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Kitzingen/Doha
Millionen-Streit nach Fußball-WM: Wie ein Unternehmer aus Kitzingen einen Scheich in Katar verklagte
Volkhard Bauer aus Kitzingen organisiert Reisen zu Großereignissen. Am Ende der WM 2022 stand für ihn ein Rechtsstreit mit einem Mitglied der Herrscherfamilie.
Zwei Jahre nach der Fußball-WM 2022: Volkhard Bauer aus Kitzingen hat einen katarischen Scheich verklagt und einen Gerichts-Marathon überstanden.
Foto:  Illustration: Getty, V. Bauer, Daniel Biscan | Zwei Jahre nach der Fußball-WM 2022: Volkhard Bauer aus Kitzingen hat einen katarischen Scheich verklagt und einen Gerichts-Marathon überstanden.
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 07.02.2025 02:35 Uhr

Vor etwas mehr als zwei Jahren ging die umstrittene Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar zu Ende. Als der Fußball-Zirkus weiterzog, war das Wüsten-Abenteuer für Volkhard Bauer aber noch nicht vorbei. Noch während das Turnier lief, sorgten mutmaßlich unseriöse Geschäftspraktiken eines Mitglieds der katarischen Herrscherfamilie für Schlagzeilen.

Mittendrin: die Familien der argentinischen Weltmeister-Mannschaft und der aus Kitzingen stammenden Unternehmer Bauer. Über ein Jahr lang führte der 58-jährige Unterfranke einen Prozess in Katar gegen den Scheich – einen Mann, der in dem Emirat per Geburt als unantastbar gilt.

Rückblick: Mit seiner Firma Khaya hatte sich Bauer darauf spezialisiert, Unterkünfte bei sportlichen Großereignissen zu organisieren – etwa bei Olympischen Spielen oder Fußball-Weltmeisterschaften. Zu seiner Kundschaft zählten Sponsoren, Medienvertreter oder internationale Reisebüros.

Bauer war schon lange im Geschäft. Fünf Jahre vor dem Anpfiff der WM 2022 hatte er mit den Vorbereitungen für Katar begonnen. Unter anderem meldete er eine Firma in dem Land an, um dort Geschäfte machen zu können, stellte zwölf Mitarbeiter ein.

Scheich verkaufte Hotel in Katar vor dem Start der Fußball-WM

Insgesamt 13.000 Gäste aus der ganzen Welt wollten über Bauers Agentur zur WM nach Katar reisen. Elf Hotels hatte Khaya dafür exklusiv gebucht. Acht davon gehörten Scheich Mansour al Thani.

Doch wenige Wochen vor WM-Start wurde Bauer mitgeteilt, dass der Scheich das Fünf-Sterne-Haus Velero in der Nähe des Final-Stadions verkauft habe und aus dem Geschäft mit Khaya aussteigen wolle. Dass der Scheich die Zimmer für die Zeit der WM schon an Bauer verkauft hatte, soll er dem neuen Hotelbesitzer verschwiegen haben.

"Die Berater des Scheichs haben bei einem Treffen unmissverständlich klargemacht: Wenn wir einer Aufhebung unseres Vertrages für das Hotel Velero nicht zustimmen würden, würden alle anderen sieben Hotelverträge sofort gekündigt", sagte Bauer Ende 2022 in einem Gespräch mit der Redaktion. Schriftlich sei zugesichert worden, eine bereits geleistete Anzahlung über vier Millionen US-Dollar an Khaya zurückzuzahlen, plus fünf Prozent Vertragsstrafe.

Familie von Torwart der späteren Weltmeister aus Argentinien bekam Bett abgenommen

Doch statt zu zahlen, soll der Scheich den Unternehmer aus Unterfranken und seine Firma unter Druck gesetzt und seine Gäste schikaniert haben. Zum Beispiel hätten die Hotels des Scheichs für Zustellbetten plötzlich einen Aufschlag von 400 Dollar pro Nacht verlangt. Laut Bauer waren ursprünglich 90 Dollar vereinbart gewesen.

Der Verzweiflung nahe: Der Kitzinger Unternehmer Volkhard Bauer beim Versuch, Probleme in einem Hotel in Doha zu lösen.
Foto: Khaya | Der Verzweiflung nahe: Der Kitzinger Unternehmer Volkhard Bauer beim Versuch, Probleme in einem Hotel in Doha zu lösen.

Davon waren unter anderem die Familien der späteren Weltmeister aus Argentinien betroffen gewesen: Am Tag des ersten Spiels der Argentinier sei sogar ein Bett aus dem Zimmer der Familie von Torhüter Emiliano Martinez entfernt worden, sagt Bauer.

Vom Wüsten-Abenteuer bei der WM in Katar zum Marathon vor Gericht

Nachdem das Turnier zu Ende war, stand laut Bauer unterm Strich ein Streitwert von sechs Millionen Dollar. Ortsansässige Anwälte seien siegesgewiss gewesen, erzählt Bauer: "Sie sagten, der Fall sei glasklar, das werden wir gewinnen." Doch drei Instanzen und ein Jahr später stand Bauer mit leeren Händen da.

Die Richter entschieden zugunsten des Scheichs, der - wie das Gericht laut Bauer während des Prozesses entschied - persönlich ohnehin nicht haftbar sei. Vielmehr hätte Bauers Agentur einen Fehler gemacht: Sie hätten die Rückzahlung der millionenschweren Anzahlung per E-Mail an den Sohn des Scheichs geltend gemacht, der nach Vertragsabschluss als Ansprechpartner für Khaya und Bauer fungierte. Laut Gericht hätte man die Forderungen aber an die im Vertrag hinterlegte Mail-Adresse eines anderen Bevollmächtigten des Scheichs richten müssen.

"Die katarische Rechtsprechung ist nichts wert."
Unternehmer Volkhard Bauer

Volkhard Bauer kommt zu einem anderen Urteil: "Die katarische Rechtsprechung ist nichts wert", sagt er. Es gebe keine Zeugenvernehmungen, nur schriftliche Statements. "So hatten wir auch keine Gelegenheit, irgendetwas zu erklären."

Kitzinger hat eine neue Firma in der Schweiz gegründet

Zwar habe sogar der neue Besitzer des Velero-Hotels versucht, eine außergerichtliche Einigung zwischen Bauer und dem Scheich zu vermitteln. Doch der Scheich, sagt Bauer, "ist zum ersten Termin nicht erschienen", weitere Treffen habe er immer wieder verschoben, bis Bauer irgendwann aufgab.

Für das Unternehmen des Unterfranken bedeutet Katar das Ende: Im Mai 2024 musste die Firma Insolvenz anmelden. Bauer ist allerdings wieder im Spiel: Inzwischen hat er in der Schweiz eine neue Firma gegründet. Gerade bereitet er Projekte für die Weltausstellung im japanischen Osaka im April oder die Olympischen Winterspiele in Mailand und Cortina 2026 vor.

"Neulich musste ich bei einem Flug in Katar umsteigen", erzählt Bauer. Die Grenzbeamten hätten ihn darauf aufmerksam gemacht, dass seine katarische Arbeitserlaubnis bald ungültig werden könnte. "Ich habe ihnen gesagt, dass ich hier keine Geschäfte mehr machen werde."

 
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  • Martin Deeg
    Guten Morgen Herr Deeg,
    vielen Dank für Ihren Beitrag. Leider müssen wir Ihren Kommentar löschen, da er nicht unseren Richtlinien entspricht. Bitte nennen Sie eine Quelle für Ihre Behauptung. Vielen Dank für Ihr Verständnis!

    Mit besten Grüßen
    Ihr mainpost.de-Team
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Wie kann jemand im Ernst annehmen, gegen die Machthaber eines absolutistisch-autokratisch regierten Landes in eben diesem Land einen Prozess zu gewinnen?! Ich glaube fast, er kann froh sein, sich über seine Erfahrungen noch beschweren zu können...

    Einen Abriss zum Thema gibts z. B. hier:
    https://en-m-wikipedia-org.translate.goog/wiki/Human_rights_in_Qatar?_x_tr_sl=en&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=rq
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