Wir alle haben die Sätze aus dem zurückliegenden Wahlkampf noch im Ohr. Sätze von Bürgermeister- und Stadtratskandidaten, die von Offenheit und Transparenz handelten. Die Bewerber selbst also haben die Latte aufgelegt, an der sie nun gemessen werden. Was aber heißt Bürgernähe heute? Sicher mehr, als nur den Leuten samstags auf dem Marktplatz die Hände zu schütteln – in Corona-Zeiten ohnehin ein ziemlich riskantes Unterfangen. Bürgernähe bedeutet, die Menschen auf allen Wegen und Kanälen zu erreichen, die in Zeiten wie diesen zur Verfügung stehen. Und dazu gehören eben auch das Internet und die sozialen Medien. Junge Leute trifft man kaum noch an anderen Orten. Vielleicht tragen Modelle wie diese dazu bei, sie wieder ein Stück näher an die Politik und ihre Vertreter heranzurücken.
Wenn Kitzingen nun den Anfang macht, wenn der Stadtrat bald über Liveübertragungen seiner Sitzungen entscheidet, dann ist das ein aller Ehren werter Ansatz und die Einlösung eines von vielen gegebenen Versprechens. Man sollte nicht erwarten, dass dieses Politik-Format gleich zum Quotenhit wird, aber darum geht es auch nicht. Es geht um politische Teilhabe in modernen Zeiten.
Zu Recht weist Kitzingens OB Stefan Güntner darauf hin, dass gerade die, die sich von den klassischen Medien nicht ausreichend repräsentiert fühlten – und davon gibt es nicht nur im Kitzinger Rat einige –, die Hand heben müssten für das Projekt. Die Gefahr von ausufernden Schaufenster-Reden ist dabei nicht größer als bisher auch. Allzu sendungsbewusste Räte gab es schon vorher, und wer sich vor größerem Publikum zu inszenieren versucht, ist künftig noch schneller entlarvt. Höchste Zeit also, dass die Kameras im Stadtrat angehen.