
Die Momente, in denen Gerd Menche zum Heulen ist, häufen sich in letzter Zeit. Der Chef des Kitzinger Tierschutzvereins wollte das Amt schon mehrfach in jüngere Hände geben. Seit fünf, sechs Jahren hält er nach einem Nachfolger Ausschau – bisher vergeblich. Weil die jüngeren Hände fehlen, steht der ehemalige Kitzinger Apotheker auch mit 81 Jahren noch an der Spitze der Tierfreunde.
Bei den restlichen Posten sieht es kaum besser aus: In der Vorstandschaft können viele Posten nicht richtig besetzt werden. Es gibt eine Reihe von Notlösungen, was sich an dem inzwischen immer wiederkehrenden Begriff "kommissarisch" gut ablesen lässt: Ob Schatzmeister oder die Schriftführer – alles nur vorübergehend. Die potenziellen Kandidaten sind – wie es heutzutage oft ist –beruflich eingespannt und für weitergehende Aufgaben kaum zu erwärmen.
Neues Tierheim soll im conneKT entstehen
Anfang Juni, bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung der Tierfreunde, hatte es zumindest ein wenig rosiger ausgesehen. Immerhin 50 der rund 200 Mitglieder waren gekommen. Dabei wurde ein Grundsatzbeschluss gefasst: Das neue Tierheim soll in Kitzingen im Technologiepark conneKT bei Hoheim entstehen. Die Alternativstandorte hatten keine Chance. Für Prichsenstadt etwa gab es gerade mal eine Stimme. Das gute Gefühl, etwas auf den Weg gebracht zu haben, hielt allerdings nicht allzu lange.
Die Arbeit, die jetzt erst anfängt, trifft den Vorstand zu einer personellen Unzeit. Prinzipiell tritt der Tierschutzverein, der das Tierheim betreibt, als Bauherr für ein neues Heim auf. Das bedeutet einiges: Entsprechende Darlehensverträge müssen abgeschlossen werden. Das eigene Vereinsvermögen wird zur Finanzierung des Neubaus bis auf eine Rücklage von 100 000 Euro ausgeschöpft. Es muss unendlich viel verhandelt werden: Zum einen mit den Landkreiskommunen wegen der Finanzierung, zum anderen mit den Grundstückseigentümern des ehemaligen Militärgeländes am Flugplatz in Kitzingen.

Das Gelände in der Nähe des Luftsportclubs auf einem ehemaligen Schießplatz soll 130 500 Euro kosten, ist allerdings nicht erschlossen, was zusätzlich rund 450 000 Euro kosten würde. Allerdings bietet sich hier eventuell eine Alternative: Der Grund könnte dem Tierschutzverein in Erbpacht überlassen werden. Doch egal wie die Würfel fallen: Am Ende geht es bei dem Tierheim-Neubau um die stolze Summe von weit über zwei Millionen Euro.
Mitglieder müssen sich stärker engagieren
Harald Meyer, der sich als Koordinator für die Planungen zur Verfügung gestellt hatte, wies schon bei der damaligen Versammlung eindringlich darauf hin, dass sich die Mitglieder stärker engagieren müssten, um den Neubau stemmen zu können. Wenn das Projekt scheitert, ist klar, was passiert: Das alte Tierheim würde schließen, dann müsste eine Vermittlungsstelle für Hunde und Katzen eingerichtet werden. Die Unterbringung von Fundtieren ist eine kommunale Aufgabe – die Gemeinden müssten sich also vor Ort etwas einfallen lassen. Eine Situation, die keiner ernsthaft will.
Nach der Schreckensmeldung, dass das aktuelle Tierheim auf ehemaligen Bergwerksstollen steht, die Standsicherheit nicht gegeben ist und in absehbarer Zeit die Schließung droht, geriet zwar politisch einiges in Bewegung: Der Landkreis sicherte ebenso seine Unterstützung zu wie viele Bürgermeister. Sollte sich die Lage verschlechtern, droht dennoch die sofortige Schließung des Tierheims. Danach sieht es derzeit nicht aus, weil sich die Risse in den vergangenen Monaten nicht verändert haben.
Die Zeit drängt dennoch. Und: Es fehlen trotz der Appelle und der angespannten Lage die Mitstreiter. Woran das liegt, lässt sowohl Gerd Menche als auch Harald Meyer ratlos zurück. Die alles entscheidende Frage ist: Wo bleibt das Engagement der Tierfreunde? Warum bleiben alle in Deckung? Zumal ja nicht nur die Vorstandschaft dringend aufgefüllt werden müsste. Im Grunde, so betont Harald Meyer, müsste sich für die Bauphase auch ein Kompetenz-Team zusammenfinden. Idealerweise Rentner, die in ihrer beruflichen Laufbahn ähnliche Dinge gestemmt haben und sich auskennen.
"Gerade beim Bau treten immer wieder unerwartete Probleme auf, da muss man eine kompetente Mannschaft haben", so Meyer. In Anlehnung an den Fußball würde also eine schlagkräftige Elf benötigt. Derzeit aber seien gerade einmal "fünf, sechs Mann auf dem Platz", bringt es der Koordinator auf den Punkt. Derzeit trommele man noch einmal verstärkt, um das Team aufzufüllen. Es ist wohl so etwas wie der letzte Versuch: Bleibt es bei dem personellen Notstand, könnte von heute auf morgen alles in Frage stehen. Dann gäbe es keinen Verein mehr, das Tierheim müsste schließen, alle Strukturen wären zerstört, alle Ideen hinfällig – es wäre schlichtweg nicht nur für Gerd Menche nur noch zum Heulen.
Im Kitzinger Tierheim wurden im vergangenen Jahr 134 Hunde aufgenommen (58 Abgabe- und 44 Fundhunde). Katzen waren es 103, davon 44 Fundkatzen. Außerdem wurden elf Kleintiere und acht Vögel in der Kaltensondheimer Straße untergebracht.