Wenn ein Mann wie Rainer Fell dieser Tage durch die Wälder streift, blutet ihm das Herz. Seit mehr als 30 Jahren ist Fell in seinem Job als Förster unterwegs, der für ihn Beruf und Berufung gleichermaßen ist. Er hat das Sterben der Wälder schon einmal erlebt, Ende der 1980er Jahre. Aber das, was damals der saure Regen an den Bäumen anrichtete, ist kein Vergleich zu heute. So schlimm wie derzeit war es noch nie. Großflächig sterben Kiefern, Fichten oder Lärchen, Flachwurzler, die in den brüllend heißen Sommern der vergangenen Jahre qualvoll verdursten. Die Kiefer etwa hält Temperaturen von bis zu 35 Grad stand. Aber was passiert, wenn es dauerhaft über diese Marke geht, kann man derzeit vor allem am Schwanberg besichtigen: braun gefärbte, teils kahle Bäume, die unwiederbringlich verloren sind.
Nicht nur Fell flüchtet sich bei Anblicken wie diesen in Galgenhumor. "Wer weiter Fichten pflanzt, ist selber schuld", hat er am Montag im Iphöfer Stadtrat erklärt. Rund 2200 Hektar Wald besitzt die Stadt Iphofen, und im vergangenen Jahr schlugen Fell und seine Leute 11 000 Festmeter Holz. Früher wäre dies ein Grund zur Freude gewesen. Doch nur ein Bruchteil, nämlich 2000 Festmeter, gingen auf eine normale Nutzung zurück, beim großen Rest handelt es sich um sogenanntes Trockenholz: Bäume, die dem Hitzestress nicht mehr gewachsen waren und die nun schnell aus dem Wald geholt werden müssen, ehe sich der Borkenkäfer über sie hermacht und so auch in vitale Bestände einfällt.
Nadelholz-Schwemme auf dem Markt
Was tun mit all dem Totholz? Rund 7000 Festmeter Fichte werden der Stadtförster und sein Team in nächster Zeit zu Brennholz verarbeiten – zu mehr taugt es nicht. Ohnehin ist derzeit so viel Nadelholz im Markt, dass Fell schon von einem "ruinösen Preisverfall" spricht. Gab es einst 80 Euro pro Festmeter Fichtenstammholz, so werden heute mit Glück noch 30 Euro bezahlt. Das trifft vor allem kleinere Waldbesitzer, die bei diesen Margen nicht einmal ihre Entsorgungskosten decken können.
Die Zukunft deutscher Wälder liegt laut Fell in hitzeresistenten Baumarten, wie der Elsbeere, Winterlinde, Vogelkirsche – und der Eiche. Fell muss heute fast lächeln, wenn er die Anekdote über den Symbolbaum der Deutschen erzählt. "Vor 20 Jahren wollten wir den Eichenanteil im Stadtwald von 60 auf etwa 35 Prozent reduzieren." Damals setzten Schädlinge wie Schwammspinner oder Prozessionsspinner den Eichen massiv zu. Inzwischen können Fell und die Stadt froh sein, den Plan nicht in die Tat umgesetzt zu haben: Viele Hoffnungen ruhen heute auf der Eiche, die mit der Hitze besser umgehen kann als etwa die Buche und zudem immer noch gutes Geld in die Kassen von Kommunen spült.
Chance für den Einschlag von Eichen
Für das kommende Betriebsjahr hat sich Fell vorgenommen, "kräftig Eichen zu machen". Das liegt auch an einem Phänomen, das der Förster in dieser Form nur etwa alle zehn Jahre beobachtet: der Eichelmast. Die Bäume trugen dieses Jahr so viele Früchte wie lange nicht. Damit die Sämlinge aufgehen und groß wachsen, muss Fell am Boden Platz und Licht schaffen. Also plant er für 2020, rund 11 800 Festmeter Holz zu schlagen, ein Großteil davon Eiche. Der normale Hiebsatz liegt bei 10 000 Festmetern im Jahr. Aber die außergewöhnliche Situation gelte es zu nutzen, sagt Fell. "Naturverjüngung ist die günstigste Art, Eiche nachzuziehen." Insgesamt sei er für die kommende Saison optimistischer.