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Kitzingen
Hartz IV: Nach einem Anstieg wieder auf dem Niveau vor Corona
Freitags-Fragen: Gibt es den Ein-Euro-Job noch? Wie viele Flüchtlinge beziehen Hartz IV? Und: Gibt es im Jobcenter auch Homeoffice? Der Jobcenter-Chef kennt die Antworten.
Im Landkreis Kitzingen leben derzeit 1659 Menschen von Hartz IV.
Foto: Sebastian Gollnow, dpa | Im Landkreis Kitzingen leben derzeit 1659 Menschen von Hartz IV.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:29 Uhr

Gerhard Waigandt wechselte im Herbst 2017 von der Bundesanstalt für Arbeit in Würzburg auf den Chef-Posten des Kitzinger Jobcenters. Wie sich Corona auf Hartz IV ausgewirkt hat, sagt der 54-jährige Winterhäuser in den Freitags-Fragen.

Frage: Wie viele Menschen leben im Landkreis Kitzingen von Hartz IV?

Gerhard Waigandt: Aktuell sind es 1659.

Wie viele Bedarfsgemeinschaften sind das?

Waigandt: Genau 868.

Wie viel Geld bekommt ein Hartz-IV-Empfänger?

Waigandt: Der derzeitige Regelbedarf eines Alleinstehenden liegt bei 446 Euro monatlich.

Und wie sieht es mit den Sachleistungen aus?

Waigandt: Aktuell werden alle Unterstützungsleistungen als Geldleistung gewährt.

Ist die Zahl der Hartz-IV-Empfänger durch Corona gestiegen?

Waigandt: Mit Corona haben wir einen deutlichen Anstieg im Jahr 2020 verzeichnet. Die Zahlen sind seit diesem Jahr wieder rückläufig und bewegen sich inzwischen nahezu wieder auf dem Niveau vor Corona.

Gerhard Waigandt, Geschäftsführer des Jobcenters in Kitzingen.
Foto: Bundesagentur für Arbeit | Gerhard Waigandt, Geschäftsführer des Jobcenters in Kitzingen.
Wie sieht es mit Fördermaßnamen aus?

Waigandt: Unser Maßnahmenkatalog ist sehr umfangreich und an die verschiedensten Belange unserer Kundinnen und Kunden angepasst. Die wichtigsten Angebote sind berufliche Qualifizierungen und Hilfen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sowie Unterstützungen zur Aufnahme beim beruflichen Einstieg. Insgesamt haben wir in diesem Jahr bisher 148 Menschen diese Möglichkeiten eröffnet.

Gibt es den Ein-Euro-Job noch und wie sind hier die Zahlen?

Waigandt: Die Arbeitsgelegenheiten gibt es weiterhin. Pandemiebedingt waren die Eintritte jedoch rückläufig, so dass wir bis November bisher 37 Eintritte verzeichneten.

Wie viele der Hartz IV-Bezieher sind ehemalige Flüchtlinge?

Waigandt: Die genaue Zahl nur nach Flüchtlingen kann statistisch nicht ausgewertet werden. Im Kontext Fluchtmigration beziehen derzeit 190 erwerbsfähige Berechtigte Leistungen.

Wie sieht es in diesem Bereich mit dem Vermitteln in Arbeit aus?

Waigandt: Jedem Flüchtling stehen am Anfang je nach Bedarf Integrationskurse, Alphabetisierungs- und Sprachkurse zur Verfügung. Ist ein gewisses Sprachniveau erreicht, werden diese Kundinnen und Kunden in die Arbeitsvermittlung einbezogen und entsprechend ihrer Qualifikation und Kenntnisse im Arbeitsmarkt integriert. Wer einen Fluchthintergrund hat, wird nicht mehr durch spezialisierte Teams betreut, sondern in die allgemeine Arbeitsvermittlung einbezogen.

Wie ist die Integrationsquote bei den herkömmlichen Beziehern?

Waigandt: Die Integrationsquote wird nicht mehr danach unterschieden, ob ein Fluchthintergrund vorliegt oder nicht. Sie liegt für 2021 bei einem Zielwert von über einem Drittel aller betroffenen Personen.

In welche Jobs wird überwiegend vermittelt?

Waigandt: Hier stehen die Bereiche Produktion, Helfertätigkeiten und Personaldienstleister im Vordergrund. Aber auch Vermittlungen im Fachkräftebereich sollten hier nicht unerwähnt bleiben.

Wie sind Sie mit dem Etat in diesem Jahr hingekommen?

Waigandt: Die zugeteilten Mittel zur Deckung der Verwaltungsausgaben und der Eingliederungsleistungen für unsere Kundinnen und Kunden in Höhe von knapp über drei Millionen Euro waren auskömmlich.

Wie sieht der Etat kommendes Jahr aus?

Waigandt: Wir rechnen für das Jahr 2022 wieder mit einer ähnlichen Mittelausstattung.

Ihre Prognose und Erwartung für 2022?

Waigandt: Eine sehr schwierige Frage, da der Arbeitsmarkt auch im kommenden Jahr mit vielen Risiken behaftet sein wird. Sollten wir die Pandemie mit den richtigen Maßnahmen einigermaßen in den Griff bekommen, erwarte ich einen weiter aufnahmefähigen Arbeitsmarkt mit guten Integrationsmöglichkeiten.

Was wünschen Sie sich von der Politik?

Waigandt: Natürlich in erster Linie wieder ein auskömmliches Budget, was mir und meinen Mitarbeitenden Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet und die Arbeit mit unseren Kundinnen und Kunden in alle Richtungen ermöglicht. Dazu selbstverständlich auch das richtige Händchen, die richtigen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung zu ergreifen, denn die Pandemie wird unser Tun und Handeln weiter stark beeinflussen.

Aus Hartz 4 soll ein Bürgergeld werden – Ihre Meinung dazu? Und was weiß man darüber schon?

Waigandt: In meiner langen Zeit in der Bundesagentur für Arbeit und im Jobcenter habe ich schon einige Regierungswechsel und Reformen erlebt. Im Koalitionsvertrag gibt es einige interessante Ansatzpunkte, es bleibt aber abzuwarten, wie das geplante Bürgergeld letztlich ausgestaltet und umgesetzt wird. Es ist aus meiner Sicht wichtig, dass Systeme immer wieder auf den Prüfstand kommen und entsprechende Anpassungen erfolgen.

Statt hinter dem Landratsamt ist das Jobcenter seit März 2020 im Industriegebiet ConneKT - wie gefällt es Ihnen da?

Waigandt: In unserer neuen Liegenschaft haben wir uns sehr gut eingelebt, wurden aufgrund der Pandemie seit unserem Umzug im April 2020 hinsichtlich der persönlichen Kundengespräche aber stark eingeschränkt. So konnte der Echtbetrieb noch nicht wirklich erlebt werden.

Wie geht das Jobcenter mit der Pandemie um – gibt es Präsenzpflicht oder gibt es Homeoffice?

Waigandt: Wir setzen hier strikt die Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes um. Es gibt im Hause natürlich Bereiche, in denen eine Präsenz erforderlich ist und somit die im Gesetz genannten betrieblichen Gründe vorliegen, welche ein Arbeiten im Homeoffice nicht ermöglichen. In allen anderen Bereichen wird Homeoffice im möglichen Rahmen genutzt.

Wie ist der Zugang für die Kunden geregelt?

Waigandt: Seit Beginn der Pandemie wurden die Anliegen unserer Kundinnen und Kunden weitgehend telefonisch oder per Mail erledigt. Wir waren auch in der Pandemie durchgängig gut zu erreichen. Seit Oktober haben wir auch wieder Zeitfenster eingerichtet, in denen unsere Kunden für Kurzanliegen ohne Termin in unserer Eingangszone vorsprechen können.

 
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