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Kitzingen
"Jesus hat si an den Brunna ghockt": So witzig und originell liest sich die erste fränkische Bibel
Ein Werk biblischen Ausmaßes: 576 Seiten über Jesus und seine Jünger, und das alles in fränkischer Mundart. Ex-Dekan Michael Wehrwein hat eine ganz besondere Note eingebracht.
Der ehemalige Dekan Michael Wehrwein aus Lohr hat die fränkische Bibel passagenweise übersetzt.
Foto: Roland Pleier | Der ehemalige Dekan Michael Wehrwein aus Lohr hat die fränkische Bibel passagenweise übersetzt.
Sarah Gräf
 |  aktualisiert: 09.12.2024 02:32 Uhr

Vier Jahre hat es gedauert, bis Pfarrer Claus Ebeling aus dem mittelfränkischen Lichtenau sein Herzensprojekt in Druck geben konnte. Ein Gesangbuch auf Fränkisch hat er bereits herausgebracht, jetzt gibt es auch "Des Neue Tesdamend" in Mundart. Die Passagen, die er dafür zusammengesammelt hat, stammen aus unterschiedlichen Regionen Frankens. Mehr als 100 Freiwillige arbeiteten daran mit. Dorftypische Redensart war nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht, so der Pfarrer.

Dank dem ehemaligen Dekan Michael Wehrwein hat es auch "Wiesenbronnerisch" in die Fränggische Bibl geschafft. Es hat einige Mühen gekostet, bis das Werk stand. Heute laden die Geschichten wie selbstverständlich zum Schmunzeln ein. Das kann aber jeder und jede für sich selbst entscheiden: Am 2. Advent wird in einem Mundart-Gottesdienst in Wiesenbronn auf Fränkisch gepredigt, gelesen und gesungen.

An der fränkischen Bibel arbeiteten 130 Übersetzer

576 Seiten umfasst der Wälzer, den es seit September in der Buchhandlung zu kaufen gibt. Vier Jahre, 560 Bibelstellen, 130 Übersetzerinnen und Übersetzer – "das war eines der größten Projekte, die ich bisher verwirklicht habe", sagt Pfarrer Ebeling, Initiator der Idee.

All die Mühe hat sich offenbar gelohnt: Die ersten beiden Auflagen der Fränggischen Bibl, illustriert mit biblischen Motiven aus Kirchen, Kapellen und Klöstern in Franken, waren nach wenigen Wochen vergriffen; jetzt erscheint die dritte Auflage. "Wir haben einen Nerv bei den Menschen getroffen", davon ist Ebeling überzeugt. "Mundart ist die eigentliche Muttersprache."

Pfarrer Claus Ebeling im Jahr 2021: Die Idee der Mundart-Bibel steht, das Cover ist bis dato aber noch ein ausgedruckter Entwurf.
Foto: Daniel Karmann, dpa | Pfarrer Claus Ebeling im Jahr 2021: Die Idee der Mundart-Bibel steht, das Cover ist bis dato aber noch ein ausgedruckter Entwurf.

Dialekt ist auch Michael Wehrwein, ehemals Dekan in Lohr, ein persönliches Anliegen: Er zögerte nicht lange, als Ebeling vor vier Jahren in der Presse einen Aufruf startete und nach Freiwilligen bei der Übersetzung des Neuen Testaments ins Fränkische suchte.

Start vor vier Jahren: "Am Anfang waren wir ganz blauäugig"

Als dann der Startschuss fiel, hatten weder Ebeling noch Wehrwein eine Ahnung, welche Herausforderungen auf sie warten würden. "Am Anfang waren wir ganz blauäugig", erzählt Ebeling. Denn ein einheitliches Fränkisch gebe es nicht. "Wir haben jeden Dialekt aus jedem Ort so stehen gelassen, wie er ist", sagt Ebeling. Eine einheitliche Verschriftlichung musste aber sein, damit die Geschichten von Jesus und seinen Jüngern auch flüssig zu lesen seien. Die Korrektur am Ende: ein langwieriger Prozess.

Das Gesprochene zu verschriftlichen, ohne den Sinn zu verfälschen, sei das Schwerste für ihn gewesen, erzählt Wehrwein. Mehrere Stunden habe er über einem Kapitel gesessen, insgesamt sechs hat der 74-Jährige übersetzt: Johannes 4 und 5 sowie die Apostelgeschichte 5, 6, 7 und 8. 

"Jesus und die Fraa am Jakobsbrunna": Des Dekans Lieblingspassage

"Ganz typisch für Wiesenbronn ist das -la am Ende des Wortes", erklärt Wehrwein. Die Frage nach seiner Lieblingsstelle ist schnell beantwortet: Mit großer Freude zitiert er die von ihm übersetzten Passagen aus Johannes, 4: "Jesus und die Fraa am Jakobsbrunna" lautet der Titel des Abschnitts. "Da gibt's den ersten Schmunzler, wenn die Geschichte so salopp erzählt wird und das fränkische Wort so treffend ist, dass alle Umschreibungen überflüssig werden", sagt auch Pfarrer Ebeling. 

Kleine Kostprobe in den Wiesenbronner Dialekt, den es in der Fränggischen Bibl zu lesen gibt: "Weil Jesus müad war von der Reis, hat er si an den Brunna ghockt. Es war geger Mittach (so um Zwölfa rum). Sei Jünger warn in die Stadt ganga, um a Brotzeit zu holn."

Die Mundart-Bibel auf Fränkisch.
Foto: Daniel Karmann, dpa | Die Mundart-Bibel auf Fränkisch.

Das gedruckte Exemplar in Händen haltend, ist Wehrwein "sehr stolz, daran mitgewirkt zu haben", sagt er. "Vor allem die Aufmachung, die Bilder, der alte Buchdeckel – das fasziniert mich." Hoffentlich biete das jetzt einen Anreiz, mal wieder einen Blick in die Bibel zu werfen, findet Wehrwein. "In vielen Haushalten verstaubt die Bibel." Und: Nach dem neuen Testament könnte in zwei Jahren das alte Testament auf Fränkisch folgen.

Am 2. Advent wird in Wiesenbronn auf Fränkisch gesungen

Beim Mundart-Gottesdienst am 2. Advent hält Wehrwein seine Predigt in Fränkisch, und auch Lieder sollen in Dialekt gesungen werden. Wer selbst noch keinen Blick in die Fränggische Bibl gewagt hat, kann trotzdem in den Genuss kommen: Doris Paul wird Passagen aus der etwas anderen Bibel vorlesen. "Ich bin gespannt, wie das so ankommt", sagt Ex-Dekan Wehrwein. "Ich hoffe auf eine schöne Atmosphäre."

Mundart-Gottesdienstag am 2. Advent in Wiesenbronn

Adpfend, Adpfend, a Lichtla brennt - Adventsgottesdienst in Wiesenbronner Mundart:
Am 2. Advent, 8. Dezember, um 10 Uhr findet in Wiesenbronn in der Heilig-Kreuz-Kirche ein Adventsgottesdienst in Wiesenbronner Mundart statt. 

Es wird aus der Fränggischen Bibl vorgelesen, und auch auf Kirchenlieder im Dialekt können sich Kirchenbesucherinnen und -besucher freuen. Ex-Dekan Michael Wehrwein wird den etwas anderen Gottesdienst halten.
Quelle: grä
 
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Kommentare
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  • Stefan Lieblein
    Ich habs aa scho, die fränggische Bibl. Und ich muss sach des Büchle iss eifach geniaal.
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  • Kilian Distler
    Doll! Dess is emoll ä schönns Weihnachtsgschenggli! Danngge für den Dibb!
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  • Irmgard Engert
    Super Geschichte - nur schade, dass die Mainpost an sich langsam die Regeln der deutschen Grammatik verlernt!
    Es heißt halt eben nicht „ Dank dem ehemaligen Dekan“ - sondern würde in korrektem deutsch heißen: „ Dank des ehemaligen Dekans“!
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  • Ralf Zimmermann
    Der Duden listet "dank" als Präposition mit Genitiv oder Dativ, es ist also beides richtig: https://www.duden.de/rechtschreibung/dank

    Mit freundlichen Grüßen

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
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  • Irmgard Engert
    Liest sich im deutschen trotzdem seltsam!
    Und im plural ist dann plötzlich nur der Genitiv richtig!
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  • Peter Koch
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