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Kitzingen
Nur noch eine HNO-Ärztin für 93.000 Landkreis-Bewohner: Was der Mangel für Patienten und die Klinik Kitzinger Land bedeutet
Wer einen Termin beim HNO-Arzt braucht, hat im Landkreis Kitzingen seit einigen Monaten ein Problem. Den Verantwortlichen ist die Lage bekannt. Tun können sie aber wenig.
Schon gehört? Nachdem zwei von drei HNO-Fachärzten im Landkreis Kitzingen aufgehört haben, ist es für Patienten schwierig geworden, einen Termin zu bekommen.
Foto: Helen Ahmad, dpa | Schon gehört? Nachdem zwei von drei HNO-Fachärzten im Landkreis Kitzingen aufgehört haben, ist es für Patienten schwierig geworden, einen Termin zu bekommen.
Daniela Röllinger
 |  aktualisiert: 19.02.2024 02:49 Uhr

Das Schild ist weg, die Tür verschlossen: Die Facharztpraxis für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde in der Kitzinger Fußgängerzone ist Vergangenheit. Damit gibt es in Kitzingen und dem gesamten Landkreis  nur noch eine einzige HNO-Ärztin – für 93.634 Einwohner. "Eine schwierige Situation", sagt Dr. Birgit Spohn von der Bezirksstelle Unterfranken der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) auf Nachfrage. "Das ist auch der KV bewusst."

Auf dem Papier sieht die Situation noch gut aus: Wer den Versorgungsatlas der KVB für den Fachbereich HNO im Internet aufruft, erfährt, dass drei Ärzte im Landkreis praktizieren würden, der Versorgungsgrad wird mit 103,99 Prozent angegeben. Mit der Realität hat diese Zahl allerdings nichts zu tun. Es handelt sich um Arztregisterdaten vom 4. August 2023.

Im Landkreis Kitzingen fehlen bei den HNO-Fachärzten 2,5 Stellen

Dass einer der beiden Ärzte in der Praxis am Marktplatz in Rente gehen würde, war bekannt. Er habe zum 30. Juni aufgehört, in einem Ausschreibungsverfahren sei versucht worden, einen Nachfolger zu finden, informiert die Vorstandsbeauftragte der KVB in Würzburg für den Bereich Fachärzte. Dieses Verfahren dauert normalerweise ein halbes Jahr, es sei aber noch einmal bis zum 30. März verlängert worden, in der Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch ein Nachfolger findet. "Dann geht die Stelle zurück in den Bedarfsplan", erklärt Birgit Spohn. Der zweite Arzt in der Praxis habe seine Stelle zum 30. September direkt zurückgegeben. "Damit ist Frau Dr. Back derzeit die einzige HNO-Ärztin im Landkreis Kitzingen." Deren Praxis befindet sich nahe des Falterturms.

Der Landesausschuss tagt jeweils im Januar und August, dann wird der Bedarf aktuell berechnet und festgelegt. Grundlage dafür sind unter anderem die Altersstruktur der Bevölkerung und die Einwohnerzahl. Die letzte Sitzung fand Ende Januar statt, die neuen Zahlen werden nun in den Versorgungsatlas eingearbeitet. Laut Spohn sind demnach derzeit 1,5 Stellen offen. Die Zahl werde aber bis zur nächsten Sitzung im Sommer auf 2,5 steigen – dann nämlich wird auch die Stelle berücksichtigt, für die noch das Ausschreibungsverfahren läuft.

Was passiert mit den Daten der Patienten der nun geschlossenen Praxis? Normalerweise werden sie, wenn ein Nachfolger gefunden wird, von diesem weiter vorgehalten. Und wenn nicht? "In der Regel stehen Ärzte, die aufhören, in der Verantwortung, dass die Befunde und Akten an die Patienten gehen", erklärt Birgit Spohn.

Es kommen weniger Fachärzte nach, als in Rente gehen

HNO sei ein Fachbereich, "in dem der Nachwuchs nicht sprudelt", so Spohn weiter. Die Zahl der Fachärzte, die jährlich neu hinzukommen, sei geringer als die Zahl derer, die in Ruhestand gehen. Auch die aktuellen Rahmenbedingungen, die Probleme bei der Vergütung, die überbordende Bürokratie und der Fachkräftemangel machten das Praxisleben schwer. All das motiviere junge Ärzte nicht, sich mit einer Praxis niederzulassen.

Wenn es ums Hören und die Gleichgewichtsorgane, um Tinnitus, den Rachen, Kehlkopf, Nase, Nebenhöhlen und den Hals geht, ist der HNO-Facharzt der richtige Ansprechpartner.
Foto: Monique Wüstenhagen, dpa | Wenn es ums Hören und die Gleichgewichtsorgane, um Tinnitus, den Rachen, Kehlkopf, Nase, Nebenhöhlen und den Hals geht, ist der HNO-Facharzt der richtige Ansprechpartner.

Sei eine Region unterversorgt, bemühe sich die KV aktiv um die Ausschreibung der Stelle und biete auch verschiedene Fördermöglichkeiten an – für die Niederlassung beispielsweise, den Praxisaufbau, die Eröffnung einer Zweitpraxis oder für Investitionskosten. Finde sich länger kein Arzt, der eine Praxis übernimmt oder eröffnet, gebe es auch die Möglichkeit, dass die KV eine Eigeneinrichtung aufbaut und einen Arzt einstellt – mit dem Ziel, dass der oder die dann nach ein paar Jahren eigenständig weitermacht.

Wie schwierig es ist, einen Nachfolger für eine Praxis zu finden, hat auch Gunter Kittel, Vermieter des Ärztehauses hinter der Lamm-Apotheke, erfahren. "Wir haben alles abgefragt. Keine Chance, jemanden zu kriegen." Die bisherige HNO-Praxis werde nun aufgelöst. Ihm liegt allerdings sehr daran, dass wieder ein Arzt in das Gebäude einzieht.

Klinik-Abteilung besteht derzeit nur noch auf dem Papier

Auswirkungen hat die Schließung der Praxis auch auf die Klinik Kitzinger Land. Auf deren Homepage wird die HNO-Abteilung zwar noch geführt. Aber wer darauf klickt, landet beim Namen und der Praxis des Arztes, der nicht mehr in Kitzingen praktiziert. Auf Nachfrage bestätigt Klinik-Pressesprecher Alexander Kother, dass derzeit kein HNO-Arzt mehr für operative Zwecke an der Klinik Kitzinger Land zur Verfügung stehe.

Man habe bei der Uniklinik angefragt, aber dort sei niemand bereit, nach Kitzingen zu kommen – und im Landkreis selbst gebe es eben derzeit keinen Mediziner, der das bewerkstelligen könne. "Wir bleiben aber dran", so Kother. Der Klinik sei daran gelegen, die Fachabteilung zu erhalten. Zugleich verweist er darauf, dass sie im Klinikalltag eine untergeordnete Rolle spiele. "Wir hatten im vergangenen Jahr nur 21 OPs in diesem Bereich, im Jahr 2022 waren es 34 Fälle."

Bleibt die Frage, was Patienten machen sollen, die einen Termin bei einem HNO-Facharzt brauchen. Wer über die Homepage der Praxis am Falterturm einen Termin vereinbaren möchte, wird darauf hingewiesen, dass derzeit keine Neupatienten aufgenommen werden können und man sich an den Hausarzt oder die Terminservicestelle der KVB unter der Telefonnummer 116117 wenden soll. Auch Dr. Spohn von der KVB verweist auf diese Nummer. "Wir bemühen uns dann, einen Termin zu finden." Wobei sie gleich einschränkend anfügt: "Auch das kann dann mit Wartezeiten einhergehen."

 
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  • Helga Scherendorn
    Es braucht doch nicht jeder einen HNO, malt mal nicht alles so schwarz wie es ist!
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  • Friedrich Angene
    Frau Scherendorn, alles Gute und viel Gesundheit! Hoffentlich kommen Sie nicht in die Situation einer Erkrankung und müssen weit fahren oder werden von einer HNO-Praxis wegen Überlastung abgewiesen.
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  • Dietmar Eberth
    Dürfen die Patienten nicht in die Nachbarkreise Bamberg (13x HNO), Schweinfurt (7x HNO), Neustadt a. d. Aisch (5x HNO) und Würzburg (13x HNO)?

    https://www.kvb.de/fileadmin/kvb/Ueber-uns/Versorgungssituation/Versorgungsatlas/KVB-Versorgungsatlas-HNO-Aerzte.pdf
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