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Iphofen
Iphöfer Genusskaufhaus: Warum sich die Eröffnung verzögert
Eigentlich sollte schon die erste Kundschaft durch das sanierte Anwesen am Marktplatz flanieren. Doch das Gebäude bleibt vorerst unsichtbar. Und die Kosten steigen und steigen.
Das alte Kaufhaus Stöhr am Iphöfer Marktplatz zeigt sich derzeit verhüllt. Der Umbau zum Genusskaufhaus dauert länger als erwartet.
Foto: Eike Lenz | Das alte Kaufhaus Stöhr am Iphöfer Marktplatz zeigt sich derzeit verhüllt. Der Umbau zum Genusskaufhaus dauert länger als erwartet.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 09.02.2024 18:38 Uhr

Seit Monaten wird mitten in der Iphöfer Altstadt ein Stück aufgeführt, das zwischendurch wie absurdes Theater anmutete. Das Publikum draußen aber bekommt davon nicht viel mit, denn der Vorhang ist heruntergelassen, ein blauer, leicht durchsichtiger Kokon. Gewerkelt wird hinter den Kulissen. Arbeitstitel: der Weg zum Genusskaufhaus.

Wäre alles glatt gegangen, der Vorhang hätte sich längst gehoben, und die Kundschaft könnte an dieser Stelle wählen zwischen regionalen Köstlichkeiten und einem warmen Imbiss. Doch mehrmals musste die Dramaturgie neu geschrieben werden, und so wird es bis mindestens Mitte September dauern, bis das Haus endlich eröffnet wird. Die Wohnungen in den oberen Stockwerken werden sogar erst zum Jahresende fertig. Und die Kosten des Projekts: nun ja. . .

Es hat in der jüngeren Geschichte des Hauses manche Verwerfung gegeben. Da war die anfängliche Unentschlossenheit des Stadtrats, wie tief man in die Sanierung einsteigen sollte. Da war die nicht austarierte Statik zwischen Planern und einem Teil des Rates, die im Vorwurf der Unfähigkeit an die Adresse der Architekten gipfelte. Und da war das hohe Überraschungspotenzial, das eine Immobilie mit kilometerlangem Sanierungsstau halt immer birgt. Ziemlich viele Störfaktoren, die in der Summe dazu führten, dass der geplante Fertigstellungstermin sich nun um Monate verzögern wird.

Auf Bannern vor dem Objekt lässt sich erkennen, wie das Kaufhaus Stöhr später einmal aussehen soll.
Foto: Eike Lenz | Auf Bannern vor dem Objekt lässt sich erkennen, wie das Kaufhaus Stöhr später einmal aussehen soll.

Die verantwortliche Planerin Julia Dillamar vom Würzburger Büro Archicult sollte am Montagabend in der Sitzung des Bauausschusses über den Status quo des Projekts berichten. Sie erinnerte mitunter an eine Allgemeinmedizinerin, die von ihrem maladen Patienten immer wieder auf die Probe gestellt wird. Dass dieses scheintote Gebäude am Marktplatz, besser bekannt als Kaufhaus Stöhr, seine Tücken und manch unentdecktes Geheimnis bergen würde, war jedem bewusst, der dort regelmäßig verkehrte und es in seinen letzten Tagen vor der Schließung im November 2018 noch einmal besuchte.

Eine "Schrott-Immobilie" zum stolzen Preis

Die Stadt, so viel war klar, hatte sich eine „Schrott-Immobilie“ andrehen lassen, wie es Dritter Bürgermeister Jörg Schanow einmal sagte, und das zum stolzen Preis von rund einer Million Euro. Aber da sie es schon einmal hatte, wollte sie es auch entwickeln. Von der einst geplanten Ertüchtigung des Erdgeschosses kam man rasch ab; im Sommer 2020 war klar, dass die Stadt groß einsteigen und das komplette Haus herrichten wird. Das geschieht nun seit Dezember.

Die beiden großzügigen Obergeschosse sollen in vier Wohnungen aufgeteilt werden. Die Ansicht zeigt das Gebäude von der Seite der Büttnersgasse aus.
Foto: Eike Lenz | Die beiden großzügigen Obergeschosse sollen in vier Wohnungen aufgeteilt werden. Die Ansicht zeigt das Gebäude von der Seite der Büttnersgasse aus.

Die Entscheidung, in den beiden Obergeschossen vier kommunal geförderte Wohnungen einzurichten, hat der Stadt zwar staatliche Zuschüsse gebracht, sie aber umgekehrt Zeit gekostet, weil die Förderbescheide auf sich warten ließen. Auf zwei Etagen entstehen drei barrierefreie Appartements in Größen von 57 bis 118 Quadratmetern sowie eine rollstuhlgerechte Zweizimmer-Wohnung. Laut Planerin sollen sie im Dezember 2021 bezugsfertig sein.

Immer wieder kam Julia Dillamar in der Sitzung am Montag auf Mängel und Missstände zu sprechen, die sich an der in Bestlage stehenden Immobilie aus den Sechzigerjahren zeigten. Statik, Leitungen, Fundamente, überall gab es Schäden, die bei den Voruntersuchungen nicht ersichtlich waren. „Das Gebäude ist offenbar anders errichtet worden, als von der statischen Konstruktion her ausgewiesen“, erklärte sie. Ob man sich die Kosten für diese Voruntersuchungen dann nicht gleich hätte sparen können, fragte Stadtrat Otto Kolesch. Und bekam als Antwort, dass solche Analysen immer nur Stichproben seien und bei einem älteren Gebäude selten das ganze Ausmaß der Schäden offenlegen könnten.

Die Eröffnung ist jetzt für September zugesagt

Bleiben die Kosten: Wie bei allen aktuellen Projekten schlagen auch bei diesem die rasant gestiegenen Baupreise der vergangenen Monate durch. Aus der Kalkulation von 2,14 Millionen Euro im November 2019 ist eine Prognose von 2,45 Millionen Euro geworden. Nicht alle Mehrungen in dieser Rechnung sind auf die Preisrallye am Bau zurückzuführen. Sie sind auch das Ergebnis nicht absehbarer Arbeiten.

„Herausfordernd“ nannte Dillamar ihre Arbeit in diesen Tagen. Auf die Frage von Kolesch, ob man den geplanten Eröffnungstermin im September für das Genusskaufhaus in Stein meißeln könne, sagte die Planerin: „Es ist unsere Pflicht, dass Sie ihn in Stein meißeln können.“

 
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  • elkatvelo@t-online.de
    Was soll das Gejammere im Nachhinein von dem Herrn Schanow,
    soll der doch einfach mal für einen Nachmittag einen seiner "Bauchfachleute" aus seinem Betrieb mitnehmen zum Besichtigen und Begutachten. Dann hat man einen groben Überblick über die Immobilie. Wieso hat man einen Malermeister im Stadtrat, auch der könnte zu so einem termin seine Kompetenz mit einbringen.
    Aber immer schön im Nachhinein zumnörgeln -einfach im Vorfeld mal zeigen was man kann, gerade die sogenannten Bauchfachleute, dafür sind Sie - wegen ihrer Kompetenz - doch gewählt worden.
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  • friedrich.angene@t-online.de
    Die gleiche Dramaturgie wird sich in Mönchsondheim am Gasthaus "Krone" wiederholen. In Iphofen hat sich wie Schanow richtig formulierte eine "Schrottimmobilie" andrehen lassen, im Ortsteil Mönchsondheim wird ein "Schrottgebäude" mit Millionenaufwand saniert. Auch hier werden die Kosten, unabhängig von den allgemeinen Baukosten-steigerungen explodieren. Aber was bei beiden Baumaßnahme gleich? Das Architekturbüro. Also Schlussfolgerung daraus - Archicult und die verantwortlichen Planer können es einfach nicht besser!
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