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Kitzingen
Mit Ochsenblut und Stuckdecke: Die neuen Räume des Kitzinger Rathauses versprühen exklusiven Charme
Das Kitzinger Rathaus wird seit Monaten erweitert. Dazu saniert die Stadt ein denkmalgeschütztes Gebäude und richtet darin moderne Büros ein. Mit einigen Überraschungen.
Verschiedene Gebäude, unterschiedliche Baustile, abgesetzte Farben: Das Kitzinger Rathaus erstreckt sich künftig über diese ganze Häuserzeile. Links außen: das historische Rathaus, rechts in Gelb: das neu erworbene Gebäude, das noch saniert wird.
Foto: Andreas Brachs | Verschiedene Gebäude, unterschiedliche Baustile, abgesetzte Farben: Das Kitzinger Rathaus erstreckt sich künftig über diese ganze Häuserzeile.
Andreas Brachs
 |  aktualisiert: 10.02.2024 15:32 Uhr

Es sieht fast aus, als würde das frische Ochsenblut noch vom Balken tropfen. So frisch glänzt das aufgehübschte Fachwerk im neuen Büro mitten in Kitzingen. Aber mit Ochsenblut sind die Holzbalken dann doch nicht gestrichen; die markante Farbe heißt nur so. Sie soll wiedergeben, wie es ursprünglich in dem Gebäude in der Kaiserstraße 17 ausgesehen hat, das von 1593 stammt. Das stattliche Haus enthält verschiedene Bauelemente von der Renaissance bis zum Barock. Sogar Bereiche aus Lehm und Stroh sind noch vorhanden.

Ein Teil der Kitzinger Stadtverwaltung wird darin künftig Platz finden. Das historische Rathaus reicht schon längst nicht mehr, um eine moderne Verwaltung mit all ihren Anforderungen an Raumbedarf und Technik unterzubringen. So hat sich die Verwaltung immer weiter in die Nachbarschaft ausgedehnt. Erst in die Kaiserstraße 13 und 15 und nun auch in das historische Haus aus dem 16. Jahrhundert.

Wie ein denkmalgeschütztes Gebäude erhalten werden kann

Seit Herbst 2019 wird das Haus entkernt, saniert und für die Bedürfnisse der Verwaltung umgebaut. Heuer biegen die Arbeiten auf die Zielgerade ein. Bis Frühsommer sollen die neuen Büros bezogen werden. Mit der Sanierung will die Stadtverwaltung ein Beispiel geben, wie Bauamtsleiter Oliver Graumann sagt. Die Stadt möchte zeigen, wie man ein denkmalgeschütztes Gebäude weitgehend erhalten und dennoch unter heute wichtigen Gesichtspunkten nutzen kann.

Fachwerk in Ochsenblut-Rot: Wo immer möglich, soll das historische Gebäude in seinen Bestandteilen erhalten bleiben.
Foto: Andreas Brachs | Fachwerk in Ochsenblut-Rot: Wo immer möglich, soll das historische Gebäude in seinen Bestandteilen erhalten bleiben.

Anders als Privatleute bekommt die Stadt für die Sanierung keine umfangreichen Zuschüsse. Aber Graumann und mit ihm der Stadtpolitik ist es wichtig, das Bauerbe zu wahren, auch wenn dafür viele Kompromisse nötig sind, die es bei einem Neubau nicht gegeben hätte.

Kompromiss zwischen Denkmalschutz und moderner Verwaltung

Zwei fallen beim Besuch der Baustelle besonders ins Auge. Die Verwaltungsangestellten in der Kaiserstraße 15 müssen künftig zu ihren Kolleginnen und Kollegen in der Kaiserstraße 17 aufblicken. Die Etagen beider Gebäude liegen nicht auf gleicher Ebene. Zum historischen Bau muss man jeweils vier Stufen nach oben überwinden. Um trotzdem Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer, Rollatoren- oder Kinderwagen-Schieber herzustellen, ist ein Aufzug installiert worden, der vom Erdgeschoss bis ins Dach reicht und dabei auch den Höhenversatz der wenigen Stufen überwinden hilft.

Arbeiten am Schaltschrank: Ohne moderne Technik geht es nicht in der Verwaltung. 
Foto: Andreas Brachs | Arbeiten am Schaltschrank: Ohne moderne Technik geht es nicht in der Verwaltung. 

Wer sich künftig zurechtfinden will, muss gut mitzählen. So liegt die neue Ebene 3 in der zweiten Etage des angegliederten Rathaustrakts. Die Ebene 5 dagegen in Etage 3. Da werden wohl eindeutige Schilder den Weg weisen müssen.

Räume mit Fachwerkbalken vor dem Fenster

Das ist nicht die einzige Kröte, die man beim Zusammenlegen mehrerer Häuser schlucken musste. Es gibt auch Räume, vor deren Fenster ein Fachwerkbalken verläuft. Eine Herausforderung beim Lüften. Andererseits erhalten die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teilen nun Büros, die einen exklusiven Charme versprühen – sei es durch das freigelegte und ausgebesserte Fachwerk unterm Dach oder durch Stuckelemente an den Decken der Beletage. 

Barocker Deckenschmuck: Der Stuck in diesem künftigen Rathaus-Büro bleibt erhalten.
Foto: Andreas Brachs | Barocker Deckenschmuck: Der Stuck in diesem künftigen Rathaus-Büro bleibt erhalten.

Graumann erklärt, dass schon in dem Gebäude aus der Renaissance im Erdgeschoss Geschäfte untergebracht waren. Weil die Straßen zu jener Zeit noch stanken und dreckig waren, wohnte die Herrschaft im ersten Geschoss, leicht zu erreichen, aber doch so hoch über dem Schmutz, dass man darin angenehm leben konnte.

Wer darf künftig in der Beletage arbeiten?

In den Etagen darüber wohnte das Gesinde, denn je höher es hinaufging, desto beschwerlicher war der Weg und desto beengter der Raum. Wer in Zukunft wo arbeiten wird, das tüftelt die Stadtverwaltung gerade aus. 

Büros mit eigenem Charme entstehen gerade im erweiterten Kitzinger Rathaus.
Foto: Andreas Brachs | Büros mit eigenem Charme entstehen gerade im erweiterten Kitzinger Rathaus.

Zwei "Räumlichkeiten" muss aber niemand beziehen: Im Keller gab es noch einen alten Brunnen, der mehrere Meter in die Tiefe führte. Nur wenig unterhalb des Hauses gibt es schon wasserführende Adern. Daher waren zur Stabilisierung der Tragfähigkeit ein Dutzend Bohrpfähle nötig. Der Brunnen ist im Zuge der Sanierung abgedeckt worden. Theoretisch könnten ihn spätere Generationen wieder freilegen.

Und auch ein verliesartiger Raum mit dicken Eisengittern ist wohl nicht als Büro vorgesehen. Das hätte den Charme eines Gefängnisses.

Bürger finden erste Ansprechpartner im Erdgeschoss

Die Bürgerinnen und Bürger Kitzingens werden wohl nur in den wenigsten Fällen alle Räume des neuen Rathaustrakts aufsuchen müssen. Für die meisten ist das neue Einwohnermeldeamt im Erdgeschoss des Zentralgebäudes die erste Anlaufstelle. Ein echtes Bürgerbüro ist allerdings nicht geplant. Aber manche Räume darüber wären durchaus einen Besuch wert.

Das erweiterte Rathaus Kitzingens

Das historische Rathaus (Marktstraße 34) ist aus der Zeit von 1561 bis 1563 und wurde von Meister Hans Eckart von Schaffhausen erbaut. Die Gebäude der Kaiserstraße 13, 15 und der dahinter liegenden Marktstraße 36 wurden abgerissen und in den 1970er-Jahren neu gebaut. Sie sind bereits Teil der Stadtverwaltung.
Gemäß Inschrift auf dem Torborgen wurde die Kaiserstraße 17 im Jahr 1593 erbaut. Die Stadt hat das Gebäude 2012 gekauft. Danach wurde das Architekturbüro Geiger mit Voruntersuchungen zur Rathauserweiterung beauftragt. Als Ergebnis wurde zunächst ein Abriss des Gebäudes mit einem höhengleichen Neubau vorgestellt. Im Jahr 2014 hat das Landesamt für Denkmalpflege diesen Überlegungen ein Ende gesetzt. Das Gebäude ist zu erhalten.
Ende September 2016 legte das Architekturbüro Geiger eine Konzeptplanung für die Rathauserweiterung vor. Der Grundsatzbeschluss wurde Ende 2016 im Stadtrat gefasst. Der Umbau begann im Herbst 2019 und soll bis Mitte 2023 abgeschlossen sein. Sanierung und Umbau werden rund 3,5 Millionen Euro kosten.
Quelle: Stadt Kitzingen
 
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