GmbH von den Mietern eines Objekts in der Siedlung hohe Nachzahlungen. Was steckt dahinter?
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:32 Uhr

Diese Geschichte beginnt mit einem viel zu milden Winter – und sie endet mit einer bösen Überraschung. Als die Mieter des Gebäudes in der Kitzinger Böhmerwaldstraße 34 im vergangenen Jahr ihre Betriebskostenabrechnung im Briefkasten finden, reiben sich viele verwundert die Augen. Statt der sonst üblichen Nachzahlung – mal waren es 28,51 Euro, mal 9,64 Euro, im Jahr zuvor 22,37 Euro – sollen sie für Winterdienst und Gartengestaltung plötzlich mehr als 400 Euro zusätzlich überweisen. Eine Steigerung um das Zwanzigfache. „Ein gewaltiger Betrag für nichts“, sagt einer der Mieter. „Wir rechnen hier keinen Cent zu viel ab“, sagt Rebecca Hick im Namen der Vermieterin, der Kitzinger Bau GmbH, einem Unternehmen der Stadt Kitzingen.

Der Winter 2019/20 war einer, der seinen Namen nicht verdiente: laue Tage, milde Nächte, kaum Schnee. Gerade mal zwei Monate seien im Abrechnungszeitraum April bis Dezember 2019 „für einen Winterdienst relevant gewesen“, erklärt der Mieter. Umso erstaunter ist er, als er von der Bau GmbH eine Nachzahlungsforderung für diesen Zeitraum erhält: 311,25 Euro. Damit geht der Ärger los. Der Mann legt der Redaktion eine Akte von Schreiben vor. Für den gleichen Zeitraum 2020 beträgt die Forderung sogar 412,42 Euro. Das ist das Zwanzigfache dessen, was er zwei Jahre vorher nachgezahlt hatte.

Das eigene Personal wird der Bau GmbH auf Dauer zu teuer

Das Objekt in der Böhmerwaldstraße 34 ist ein L-förmiger Gebäudekomplex in der Kitzinger Siedlung, der eigentlich aus fünf ineinander verschachtelten Gebäuden besteht, deshalb auch fünf Hausnummern 34 a bis e. Ruhige Ortsrandlage, ringsherum Bäume und Grünflächen, hinter dem Gebäude: die Sickershäuser Weinberge. Eigentümerin ist die Kitzinger Baugesellschaft, eine hundertprozentige Tochter der Stadt.

Die setzt für Gartenpflege und Winterdienst anfangs eigenes Personal ein, sein Einsatz wird stundenweise abgerechnet, die Kosten sind überschaubar. Dann aber stellt die Kitzinger Bau GmbH fest, dass sich die Bewirtschaftung mit eigenen Leuten nicht rechnet. „Wir können uns keinen voll ausgebildeten Gärtner leisten“, sagt Geschäftsführerin Rebecca Hick. Man könnte es Rationalisierung nennen.

Hick ist entschlossen, die Kitzinger Baugesellschaft mit ihren mehr als 500 Wohnungen auf Effizienz zu trimmen. Was nicht passt, wird gekappt, was nicht rentabel ist, wird ausgelagert. Gartenarbeiten und Winterdienst sollen an einen externen Dienstleister gehen. Auf die öffentliche Ausschreibung hin erhält Hick ein Angebot, das gegenüber den anderen so günstig ist, dass sie von einem „Kampfpreis“ spricht. „Das war so tief; das mussten wir nehmen“, sagt sie.

Abgegeben hat es ein deutschlandweit tätiges Unternehmen, das nach eigenen Angaben auf Haustechnik, Grünflächenpflege, Gebäudereinigung und Winterdienst spezialisiert ist. Laut Hick zeichnet sich die Firma aber vor allem durch eines aus: Untätigkeit. „Wir haben sie im Januar beauftragt und im gleichen Jahr wieder gekündigt, weil sich nichts getan hat.“

Im Paket mit Gartenpflege ist der Winterdienst günstiger   

Hick greift zum nächsten Bewerber auf der Liste, der mit seinem Angebot allerdings schon doppelt so teuer ist wie der untätige erste. Diesmal handelt es sich um eine Firma aus Kitzingen. Ihr Leistungsspektrum umfasst Bäume und Hecken pflanzen, Sträucher schneiden, sonstige Gartenarbeiten, Landschaftsbau; von Winterdienst ist nichts zu lesen. Aber Hick sagt, wenn man die Firma nicht nur für den Sommer buche, sondern auch im Winter, sei das Komplettpaket günstiger.

Die Mieter in der Böhmerwaldstraße bekommen von diesen Wechseln und Widrigkeiten nichts mit. Sie erreicht das dicke Ende mit der nächsten Betriebskostenabrechnung. Die Bau GmbH hat mit der Firma vereinbart, die Arbeiten pauschal zu verrechnen. Für die 40 unterschiedlich großen Wohnungen in den Gebäuden a bis e erhält das Unternehmen von April bis Dezember 2019 monatlich 1089,78 Euro, insgesamt für die neun Monate rund 9800 Euro. Für den Mieter, der sich nicht nur in der Redaktion beklagt, sondern auch einen satten Schriftwechsel mit der Bau GmbH belegen kann, ist die Summe „unangemessen hoch“ angesichts „kurzer, milder Winter in einer der niederschlagsärmsten Regionen von ganz Deutschland“.

Hick sieht in der pauschalen Abrechnungsmethode ein deutlich geringeres Risiko für Mieter, als wenn nach Einsatzstunden abgerechnet würde. Es sei richtig, dass es im milden Winter 2019/20 nicht allzu viel tun gegeben habe. Das habe der Winter 2020/21 aber mehr als aufgewogen. „Es war nicht viel zu schaufeln“, sagt sie, „aber verdammt viel zu streuen.“ Die Kosten wären „exorbitant hoch“ gewesen, hätte man hier den tatsächlichen Aufwand berechnet. „Das Risiko liegt beim Unternehmen, je nachdem, wie sich die Witterung entwickelt“, schreibt Hick im Januar 2021 an den betreffenden Mieter. Der Fehler der Bau GmbH sei allerdings gewesen, die Vorauszahlungen nicht angepasst zu haben, gibt Hick zu. Das will sie demnächst tun.

Mieter schimpft und fordert die Nachzahlung zurück

Der Mieter gibt sich mit den Erklärungen nicht zufrieden und fordert die Bau GmbH auf, ihm die Nachzahlung wieder zu erstatten, zumal er auch die Qualität der Arbeiten bemängelt. „Gartenpflege findet nicht statt. Es waren mal drei Leute da, um Rindenmulch zu verteilen, und den Rasen hat man angeblich schonend gemäht – wegen der Bienen“, sagt er. Der Spielplatz am Gebäude sei größtenteils abgebaut worden; die Kinder spielten jetzt auf den Parkplätzen vor dem Objekt.

Er habe gehofft, erzählt der Mieter, dass der Oberbürgermeister mal bei ihnen aufkreuze und sich das „liederliche Grundstück“ anschaue. Hick hingegen berichtet von den vielen Pflichten, die der Bau GmbH auferlegt würden: Baumkontrolle, Baumkataster, Spielplatzprüfung. – Es scheint, als stünden sich hier zwei Parteien ziemlich unversöhnlich gegenüber.

 
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  • K. M.
    Fakt ist das kein Mieter heutzutage Winterdienst - Hausordnung etc. übernehmen will. Alles soll in Ordnung sein und wird falls nicht sofort bemängelt. Wenn man zu bequem ist bzw keine Lust hat muss man dafür zahlen. Keiner von uns arbeitet umsonst.
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  • M. Z.
    Man kann den Mietern nur raten, sich die Rechnungen und Verträge genau anzusehen und zu prüfen. Es ist erstaunlich, was da oft so (nicht) zu Tage kommt.
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  • R. A.
    Diese Nebenkostenabrechnungen dieser städtischen GmbHs sind doch grösstenteils alles zusammengeschusterte Einzelposten gewesen. Ist bei uns nicht anders, wenn dann nach tatsächlich entstandenen Kosten abgerechnet und bezahlt werden muss, fallen einige auf die Füsse. Jahrelang wurde da in Kostenstellen geschoben und dem Mieter zuwenig abgerechnet. Das fällt dann eben krass auf und wird in Frage gestellt. Subventioniert wurde jahrelang und das hat den Leuten natürlich gefallen.
    Der Artikel ist in Sachen Niveau diskussionswürdig. Das könnte der Verfasser/in schon besser lösen.
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  • P. T.
    Ich halte die Überschrift für eine frechheit und völlig überzogen. Explodierende Nebenkosten mit einem Faktor von 20 anzugeben ist falsch und irreführend. Liest man den Text so ist die Rede vom bis zu 20fachem einer ehemaligen Nachzahlung. Fakt ist wohl, dass sich die Kosten für Winterdienst und Gartenpflege erhöht haben. Fakt ist wohl auch, dass kaum mehr Mieter bereit sind den Winterdienst im erforderlichen Umfang zu übernehmen. Der Vermieter ist in der Pflicht die Verkehrssicherung von Wegen sicherzustellen. Eigenes Personal muss auch bezahlt werden (Bereitschaftsdienste, Wochenende, Feiertage). Diejenigen die bereit sind dann zu arbeiten wenn die Mehrheit vorm Ofen oder Christbaum sitzt können sie heute zählen.
    Dienstleister müssen Technik und Gerät sowie Manpower vorhalten. Auch deren Mitarbeiter wollen bezahlt werden ob es viel oder wenig schneit.

    Ärgern tut mich am meisten die reisserische Aufmachung des Artikels! Bildzeitungsniveau!!! Schade!!!
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