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Kitzingen
Kitzinger Verwaltung fliegt in die Wüste: An den Plänen für Partnerschaft mit israelischem Kibbuz gibt es auch Kritik
Die Stadt Kitzingen hat drei Städtepartnerschaften. Nun könnte eine vierte hinzukommen: mit einer israelischen Kommune. Was sich OB Stefan Güntner davon verspricht.
Besuch der israelischen Generalkonsulin aus München, Carmela Shamir (Zweite von rechts) im Historischen Rathaus der Stadt Kitzingen. Vorne von links: Oberbürgermeister Stefan Güntner, Landtagsabgeordnete Barbara Becker und Hofrat Walter Vierrether.
Foto: Ralf Dieter | Besuch der israelischen Generalkonsulin aus München, Carmela Shamir (Zweite von rechts) im Historischen Rathaus der Stadt Kitzingen.
Andreas Brachs
 |  aktualisiert: 26.09.2023 02:50 Uhr

Die Stadt Kitzingen lotet zurzeit aus, ob neben ihren drei bestehenden Städtepartnerschaften mit Prades, Montevarchi und  Trebnitz noch Platz für eine vierte sein könnte. Der Kandidat fällt in mancherlei Hinsicht aus dem Rahmen: Es handelt sich nicht um eine Stadt, der Ort liegt nicht in Europa und die Wahrscheinlichkeit, dass jemand dessen Sprache spricht, tendiert gegen null. 

Die Stadtverwaltung streckt ihre Fühler nach Israel aus, konkret zum Kibbuz Hatzerim (in anderen Schreibweisen auch Hazerim oder Chazerim). Der Kibbuz – zu deutsch: Kommune, ländliche Siedlung – beherbergt rund 1000 Einwohner und liegt mitten in der Wüste Negev, in der Nähe der Stadt Be'er Scheva.

Die Vorgeschichte: Hermann Kolesch, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim, brachte von einer Israel-Reise die Idee einer technologischen Kooperation mit und bat die Landtagsabgeordnete Barbara Becker (Wiesenbronn) um eine Weiterentwicklung. Becker wollte allerdings auch die Bewohner der beiden Regionen in einer Partnerschaft verbinden.

Oberbürgermeister Stefan Güntner, CSU-Parteifreund von Becker, wandte sich daraufhin an das israelische Generalkonsulat in München und schlug eine Partnerschaft zwischen Kitzingen und einer israelischen Stadt vor. Für Güntner spielen dabei die jüdische Vergangenheit und die Erinnerungskultur der Stadt eine wichtige Rolle.

Erste Schritte auf dem Weg zur Partnerschaft mit Israel

Im April 2023 trug sich die israelische Generalkonsulin Carmela Shamir im Kitzinger Rathaus ins Goldene Buch der Stadt ein.
Foto: Ralf Dieter | Im April 2023 trug sich die israelische Generalkonsulin Carmela Shamir im Kitzinger Rathaus ins Goldene Buch der Stadt ein.

Bei einem Besuch der Generalkonulin Carmela Shamir Ende April in Kitzingen besichtigte sie die Alte Synagoge, das Kofferdenkmal und ließ sich ehemals von Jüdinnen und Juden bewohnte Häuser mit den davor verlegten Stolpersteinen zeigen. Shamir zeigte großes Interesse an einer Partnerschaft, allerdings verwies sie aufgrund der geringen Zahl größerer Städte in Israel auf einen Kibbuz. 

Für einen von Barbara Becker organisierten Fachkongress Ende Juni waren Vertreter des israelischen Kibbuz Hatzerim auch in Kitzingen zu Besuch. Bei einer Führung durch die Stadt zeigten sich diese Besucher begeistert, und sie luden Vertreter Kitzingens nach Israel ein. Der Gegenbesuch soll nach Zustimmung der Stadtratsmehrheit im November stattfinden.

In der Stadtratssitzung am Donnerstagabend wurde der Vorschlag Güntners grundsätzlich diskutiert. Als größter Kritiker trat dabei Klaus Christof (KIK) auf. Er hat Bedenken, weil die potenzielle Partnergemeinde weit entfernt liegt, auf dem Landweg rund 4100 Kilometer. Besuche könnten daher teuer und am Ende elitär werden. Er sah wenige Möglichkeiten für eine "Partnerschaft des Volkes".

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Aufgrund eigener Erfahrungen mit den Palästinensern kritisierte Christof auch die Politik des Staates Israel, die in seinen Augen von Landnahmen und ethnischen Säuberungen geprägt sei. Die Regierungen würden immer mehr nach rechts tendieren. "Können das Partner sein?", fragte er.

Walter Vierrether (ProKT) machte den Alternativvorschlag, die Partnerschaften um eine US-Stadt zu erweitern, da Kitzingen über Jahrzehnte US-amerikanische Garnisonsstadt gewesen sei und noch heute persönliche Verbindungen in die USA bestünden.

OB Güntner will Geschichte mit Israel lebendig halten

Oberbürgermeister Güntner argumentierte, dass es im Sinne der Völkerverständigung wichtig sei, die Menschen zusammenzubringen. Mit den USA sei schon viel passiert, mit Israel wenig. Die Erinnerung an die gemeinsame Geschichte aufrecht zu erhalten sei angesichts aktueller politischer Strömungen wichtiger denn je. Deshalb wolle er auch Möglichkeiten für einen Jugendaustausch erörtern. 

Zudem habe eine der weltweit führenden Bewässerungsfirmen in dem Kibbuz seinen Sitz. Für die trockene Region um Kitzingen verspricht sich Güntner davon Impulse.

Manfred Paul (SPD) unterstützte das Vorhaben. Das Thema Bewässerung sei gut gewählt. Und bei politischen Kontroversen müsse man erst recht versuchen, im Gespräch zu bleiben und füreinander Verständnis zu wecken. Private Beziehungen zu Israel gebe es auch schon.

Am Ende bewilligte der Stadtrat eine Flugreise von etwa zehn Vertretern der Stadt nach Israel. Dagegen stimmten Klaus Christof, Wolfgang Popp (beide KIK), Dietrich Hermann, Tobias Volk (beide FW-FBW) und Lars Goldbach (parteilos).

Der Kibbuz Hatzerim liegt mitten in der Wüste

1946 wurde der Kibbuz von israelischen Pionieren gegründet, denen sich polnisch-jüdische Flüchtlinge aus der damaligen Sowjetunion anschlossen. Sie kamen über Iran nach Israel und betrieben Agrarwirtschaft. In der Nähe liegt auch ein wichtiger israelischer Luftwaffenstützpunkt.
Die ländliche Siedlung in der Wüste Negev, etwa 100 Kilometer südlich von Jerusalem, ist international bekannt für ihre Produktion von Jojoba-Öl. Damit zusammen hängt, dass bereits Mitte der 1960er-Jahre die heimische Firma Netfim dort gegründet wurde, die bis heute Bewässerungssysteme entwickelt, weltweit verkauft und an internationalen Standorten vertreten ist. 
Zur Kommune gehören eine Bibliothek, ein Schwimmbad und ein Zoo.
Quelle: Wikipedia
 
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