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Kitzingen
Nach Diebstahl einer Schnapsflasche knapp am Knast vorbei
Der Diebstahl einer Flasche Schnaps hätte eine Frau beinahe hinter Gitter gebracht. Räuberischer Diebstahl war ihr vorgeworfen worden. Das Gericht das anders.
Symbolfoto: Regale voller Flaschen. Der Diebstahl einer Flasche Grappa hätte eine Frau beinahe hinter Gitter gebracht.
Foto: Thomas Gross, dpa | Symbolfoto: Regale voller Flaschen. Der Diebstahl einer Flasche Grappa hätte eine Frau beinahe hinter Gitter gebracht.
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:10 Uhr

Das war knapp: Der Diebstahl einer 7,99 Euro teuren Grappaflasche hätte eine 34-Jährige fast für 15 Monate hinter Gitter gebracht. Weil sie nach dem Diebstahl flüchten wollte, um sich geschlagen und dabei einen Detektiv leicht verletzt hatte, stand sie wegen räuberischen Diebstahls vor Gericht. Die Staatsanwältin forderte ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe – ohne Bewährung. Am Ende wurden es sechs Monate – und Bewährung.

Im Gegensatz zur Anklage war das Kitzinger Schöffengericht unter der Vorsitzenden Patricia Finkenberger nicht überzeugt, dass es sich bei dem "heftigen Auftritt" der 34-Jährigen in einem Discounter um einen "räuberischen Diebstahl" handelt, mit entsprechend hoher Strafandrohung. Es verurteilte die zweifach vorbestrafte Frau wegen Diebstahls, Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung.

Weil ein Gutachten eine psychische Störung attestiert hatte und eine verminderte Schuldfähigkeit nicht auszuschließen war, wurden es am Ende sechs Monate. Die Frau wird für drei Jahre einem Bewährungshelfer unterstellt, muss 100 Sozialstunden ableisten und Termine bei der Suchtberatung machen. "Es kann nicht schaden, wenn sie mal eine Beratung aufsuchen und über Alkohol und Sucht reden."

Privatinsolvenz bei der Angeklagten

Das gab die Richterin der Frau mit auf den Weg, die schwierige Zeiten hinter sich hat. Sie steht unter Betreuung, lebt von einem Minijob und Hartz IV. Sie hat hohe Schulden geerbt, die Privatinsolvenz läuft. In Beziehungen gab es immer wieder Probleme. Derzeit aber sieht sie sich auf dem Weg nach oben. "Ich fühle mich seit langem wieder einmal richtig gut", sagte sie dem Gericht und bat darum, ihr den eingeschlagenen Weg nicht zu verbauen.

Auf dem war sich im Februar 2021 noch nicht. Da ließ sie in einem Discounter eine Flasche Grappa in ihrem Tragebeutel verschwinden und wurde vom Ladendetektiv beobachtet. Als die Kassiererin einen Blick in die Tasche werfen wollte, sie das verweigerte und der Detektiv sie aufforderte, mit ins Büro zu kommen, rastete sie regelrecht aus.

Schläge gegen den Kopf des Detektivs?

Bei dem Versuch, so schnell wie möglich, den Laden zu verlassen, soll sie gestoßen und getreten haben. Dazu kamen zwei Schläge gegen den Kopf des Mannes. Dann brachte sie der Detektiv "sanft" zu Boden, wie er sagte, und hielt sie fest, bis die Polizei kam. Der Detektiv und die Kassiererin bestätigen als Zeugen diese Version.

Die Angeklagte sah das etwas anders: "Der Diebstahl war eine Dummheit", räumte sie ein. "Er hat mich am Hals angefasst, ich hatte Panik, wollte nur noch raus", sagte sie. Geschlagen und getreten habe sie jedenfalls niemanden: "Ich bin kein Schlägertyp."

Verteidiger sieht es ganz anders

Für die Staatsanwältin stand dennoch fest, die Frau war auf frischer Tat ertappt worden, ist gewalttätig geworden und hat versucht, mit der Beute zu flüchten – ein Fall von räuberischem Diebstahl. 15 Monate forderte sie dafür. Eine Chance auf Bewährung sah sie wegen der "negativen Sozialprognose" nicht.

"Ich bin wieder mal ganz anderer Meinung", sagte der Verteidiger. Seine Mandantin sei in Panik gewesen und habe nur noch raus gewollt, aus der Situation, in die sie sich selbst gebracht habe. Der Schnaps habe in dem Moment keine Rolle gespielt. Er forderte eine moderate Strafe mit dem Hinweis: "Das war Diebstahl, Nötigung und Körperverletzung, aber kein räuberischer Diebstahl."

Der sei ohnehin fast nie nachzuweisen, sagte Patricia Finkenberger am Ende der Beratung mit den Schöffen. Es gehe um die Frage, ob die Frau nach dem Diebstahl auf Biegen und Brechen die Beute sichern wollte oder nicht. Da gebe es Anhaltspunkte, die dagegen sprächen. So kam es statt der 15 Monate ohne zu den sechs Monaten mit Bewährung.

 
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