Wie es ist, wenn man in seine eigene Falle gerät, bekam Kitzingens Oberbürgermeister Stefan Güntner vergangene Woche zu spüren: An dem Tag, an dem die Stadt erstmals die Überwachung des fließenden Verkehrs übernahm, wurde ausgerechnet der OB geblitzt, als er in der Keltenstraße zu schnell unterwegs war. Das war einerseits ein wenig peinlich. Andererseits drehte Stefan Güntner den Spieß einfach um und nahm sich als warnendes Beispiel: Per Facebook wies er mit einem dicken "Achtung!" auf "vermehrte Kontrollen" im Stadtgebiet hin und darauf, dass nunmehr auch die Stadt beim Blitzen mitmischen werde.
Beschwerden über Raserei in der Stadt Kitzingen
Dass Kitzingen nunmehr seit Mitte März unter die Blitzer gegangen ist, liegt nicht zuletzt an der Forderung vieler Einwohner: Kaum eine Bürgerversammlung, auf der nicht geschimpft, angeprangert und deutlich darauf hingewiesen wurde, dass in Kitzingen zu sehr gerast wird. Die Beschwerden wollten einfach nicht enden. Mehr noch: Sie wurden laut und lauter. Die Stadt nahm deshalb Kontakt mit der Polizei auf. Von dort kam das Signal: Am effektivsten wäre es, wenn die Stadt selbst ins Blitz-Geschehen eingreifen würde.
Die Vorteile einer Überwachung durch die Stadt liegen laut OB Stefan Güntner auf der Hand: Man sei "flexibler und effektiver". Mehr Blitzen bedeute zudem: "Die Verkehrssicherheit in der Stadt wird verbessert, da die Überwachung gezielter eingesetzt werden kann." Seit vergangener Woche gilt also: Innerorts obliegt die Geschwindigkeitsüberwachung der Stadt. Die Polizei sei jedoch bei der Auswahl der Messstellen immer mit im Boot.
"Klassische" Blitzer mit Radarfalle
Und so funktioniert's: Mit der Durchführung der Messung wurde die Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft beauftragt. Wo und wie oft gemessen wird, legt die Stadt fest. Die Fachfirma bringt die entsprechende Technik mit. Diese hängt von der jeweiligen Messstelle ab. Geblitzt werde aber, so heißt es aus dem Rathaus, überwiegend "klassisch aus dem Auto, aber auch mit Hilfe eines speziellen Anhängers".
Im Idealfall, so hat man es in der Stadt durchgerechnet, geht das Ganze plus/minus null aus. Soll heißen: Kosten und Einnahmen dürften sich "weitgehend entsprechen". Eine Prognose, wohlgemerkt. Genaue Angaben könnten dann nach dem ersten Jahr gemacht werden.
Mit dem gezielten Blitzer-Einsatz, so ist sich der Kitzinger OB sicher, werde sich "die Verkehrssicherheit mittelfristig verbessern". Sein Tipp über die sozialen Netzwerke ist eindeutig: "Fuß vom Gas!", lautet die Aufforderung.
Wo geblitzt werden sollte: viele Anregungen
Dass der Bedarf da und der Wunsch nach mehr Kontrolle scheinbar groß ist, zeigen die Reaktionen auf den offenherzigen Ich-bin-erwischt-worden-Post des OB. Es hagelt geradezu Anregungen, wo als nächstes geblitzt werden soll oder wo dringend die städtischen Politessen eingesetzt werden sollten. Ein User fordert beispielsweise, in Hohenfeld zu kontrollieren, weil dort im eingeschränkten Halteverbot geparkt werde. Die Parker hätten "Narrenfreiheit", wird moniert. Deshalb der Appell: "Hiermit fordere ich die Stadt Kitzingen auf, auch des Öfteren in den Stadtteilen zu kontrollieren."
In einem anderen Beitrag heißt es: "Ich finde, früher wurde allgemein viel mehr kontrolliert. Auch die Rücksicht im Straßenverkehr lässt zu wünschen übrig." Als Raserstrecken lokalisiert wird von den Schreibern etwa die Flugplatzstraße. Es komme dort "immer wieder zu gefährlichen Situationen; eine Geschwindigkeitsmessung würde hier zu mehr Sicherheit führen."
Gerast werde zudem in der Lindenstraße sowie in der Glauberstraße ausgerechnet vor dem Kindergarten – obwohl dort Tempo 30 gelte. Ein weiterer Wunsch betrifft die B 8, dort seien im Bereich des Schnellrestaurants "Tag und Nacht Autorennen angesagt". Bitte einen Blitzer – diesen Wunsch gibt es zudem für die Nordtangente in Höhe des Abzweigs Albertshofen, wohlgemerkt für beide Richtungen. Auch dort seien "Autorennen zu späterer Stunde keine Seltenheit". Mehr Kontrollen werden zudem in den Marshall Heights gewünscht.
Was bedeutet die Übernahme der Blitz-Hoheit für die Polizei – ist die jetzt in Kitzingen aus dem Spiel? Jochen Dietrich, Polizeioberrat und Chef der Polizeiinspektion am Landwehrplatz, schüttelt vehement den Kopf. Bei Amtsantritt Ende 2021 hatte er den Rasern öffentlich den Kampf angesagt. Er werde das Thema "mit Nachdruck verfolgen", so seine damalige Ankündigung.
Weshalb er auch jetzt Wert auf die Feststellung legt, "dass die Polizei nach wie vor sowohl für den ruhenden Verkehr als auch für den fließenden Verkehr zuständig ist". Durch die Neuregelung habe die Stadt Kitzingen jetzt die Möglichkeit, "ergänzend auch den fließenden Verkehr innerorts zu überwachen".
Aus seiner Sicht ein richtiger Schritt: "Zusätzliche Geschwindigkeitsüberwachungen dienen der Verkehrssicherheit und sind daher zu begrüßen." Oder anders herum gesagt: Es würden "auch künftig Geschwindigkeitsmessungen durch die Polizei innerorts durchgeführt". Doppelt, so scheint mit Blick auf die Raser die neue Devise zu sein, hält besser.
passt eure Fahrweisen an und jammert nicht! Die "Schuld" sitzt hinterm Lenkrad, nicht im mobilen Blitzer!