Die einen wollten das jahrelang schwelende Thema endlich abräumen, die anderen forderten, nochmals alles zu überdenken. Am Ende ging der Stadtrat den bisher vereinbarten Weg zu Ende, den schon das Vorgänger-Gremium beschritten hatte. Mit der denkbar knappen Mehrheit von 16:14 Stimmen entschied der Rat am Donnerstagabend, eine neue Obdachlosenunterkunft wieder auf dem Areal an der Ecke Tannenbergstraße/Egerländer Straße zu bauen, gemeinhin als Notwohngebiet bekannt.
Das neue, einfache, aber robuste Gebäude soll auf zwei Etagen Platz für maximal 30 Personen bieten. Ausdrücklich ausgenommen sind Familien mit Kindern, die nicht mehr im Notwohngebiet untergebracht werden sollen. Bei den ins Blick gefassten Obdachlosen handelt es sich nicht um Nichtsesshafte, die von Stadt zu Stadt ziehen. Die Stadt Kitzingen hat vielmehr eigene Bürger im Auge, die wegen einer plötzlich auftretenden Notlage ihre Bleibe verlieren.
Sie sollen vorübergehend ein Dach über dem Kopf bekommen, bis ihre Not überwunden ist und sie eine neue Wohnung gefunden haben. Die Stadtverwaltung denkt hier in Monaten, keinesfalls mehr in Jahren, so wie das im heutigen Notwohngebiet der Fall ist. Dort wurden nämlich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte – zumindest aus Sicht der Stadtverwaltung – aus kurzfristigen Einweisungen ungewollte Dauermieter.
Bis zu 35 Obdachlose im Jahr
In den vergangenen Jahren schwankte die Zahl der so definierten Obdachlosen in der Stadt meist zwischen 19 und 35 Bürgerinnen und Bürgern pro Jahr. Diese Erfahrung diente der Verwaltung nun bei der Berechnung der nötigen Gebäudegröße. Verbindliche Vorgaben für Obdachlosenunterkünfte gibt es nämlich laut Auskunft der Verwaltung nicht; jede Stadt müsse das selbst bewerten.
Indem er dieser Planung nun folgte, hat der Stadtrat den ersten Nagel eingeschlagen, denn mit der Entscheidung fallen alle Alternativen unter den Tisch. Die Grünen hatten sich in der Sitzung nochmals für ihren schon einmal gescheiterten Plan stark gemacht, die Obdachlosenunterkunft auf ein städtisches Grundstück an der Alten Poststraße zu verlagern, wahlweise auch an eine andere Stelle in der Stadt. Die Idee dahinter: So könnte man das Notwohngebiet als sozialen Brennpunkt insgesamt auflösen und zugleich ein neues Wohnareal auf rund 10 000 Quadratmetern Fläche in der Siedlung entwickeln.
Doch die Ratsmehrheit fühlte sich unwohl bei dem Gedanken, die Betroffenen in die Altstadt zu holen. Ebenso wenig fand ein alter Ansatz Berücksichtigung, Obdachlose in einem Gewerbegebiet mit Einkaufsmöglichkeiten unterzubringen, etwa in der Nähe des Kauflands.
Der Mehrheit schien es am einfachsten, den Standort beizubehalten, schon um Widerständen aus der Bevölkerung bei Umsiedlung der Obdachlosen in andere Stadtareale aus dem Weg zu gehen. Zwar setzte sich der Wunsch durch, wenigstens Familien mit Kindern an anderer Stelle unterzubringen, um ihre soziale Integration zu fördern, doch eine wichtige Frage bleibt unbeantwortet: Wie geht es mit dem sozialen Wohnungsbau weiter?
Sozialwohnungen neben der Obdachlosenunterkunft?
Für das Notwohngebiet hat die Verwaltung den Vorschlag gemacht, die maroden Gebäude abzureißen und durch neue an gleicher Stelle zu ersetzen. Damit bliebe es bei Sozialwohnungen für eine heterogene Klientel und dem benachbarten Obdachlosengebäude an einem Sammelpunkt. Die heute oft beklagte Gettoisierung würde das aber kaum ändern.
Keine Sozialwohnungen
Dass der Stadtrat mit dieser Konzentration zumindest in Teilen Bauschschmerzen hat, zeigte sich bei einer weiteren Abstimmung. Der Rat lehnte den Vorschlag der Verwaltung ab, neben der geplanten Obdachlosenunterkunft gleich noch ein weiteres Gebäude mit zehn Sozialwohnungen zu bauen. Der Beschlussvorschlag fiel mit 5:25 durch. Das heißt nicht, dass das Gremium Sozialwohnungsbau ablehnt, ihn aber in direkter Nachbarschaft zur Obdachlosenunterkunft nicht gutheißt.
Stellt sich nur die Frage, ob dann die anderen Wohnblocks dort, die abgerissen werden sollen, auch an gleicher Stelle wieder erstehen sollen. Der Logik folgend, das Notwohngebiet als Schwerpunkt für Sozialfälle beibehalten zu wollen, würde das entsprechen, dem Wunsch nach räumlichem Abstand zur Obdachlosenunterkunft wiederum nicht.