
In ganz Deutschland wird es immer heißer, vor allem dort, wo es keine Grünflächen oder Bäume gibt. Klimaforscher prognostizieren auch für Unterfranken immer höhere Temperaturen und Extremwetterereignisse wie Stürme oder Starkregen. An heißen Tagen kann es in Städten bis zu zehn Grad Celsius wärmer werden als im Umland. Die Mauern und Straßenbeläge speichern tagsüber die Sonnenwärme und strahlen sie abends wieder ab. Was helfen kann, sind begrünte Fassaden. "Die Pflanzen produzieren Sauerstoff, filtern Abgase und binden Feinstaubpartikel. Sie befeuchten und kühlen die Luft", sagt Dorit Bollmann, Baudirektorin am Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken in Würzburg. Noch dazu bieten die Fassadenpflanzen wichtige Lebensräume für Vögel und Insekten.
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Um mehr Grün in unsere Ortschaften zu bringen, haben Dorit Bollmann und Christine Bender, Fachberaterin am Gartenbauzentrum Bayern Nord in Kitzingen, einen Ratgeber entwickelt: "Mehr Grün, mehr Leben: Dorfgrün gestalten." Kletterrosen, Blauregen, Clematis oder Echter Wein – jetzt wieder Trend, aber eigentlich nichts Neues. Vielerorts gehörten sie früher zum Ortsbild: "In den fränkischen Ortschaften mit alter Bausubstanz gab es schon immer Häuser mit grünen Fassaden, an denen Wein, Efeu oder Spalierobst rankten", sagt Bender. Denn das vertikale Grün diente in der Vergangenheit nicht nur als Schmuck, sondern auch zur Verbesserung der Wärmedämmung.

Wichtig: das richtige Rankgerüst
Fassadenbegrünung beansprucht wenig Pflanzfläche, bringt aber maximale Schmuckwirkung in den Ort. Die rankenden oder schlingenden Pflanzen brauchen lediglich genügend Platz in die Tiefe und ein Rankgerüst, das ihren Klettereigenschaften entspricht. Die meisten Kletterpflanzen sind sehr robust und müssen nach dem Anwachsen noch nicht einmal gegossen werden. Schlinger wie Blauregen oder Geißblatt winden sich mit ihren Trieben gerne um eine Rankhilfe herum. Efeu oder Wilder Wein dagegen kommen ganz ohne Gerüst nach oben. "Sie halten sich mit Haftwurzeln oder -scheiben fest", sagt Bollmann. Doch Vorsicht: Sie überziehen in kürzester Zeit große Flächen, machen aber auch vor Regenrinnen, Dachfirsten und Fensteröffnungen nicht halt.
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In Bürgerbefragungen wird Stadtgrün als wichtig und sehr wichtig bewertet, dies mit wachsender Tendenz. Parks, Grünanlagen sowie ein grünes und attraktives Wohnumfeld bedeuten Lebensqualität. Und auch begrünte Fassaden haben für das Klima viele Vorteile: Fassadengrün wirkt temperaturausgleichend, bindet Kohlendioxid und erhöht die Luftfeuchtigkeit. Noch dazu dämmen begrünte Fassaden das Haus, vor allem im Sommer. "Die Fassade heizt sich weniger stark auf, wodurch es in den Innenräumen kühler bleibt", sagt Bollmann.

Die Kletterrose
"Kletterrosen an der Hauswand sind eine charmante Begrüßung", findet Christine Bender. Geeignet sind sowohl historische Kletterrosen also auch Ramblerrosen. Letztere sind einmal blühend, klettern aber sehr und können bis zu zehn Metern Höhe erreichen. Kletterrosen besitzen meist große Blüten in vielen Farbnuancen und blühen öfter im Jahr. Sie benötigen zum Wachsen immer eine Rankhilfe, an der sie empor streben. "Rosen brauchen eine starke Führung, passend zum Gebäude können Stahlseile, Stahlgerüste oder Holzlatten als Rankgerüste verwendet werden", sagt Bender. Wer nicht viel Platz hat, kann kleinere Kletterrosen-Sorten auch im Topf ziehen. Die liebsten Pflanzenpartner von Kletterrosen sind übrigens Clematis und Geißblatt.

Blüht lange und üppig: Blauregen
Sehr imposant ist die blaue Blüte im Frühjahr: Blauregen ist ein rasanter Schlinger mit schnellem Wuchs und starken Trieben. Auch diese Pflanze braucht ein starkes Gerüst. "Mit seinem unbändigen Wuchs hat der Blauregen schon so manchen Hobbygärtner überfordert", sagt Dorit Bollmann. Wenn er unkontrolliert wachse, könne er auch schon mal Dachrinnen, Regenrohre oder Geländer verbiegen. Damit der zuverlässig blüht, muss die Glyzinie, so der botanische Name, zweimal im Jahr geschnitten werden. Bei der richtigen Pflege ist die Pflanze sehr langlebig.

Echter Wein und Wilder Wein
Was passt besser in eine Weinlandschaft als echter und wilder Wein? "Wein am Haus hat einfach Charme und erinnert mich ein bisschen ans Schlaraffenland, wo einem die Früchte in den Mund wachsen", sagt die Baudirektorin. Wein ist in ganz Franken die Kletterpflanze schlechthin. "Einmal im Boden ist der Rebstock sehr genügsam und muss kaum bewässert werden", sagt die Landschaftsarchitektin. Wilder Wein kann sich über Jahre zu einer prachtvollen Pflanze entwickeln, die ganze Fassaden einwächst. Echter Wein dagegen braucht einen Schnitt und mehr Pflege. Der Vorteil: "Besonders im Herbst leuchtet der Wein noch schön in den Farben Rot und Gelb."

Ein Kletterklassiker: Efeu
Schlicht, klassisch und elegant: Efeu. Er rankt stetig und ist auch für halbschattige und schattige Gartenbereiche geeignet. Die Pflanze ist ein klassischer Selbstklimmer. Aber Achtung: "Seine Wurzeln bekommt man nicht mehr aus dem Mauerwerk heraus", sagt Bender. Wächst er unkontrolliert, kann er auch Schaden anrichten. Daher sei es gut, sich vorher fachliche Beratung zu holen. "Es gibt für jede Fassade die passende Kletterpflanze", sagt die Gartenfachfrau. Efeu zum Beispiel wächst optimal im Halbschatten oder im vollen Schatten.

Märchenhafter Blütentraum: die Clematis
Die Clematis, auch Waldrebe genannt, wird oft als Königin der Kletterpflanzen bezeichnet. Es gibt sie in allen erdenklichen Farben. "Sie schätzt einen kühlen, also beschatteten Fuß und kommt auch in halbschattigen Bereichen gut zurecht", sagt Dorit Bollmann. Die Clematis sollte nicht austrocknen und bevorzugt durchlässige Böden, die nicht zu trocken sein sollten. Frühe Arten und Sorten wie etwa die Alpen-Waldrebe blühen bereits im April und bezaubern mit ihren zahllosen Blüten. Die Pflanzen werden zwischen zweieinhalb und drei Meter hoch. Die Clematis eignet sich auch als Kübelpflanze für den Balkon.

Mag auch Schatten: die Kletterhortensie
Kletterhortensien sind langsam wachsende, nach einigen Jahren Standzeit üppig blühende Kletterpflanzen, die mit ihren weißen, flachen, rispigen, bis fünfundzwanzig Zentimeter breiten Blütenständen in der Zeit von Mai bis Juni die Betrachter erfreuen. Von der üppigen Blüte werden Insekten sowie zahlreiche Schmetterlinge angelockt. Die Blätter werden zwischen sechs und zehn Zentimetern lang und zeigen sich in frischem Grün. "Kletterhortensien sind enorme Kletterer und erreichen mit Rankhilfen manchmal Längen von bis zu fünfzehn Metern", sagt Bender. Erhalten sie keine Rankhilfe, wachsen sie als halbkugelige Büsche mit ihren Haftwurzeln in bis zu zwei Meter Höhe. Besonders gut gedeihen sie auf leicht sauren Böden.

Zum Naschen: Spalierobst
Auch Spalierobst eignet sich zur Fassadenbegrünung zum Beispiel Birnen, Äpfel oder auch Kiwi. Gerade in Weinbaugebieten werden Kiwis als Spalierobst schon seit den 1970er Jahren geschätzt. Wegen ihres ungestümen Wuchses benötigen Kiwipflanzen aber sehr viel Raum vor der Wand und sind jeden Sommer mehrfach zu schneiden. Deshalb gehören sie eher an Pergolen, denn so werden sie auch im Obstbau kultiviert. Interessant sind sie auch für hohe Rankwände und Laubengänge.

Rote Heckenkirsche: das Geißblatt
Bekannt sind Geißblätter, auch Heckenkrischen genannt, vor allem für ihr schnelles Wachstum. Spitzenreiter hier ist das immergrüne Gei?blatt. Tatsächlich gehören zu dieser Gattung aber etwa 180 winterharte Arten in den unterschiedlichsten Wuchsformen: Neben den kletternden gibt es auch niedrig wachsende Arten, die sich gut für Flächenbegrünung eignen, und aufrecht wachsende Sträucher. Die Pflanze ist aber anspruchsvoll, was den Standort und die Wasserversorung betrifft. Steht es an einem halbschattigen Platz und ist sein Fuß kühl, braucht es keine Wasserzufuhr seitens des Gärtners.Ausnahme sind natürlich extreme Hitze- und Trockenzeiten.
- Regen wird vom Laub abgehalten und tropft nach unten, die Hauswände bleiben trockener.
- In der Sonne heizen sich die Mauern nicht so stark auf, in der Kälte kühlen sie nicht so stark aus, so wird im Sommer und im Winter ein ausgeglichenes Raumklima im Haus unterstützt.
- Das Wurzelwerk saugt Feuchtigkeit aus der Erde, das Fundament bleibt trockener.
- Das Laubwerk dient als Staubfilter, sorgt für ein verbessertes Kleinklima in der Stadt und frischere Luft.
- Begrünte Fassaden bieten Lebensraum für viele Tiere wie zum Beispiel Insekten.