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Kitzingen
Mitarbeitermangel: Die Klinik Kitzinger Land holt Pflegekräfte aus Marokko und Pflegeschüler aus Indien
Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, setzt das Kreiskrankenhaus auf Anwerbung von Ausländern. Worauf die Klinik Wert legt, wen sie holen will und wie das funktioniert.
Bessere Arbeitsbedingungen: Auch das ist ein Ziel der aktuell laufenden Generalsanierung der Klinik Kitzinger Land.
Foto: Julia Lucia | Bessere Arbeitsbedingungen: Auch das ist ein Ziel der aktuell laufenden Generalsanierung der Klinik Kitzinger Land.
Andreas Brachs
 |  aktualisiert: 10.11.2023 03:03 Uhr

Der Applaus auf den Balkonen, der während der Corona-Pandemie aufbrandete, ist verebbt. Die Pflegekräfte sind inzwischen wieder allein mit ihren Problemen. Den Alltagshelden bleibt oft nur der Alltag. "Pflege hat keine hohe Wertigkeit in Deutschland", beschreibt Birgit Jakob, Pflegedienstleiterin an der Klinik Kitzinger Land, nicht nur ein Gefühl, sondern eine Lage.

Mit Folgen. Dem Kreiskrankenhaus fehlt es inzwischen wie vielen anderen Kliniken an Pflegepersonal. "Schlecht bis sehr schlecht" sei die Möglichkeit, an Nachwuchs zu kommen. Und die Prognosen sagen noch schlechtere Zeiten voraus, wenn einerseits Babyboomer-Jahrgänge in Rente gehen und andererseits genau sie noch mehr Pflegebedarf anmelden werden.

Die Kitzinger Klinik hat daher beschlossen, künftig stärker als bisher auf ausländische Pflegekräfte zu setzen, denn schon heute sei die Klinik "Multi-Kulti" aufgestellt, wie Birgit Jakob sagt. Und das funktioniere in Kitzingen gut. Viele ausländische Mitarbeitende seien selbstverständlich "Teil der Mannschaft". 

So plant das Krankenhaus neuerdings, aus Indien Pflegeschülerinnen und -schüler an die hauseigene Schule zu holen. Und aus Marokko kommen im März 2024 acht qualifizierte Pflegekräfte. Andere Landsmannschaften sollen folgen. "Wir brauchen ausländische Pflegekräfte; da führt kein Weg dran vorbei", erklärt Jakob.

Internationale Personalsuche mit Hilfe von Vermittlungsagenturen

Birgit Jakob, Pflegedienstleitung im Klinikum Kitzinger Land, und Uwe Pfeiffle, kaufmännischer Vorstand der Klinik, holen ausländische Pflegekräfte aus Marokko nach Kitzingen ans Kreiskrankenhaus.
Foto: Andreas Brachs | Birgit Jakob, Pflegedienstleitung im Klinikum Kitzinger Land, und Uwe Pfeiffle, kaufmännischer Vorstand der Klinik, holen ausländische Pflegekräfte aus Marokko nach Kitzingen ans Kreiskrankenhaus.

Bei dieser internationalen Suche setzt die Klinik auf Personalvermittlungsagenturen mit entsprechenden Erfahrungen und Verbindungen. Ein Faktor bei der Auswahl der Länder: Es sollen keine Pflegerinnen und Pfleger abgeworben werden, die im Heimatland ebenfalls dringend gebraucht werden. Das ist ein Grund, warum die Klinik ihren Suchradius weiter spannt als in die europäischen Nachbarländer. Aber: Die Qualitätsstandards müssen vergleichbar sein. Und schließlich sollen die sprachlichen und kulturellen Hürden nicht zu hoch liegen.

All das scheint aus Sicht von Birgit Jakob und Uwe Pfeiffle, kaufmännischer Vorstand der Klinik, in Marokko gegeben zu sein. Das Gesundheitssystem dort sei dem französischen ähnlich. Pflegekräfte studieren dort üblicherweise sogar. Die Bevölkerung in Marokko sei weltoffen und ebenfalls multikulturell, der Islam nicht radikal. Doch zugleich gebe es in den Nachbarstaaten Krisen; das Reisen in die Umgebung sei schwierig. Daher winkt für viele Einheimische in Europa und Deutschland ein Plus an Freiheit.

"Wir brauchen ausländische Pflegekräfte; da führt kein Weg dran vorbei."
Birgit Jakob, Pflegedienstleiterin an der Klinik Kitzinger Land

So ist Birgit Jakob jüngst mit ihrem Kollegen, Stationsleiter Michael Sandreuter, nach Tanger geflogen. Dort haben beide, vermittelt von der beauftragten Personalagentur, mit 20 Pflegekräften Vorstellungsgespräche geführt. Die jungen Leute sind bereits im Beruf, zwischen 20 und 30 Jahre alt und wollen nach Deutschland auswandern. Daher haben sie schon fortgeschrittene Deutschkenntnisse erworben.

Am Ende haben Jakob und Sandreuter vier Frauen und vier Männer ausgewählt, die im März 2024 nach Kitzingen kommen sollen. Hier angekommen, sollen die Pflegekräfte in denjenigen Fachbereichen nachgeschult werden, in denen sie noch nicht auf deutschem Niveau sind. Zusätzlich erhalten sie Sprachunterricht.

Marokkanische Pflegekräfte wohnen in den Marshall Heights

Zwar soll den acht Marokkanerinnen und Marokkanern ihre Gemeinschaft den Übergang erleichtern, doch die Klinik will sich auch um die formale und alltägliche Integration der Neuen kümmern. So hat sie bereits Wohnungen im nahen Wohngebiet Marshall Heights angemietet, in denen die Neuankömmlinge in einer Wohngemeinschaft leben können, bis sie eigene Wohnungen gefunden haben. "Wir fühlen uns verantwortlich, dass es ihnen gut geht", sagt Jakob.

Es soll Hilfe beim Bewältigen der Bürokratie geben, zum Beispiel bei Behördengängen. Denn noch, klagen Pfeiffle und Jakob, seien die Hürden für Nicht-Europäer hoch, wenn sie hierzulande arbeiten wollen. Praktisch soll dann jede marokkanische Pflegekraft auf je einer Station Dienst tun. Das erleichtere die Betreuung und die Eingliederung, findet Jakob.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit und unbefristete Stellen

Und wie ist das mit dem Gehalt? In Marokko, erklärt Jakob verdienten Pflegekräfte 300 bis 500 Euro monatlich, was oft allein für die Miete draufgehe. In der Klinik Kitzinger Land, die tarifgebunden ist, gelte: gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Berufseinsteiger bekämen bis zu 3500 Euro brutto, inklusive der Zulagen für Schichtdienst oder Wochenendarbeit.

Wichtig war den jungen Leuten aus Marokko: Sobald die halbjährige Probezeit erfolgreich bestanden ist, bekommen sie unbefristete Verträge. Das sei längst nicht bei allen Krankenhäusern so, berichten Jakob und Pfeiffle. Umgekehrt hat die Klinik abgefragt, wer bereit sei, in einer ländlichen Klinik statt in der Großstadt zu arbeiten. Denn wenn das Modell der Anwerbung von Ausländern für Kitzingen erfolgreich sein soll, dann muss die Klinik auch die Konkurrenz im nahen Würzburg im Auge haben.

Eine Garantie, dass Beschäftigte auf Dauer in der Klinik Kitzinger Land bleiben, gibt es freilich nicht. Aber das gilt schließlich auch für die Einheimischen.

 
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