Bis vor Kurzem galt die Strecke zwischen Kitzingen und Rödelsee noch als Straße. Heute kann man sich da nicht mehr so sicher sein. Einer, der die Strecke täglich für die Fahrt zur Arbeit nutzt und nicht das kleinste Auto besitzt, sagt: „Bei erlaubten 100 km/h traue ich mich dort nur noch mit 60, maximal 70 über diese geflickschusterte Buckelpiste zu fahren.“ Die Kreisstraße mit der Nummer 13, sie ist für den Landkreis zum Unglücksfall geworden. Da waren die Spurrinnen, die es vor dem Winter zu beseitigen galt; entstanden ist ein Flickenteppich, der schon heute an vielen Stellen ausfranst. Aber wie kann es zu einem solchen Ergebnis kommen, das viele ohne Umschweife als Pfusch bezeichnen?
Während auf der Straße der Kampf mit den Elementen tobt, ist das Landratsamt noch damit beschäftigt, Begrifflichkeiten zu klären. Es handle sich, so die Auskunft der Pressestelle, um „Straßenunterhalt und keinen Ausbau“. Ob das die Sache besser macht?
Durch Spurrinnen wächst die Gefahr von Aquaplaning
Die KT 13 ist im Landkreis eine wichtige West-Ost-Achse, dreieinhalb Kilometer lang, 4200 Fahrzeuge rollen täglich über sie hinweg, davon fast 300 Lastwagen. Unter dieser Last haben sich in den letzten Jahren Rinnen in die Fahrbahn gegraben, bis zu vier Zentimeter tief, wie der Landkreis schreibt. In den Vertiefungen sammelt sich bei Regen oder Schnee das Wasser, das zum gefürchteten Aquaplaning führt. Die Reifen verlieren den Kontakt zur Fahrbahn, das Auto schwimmt auf und ist nur noch schwer beherrschbar.
Deshalb hat der Landkreis im Oktober und November seine Straßenbauer losgeschickt: mit dem klaren Auftrag, noch vor dem nächsten Winter die Gefahrenstelle zu beseitigen. Wie notwendig das war, versucht der Landkreis mit imposanten Zahlen zu dokumentieren: 200 Tonnen Asphalt-Mischgut wurden verarbeitet. Man müsse sich das als 80 Quadratmeter große Fläche vorstellen, die einen Meter hoch aufgetürmt ist.
Über die Qualität der Arbeiten sagt das noch nichts. Einer, der sich mit der Materie auskennt und jahrzehntelange Erfahrung im Straßenbau mitbringt, spricht gegenüber Redaktion von einer „Notlösung“. Auch er sah durch die vorwiegend von schweren Lastwagen ausgefahrenen Rinnen „Gefahr im Verzug“. In der Nähe befinden sich der Sitz eines Abfallverwerters und ein Industriegebiet. Aber je länger man mit dem Experten spricht, umso klarer wird seine Botschaft: Der Landkreis habe in der Sache nicht nur geschlafen, sondern versuche seine Versäumnisse jetzt auch noch möglichst günstig zu kaschieren. „Wenn die Feinschicht dermaßen über der Zeit und so stark geschädigt ist, muss sie halt runter.“
Statt die beschädigten Stellen auf ganzer Länge abzufräsen und dann neu zu asphaltieren oder gleich ganz mit Haftmittel anzuspritzen und einer Splittschicht zu überziehen, wie es das Staatliche Bauamt vor geraumer Zeit zwischen Rödelsee und Wiesenbronn vorgemacht hat, entschied sich der Landkreis für die Billiglösung: Seine Arbeiter verfüllten die Spurrinnen einfach mit dem Asphalt-Mischgut. Die Materialkosten gibt das Landratsamt mit etwa 20 000 Euro an; zu den Personalkosten, die eigentlich mit zu einer Kalkulation gehören, macht die Behörde keine Angaben. Der Experte sagt: Unter diesen Umständen und „mit diesem Equipment“ – etwa einem gemieteten Straßenfertiger – habe sich kein besseres Ergebnis erzielen lassen. Und er sagt auch: „Irgendwann wird ihnen das um die Ohren fliegen.“
Im Ausbauprogramm bis 2025 ist die KT 13 nicht enthalten
Würde es sich um eine kurzfristige Notmaßnahme handeln und die Straße in nächster Zeit ausgebaut, könne man das noch vertreten. Danach sieht es aber nicht aus. Im Ausbauprogramm des Kreises für die Jahre 2022 bis 2025 ist die KT 13 nicht enthalten. Das Landratsamt schreibt: „Da sich mittlerweile entlang der Kreisstraße Gewerbegebiete entwickelt haben, ist es erforderlich, die Verkehrssituation vor Ort zu bewerten.“ Möglicherweise wird auf die zunehmende Belastung der Straße doch früher als geplant reagiert; das müsse aber letztlich der Kreistag entscheiden, der gerade Jahr für Jahr Millionen von Euro für die Sanierung der maroden Zubringerstraße auf den Schwanberg zurücklegt.
Beim Staatlichen Bauamt in Würzburg kennt man drei gängige Verfahren, um lästige Spurrinnen in der Fahrbahn zu beheben. Fragt man dort nach, dann empfiehlt der Fachmann in der Behörde den Einbau von Asphaltbeton auf ganzer Fahrbahnbreite, bei stärkeren Schäden die Erneuerung der Deckschicht nach vorherigem Abfräsen. Es gibt auch ein Kaltschichtverfahren, DSK genannt. Dabei werden nacheinander zwei dünne Belagschichten eingebaut, nachdem die Trasse an- oder abgefräst wurde. „Es wäre zwar auch möglich, beide Lagen ohne vorheriges Abfräsen einzubauen“, schreibt das Bauamt. „Bei Spurrinnen ist es aber immer besser, durch das Fräsen eine profilgerechte Unterlage herzustellen.“
Diese dünnen Schichten im Kalteinbau sind aus Expertensicht eine ebenso kostengünstige wie schnelle Lösung. „Der Dünnschichtbelag kann in Form einer Wanderbaustelle eingebaut werden, die Straße ist schon nach kurzer Zeit wieder befahrbar“, heißt es dazu von der Wirtgen Group, einem der weltweit großen Hersteller von Straßenbaumaschinen. Das DSK-Verfahren biete außerdem die Möglichkeit „vollflächige Verkehrssicherungsmaßnahmen dort auszuführen, wo eigentlich grundhafte Sanierungen erforderlich wären, aber aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen nicht realisierbar sind“, schreibt die Stadt Lübeck auf ihrer Homepage. Drei erprobte Methoden – doch der Landkreis Kitzingen wählte seine eigene. Eine, von der sowohl das Staatliche Bauamt als auch andere Experten abraten.
Wie wird das im Winter bei strengem Frost aussehen?
Für den Landkreis ist die Sache damit zunächst erledigt: Die Verkehrssicherheit, so heißt es, sei wiederhergestellt. Fragt sich, wie lange? Die geflickten Stellen sind schon jetzt voller kleiner Löcher und Unebenheiten, Teile des Asphalts platzen ab. Wie das im kommenden Winter und bei strengem Frost sein wird, kann keiner sagen. Der von der Redaktion befragte Experte erklärt, das eingebrachte Mischgut könne ohne Einfassung, die nur durch Fräsen zu erzeugen ist, gar nicht halten. „Hätten wir als Unternehmen das so gemacht, hätte unser Bauleiter gesagt: Also, Jungs, das üben wir noch mal.“ Aber vermutlich wäre es so weit gar nicht gekommen – weil die Bauaufsicht nach zwanzig Metern eingeschritten wäre und die Arbeiten gestoppt hätte.
Und der Landkreis? Er teilt mit, die entstandene Optik der Straße sei „nicht mit einem Deckenbau zu vergleichen, war aber aktuell beim Ziel, die Verkehrssicherheit wiederherzustellen, nachrangig“.
Was da in den letzten fünf Jahren gemacht wurde.
Der Pfusch wird nach zwei Jahren einfach wieder rausgefräst und genau so wieder eingebracht. Da tränen nicht nur gestandenen Straßenbauern die Augen.