Die Kitzinger Richthofenstraße. Ein sonniger Sommernachmittag. Alles sehr ruhig und entspannt – bis der Blitz aus heiterem Himmel kommt. Wobei der heitere Himmel in diesem Fall ein Kleinwagen ist. Im Kofferraum steckt jede Menge Technik; Geschwindigkeitsmessung ist eine ziemlich ausgefeilte Angelegenheit. Eine Stunde steht der Blitzer in der Straße, die gut ausgebaut und auf den ersten Blick nicht unbedingt eine typische 30er-Zone ist. Ergebnis: 71 Autos sind vorbeigefahren, elf davon waren zu schnell. Das, was man unter einem richtigen Raser versteht, war nicht dabei.
Dass es in Kitzingen seit März dieses Jahres öfter mal aus heiterem Himmel blitzt, liegt an der städtischen Entschlusskraft, der Raserei Einhalt zu gebieten. Wobei die Stadt fast nicht anders konnte: Gerade in den Bürgerversammlungen war die innerstädtische Raserei immer wieder ein Aufreger. Als die Beschwerden so gar nicht mehr enden wollten, ging die Stadt unter die Blitzer. Damit befolgte man nicht zuletzt auch einen Rat der Polizei: Die blitzt zwar hin und wieder auch. Am effektivsten aber wäre es, wenn die Stadt selbst ins Blitz-Geschehen eingreifen würde.
Der Oberbürgermeister in der Radarfalle
Genau so kam es dann auch. Zum Start, kleine Anekdote am Rande, tappte ausgerechnet Kitzingens Oberbürgermeister Stefan Güntner in die Falle, als er in der Keltenstraße zu schnell unterwegs war. Was der OB sogleich als Warnhinweis verarbeitete: Per Facebook wies er mit einem dicken „Achtung!“ auf „vermehrte Kontrollen“ im Stadtgebiet hin und zugleich darauf, dass nunmehr auch die Stadt beim Blitzen mitmischen werde.
Die Messungen legte die Stadt in Profi-Hände: in die eines Unternehmens der Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft, das sich seit Jahren auf das Blitzen spezialisiert hat. Wo und wie oft gemessen wird, legt die Stadt Kitzingen fest. Die Fachfirma bringt die entsprechende Technik mit. Entweder verpackt in einem normalen Auto mit viel Technik im Kofferraum. Oder es kommt, wie es bei dem Pressetermin in der Richthofenstraße gezeigt wurde, ein Anhänger zum Einsatz.
Dieser Trailer bleibt aus Gründen der Nachhaltigkeit oft gleich mehrere Tage stehen und hat den großen Vorteil – die Zeiten sind scheinbar so – anschlagsicher zu sein. Die semistationäre Geschwindigkeitsmessanlage arbeitet autonom, geräusch- und emissionsfrei. Akkus ermöglichen eine selbständige Betriebszeit von bis zu zehn Tagen. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung erstellt die Anlage ein Beweisbild, das verschlüsselt direkt online übertragen wird.
Bisher wurde an 50 Stellen gemessen
Die erste Bilanz für Kitzingen: Etwa an 50 Stellen in der Kernstadt und in den Stadtteilen wurde bisher gemessen. Dabei wurden insgesamt – die Zählung geschieht automatisch und anonymisiert – 12.000 Autos erfasst. Die Zahl der Verstöße? "Um die zehn Prozent", weiß Raimund Steckermeier. Ein Wert, der absolut im Rahmen liege. 60 Prozent der Zuschnellfahrer liegen zehn km/h über dem Erlaubten, 25 Prozent sind elf bis 15 km/h zu schnell und gut 15 Prozent sind 16 bis 60 km/h zu schnell. Spitzenreiter bisher: Tempo 80 in einer 30er-Zone.
Auch das haben die bisherigen Auswertungen ergeben: Zwei Drittel der ertappten Raser sind mit KT-Kennzeichen unterwegs; im Umkehrschluss erwischt es also ein Drittel von außerhalb. Die Frage, ob es bei den Blitzstellen Schwerpunkte gibt, ist gar nicht so leicht zu beantworten. Weil es, gerade bei den Anwohnern, oft um "gefühlte" Verstöße gehe.
Prinzipiell aber schaut die Stadt in erster Linie darauf, dass in den Tempo-30-Zonen auch wirklich maximal 30 km/h gefahren werde, wie Frank Winterstein, Leiter des Kitzinger Ordnungsamtes, erklärt. Was aber auch auf der Hand liegt, wenn man diese durchaus erstaunliche Zahl kennt: In Kitzingen sind tatsächlich 70 Prozent der Straßen 30er-Zone.
40 Blitz-Stunden pro Monat in Kitzingen
Aktuell sind die Blitz-Spezialisten aus Nürnberg, die es in dieser Form seit nunmehr 16 Jahren gibt und die in 130 Städten und Gemeinden aktiv sind, für die Stadt Kitzingen 40 Stunden im Monat im Einsatz. Geht es nach Frank Winterstein, soll sich daran auch so schnell nichts ändern. Er hofft und vertraut darauf, dass der Stadtrat einer Verlängerung der zunächst auf ein Jahr vereinbarten Zusammenarbeit zustimmt. Zumal durchaus auch erste Erfolge, wie etwa in der Keltenstraße, zu verzeichnen seien. Was auch Raimund Steckermeier belegen kann: "Die Zahl der Verstöße geht schon nach unten!"
Einsatz-Ende in der Richthofenstraße. Wer zu schnell war, landet auf einem auf einem USB-Stick. Den wiederum bekommt die Stadt. Dort, im Ordnungsamt, gehen die Dinge dann ihren Gang: Halterermittlung, wenig später geht dann Post mit dem berühmten Blitzer-Foto auf Reisen. Die Geldbußen haben hier zuletzt deutlich angezogen; seit November vergangenen Jahres sind Geschwindigkeitsüberschreitungen richtig teuer geworden. Raimund Steckermeier hat das begrüßt. Fast 20 Jahre Berufserfahrung haben ihn eines gelehrt: "Es geht nur über den Geldbeutel!"
Apropos Geld: Für die Stadt wird das Blitzenlassen in etwa plus/minus null ausgehen. Kosten und Einnahmen halten sich im Idealfall die Waage. Genau weiß man das aber erst nach einem Jahr. Letztlich aber geht es bei dem gezielten Einsatz von Blitzern aber nicht vorrangig um Einnahmen, sondern darum, so betonte es der OB, „die Verkehrssicherheit mittelfristig zu verbessern“.
Ist es über rechtens das Privatunternehmen dem Bürger in die Tasche greifen
Danke liebe Stadt fürs abzocken