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Iphofen
Iphofen trauert um früheren Stadtplaner Hartmut Schließer
Im Jahr 2019 präsentierte Stadtplaner Hartmut Schließer im Team mit Buchdesignerin Catherine Avak und der Autorin Daniela Röllinger das Buch 'Iphofen - Die Dörfer haben Zukunft'.
Foto: Timo Lechner | Im Jahr 2019 präsentierte Stadtplaner Hartmut Schließer im Team mit Buchdesignerin Catherine Avak und der Autorin Daniela Röllinger das Buch "Iphofen - Die Dörfer haben Zukunft".
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:07 Uhr

Wenn Hartmut Schließer nach Iphofen kam – und er kam oft –, konnte er fast zu jedem Haus in der Altstadt eine Geschichte erzählen. Das lag zum einen daran, dass dieser großgewachsene, schlanke Mann mit offenen Augen durch die Welt ging, zum anderen aber auch an seinem Beruf. Fast 50 Jahre war Schließer als Stadtplaner tätig, mehr als drei Jahrzehnte davon in Iphofen. Ein Glücksfall für beide Seiten.

Mitte der 1980er-Jahre begann er seine Mission in Iphofen. Ein junger Städteplaner aus der Weltstadt München, der auf die unterfränkische Provinz traf. Ob es Liebe auf den ersten Blick war, lässt sich schwer sagen angesichts der damals in die Jahre gekommenen Iphöfer Altstadt. Aber die Liebe wuchs, von Jahr zu Jahr, mit jedem Besuch. Es wurden viele Besuche. Schließer stürzte sich mit Verve auf diese Aufgabe. Es war keine radikale Frischzellenkur, die er Iphofen verordnete, das hätte nicht gepasst zu dieser Stadt und auch nicht zum Wesen dieses Mannes, der immer ein bisschen behäbig wirkte. Aber das war nur rein äußerlich.

Ein hellwacher Geist, den die Liebe zum Detail auszeichnete 

In seinem Innern war Schließer ein hellwacher, kluger Geist, dem es immer wieder gelang, die Tradition mit der Moderne zu versöhnen. Der diese Stadt mit so viel Liebe zum Detail herrichtete, als wäre es seine eigene, als würde er all die Türme und Häuser selbst bewohnen. Dabei sollte er immer nur beraten: die Stadt, ihre Bürgerinnen und Bürger, ihre Bauherren. Er tat das mit dem ihm eigenen Charme.

Schließer konnte stundenlang über die Wirkung von Biberschwanzziegeln referieren und gegen den Einsatz von Plastikfenstern in der Altstadt wettern, nicht zum Selbstzweck, sondern um der Sache willen. Man konnte sich wunderbar mit ihm streiten, weil er natürlich seine Philosophie hatte und auch mal stur sein konnte. "Es wurde auch mal kontrovers", sagt seine Frau am Telefon. "Aber er war immer zugewandt." Fachlich konnte ihm ohnehin niemand etwas vormachen.

Mit Bürgermeister Mend verband ihn Herzlichkeit

Mit einem Partner und einer Partnerin hatte er Mitte der 1970er-Jahre die SBS-Planungsgemeinschaft – abgeleitet von den Initialen der drei Pioniere – gegründet, mitten in München, wo das Büro noch immer residiert. Von dort brach Schließer immer wieder nach Iphofen auf. Die Altstadt trägt auch seine Handschrift, die Zusammenarbeit mit dem von 1990 an 30 Jahre amtierenden Bürgermeister Josef Mend war von Herzlichkeit geprägt. Manchmal ruckelte es, manchmal war man sich auf dem Weg nicht ganz schlüssig, aber das große gemeinsame Ziel verlor man nie aus den Augen.

In zwei Büchern zog Schließer 2017 und 2019 eine Art Bilanz seines Wirkens – da hatte er sich längst aus Iphofen zurückgezogen, beruflich wohlgemerkt, nicht gedanklich. "Im Herzen war er ein Bürger Iphofens", sagt seine Frau. In späten Jahren war Schließer noch einmal Vater geworden. Seinen letzten beruflichen Termin absolvierte er Anfang September in der Oberpfalz. Vier Wochen später, am 30. September, starb er überraschend in München. Hartmut Schließer wurde 79 Jahre alt.

 
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