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München
Bayerische AfD im Landtag wegen Chat über "Bürgerkrieg" unter Druck
Wegen radialer Chat-Nachrichten haben sich alle Fraktionen im Landtag entschieden gegen die AfD gestellt. Warum auch Innenminister Herrmann die Partei ins Visier nimmt.
Wegen radikaler Inhalte in internen Chats ist die AfD in Bayern unter Druck. Im Landtag stellten sich deshalb nun alle anderen Fraktionen entschieden gegen die Rechtsaußen-Partei.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Wegen radikaler Inhalte in internen Chats ist die AfD in Bayern unter Druck. Im Landtag stellten sich deshalb nun alle anderen Fraktionen entschieden gegen die Rechtsaußen-Partei.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 08.02.2024 20:55 Uhr

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat nach der Veröffentlichung interner Chat-Nachrichten von bayerischen AfD-Politikern eine "intensive Überprüfung" durch den Verfassungsschutz angekündigt. Die Toleranz der Gesellschaft stoße "dort an Grenzen, wo sie auf fanatische Intoleranz trifft", sagte Herrmann im Landtag. Und diese Grenze "von der Meinungsfreiheit zum Rechtsextremismus" sei von der AfD mit teilweise radikalen Äußerungen in der Telegram-Gruppe "Alternative Nachrichtengruppe Bayern" eindeutig überschritten worden.

Der Bayerische Rundfunk (BR) hatte radikale Beiträgeaus dieser internen Gruppe öffentlich gemacht: Besonders in der Kritik steht dabei die AfD-Landtagsabgeordnete Anne Cyron. Ein oberbayerischer AfD-Kreisvorsitzender hatte in der Telegram-Gruppe geschrieben: "Ohne Umsturz und Revolution erreichen wir hier keinen Kurswechsel mehr. Wahlen helfen ohnehin nicht mehr." Cyron antwortete: "Denke, dass wir ohne Bürgerkrieg aus dieser Nummer nicht mehr rauskommen werden."

AfD verteidigt internen Chat über "Bürgerkrieg" als freie Meinungsäußerung

Der AfD-Co-Fraktionsvorsitzende Ulrich Singer nannte die inzwischen aufgelöste Telegram-Gruppe, an der wohl auch ein Großteil der Landtags-AfD und des Landesvorstands teilnahm, in einer hitzigen Landtagsdebatte einen "stammtischähnlichen Chat". Der BR habe offenbar "160 000 Nachrichten durchgesteckt" bekommen und daraus "eine Handvoll" Mitteilungen "mit einer negativen Grundhaltung interpretiert". Politik und Medien betrieben deshalb aber nun "eine Hetzjagd gegen die einzige noch bestehende demokratische Opposition in diesem Land", polterte Singer.

Personelle Konsequenzen aufgrund der Chats hat die AfD bisher nicht gezogen. Die Zitate selbst dementierte der AfD-Fraktionschef nicht. Die AfD lehne jedoch "Gewalt und Umsturz als politisches Mittel strikt ab", beteuerte er. Cyron selbst hatte ihren Beitrag bereits am Dienstag als "Situationsbeschreibung" verteidigt: "Ich habe nur darauf hingewiesen, dass die Mehrheit der Bevölkerung Widerstand leisten wird, wenn sich die derzeitige Politik nicht ändert", erklärte die Landtagsabgeordnete schriftlich.

Innenminister "hetzt wie ein Irrer"? AfD-MdL Stadler bekommt Rüge vom Landtag

Im Landtag verwies AfD-Politiker Ralf Stadler auf "das Recht, seine Meinung frei zu äußern". Weil er im Plenum Innenminister Herrmann vorwarf, "wie ein Irrer" gegen die AfD zu hetzen, bekam er vom Landtagspräsidium eine parlamentarische Rüge.

Jeder habe ein Recht auf seine Meinung, aber nicht auf eigene Fakten, entgegnete Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Wer sich volksverhetzend äußere, der müsse mit Gegenwehr rechnen: "Wer es auf die demokratische Grundordnung abgesehen hat, der darf sich über die entschiedene Reaktion einer wehrhaften Demokratie nicht wundern."

"Die Geschichte lehrt, dass radikalen Worten auch radikale Taten folgen."
CSU-Abgeordneter Manfred Ländner zu den AfD-Chats

"Die Geschichte lehrt, dass radikalen Worten auch radikale Taten folgen", warnte auch CSU-Politiker Manfred Ländner, Landtagsabgeordneter aus dem Landkreis Würzburg. Die AfD-Chats, so Ländner, zeigten "genau das Gesicht dieser Partei, das sie versucht vor den Bürgern zu verbergen".

Die AfD habe endgültig die Brandmauer zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus gesprengt, meinte der Freie Wähler Fabian Mehring in der Sitzung. Wer die AfD aus Protest gewählt habe, der müsse spätestens jetzt seine Entscheidung revidieren, forderte er: "Wenn irgendjemand in Bayern und in ganz Deutschland nichts zum Besseren verändern kann, dann ist es die AfD."

Am Ende hatte die AfD im Landtag alle anderen Fraktionen gegen sich: Sie verurteilten die radikalen Chat-Inhalte gemeinsam als "demokratiefeindlich".

 
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  • J. B.
    es ist ein großer Unterschied ob jemand schreibt, er "fürchte" sich vor einem Bürgerkrieg oder er "denke" es komme zu einem Bürgerkrieg oder er schreibt, dass er "aktiv" an einem Bürgerkrieg teilnehmen möchte oder andere dazu aufruft "aktiv" einen Bürgerkrieg zu organisieren. Das eine fällt ganz klar unter Artikel 5 GG, das Andere "aktive" Handeln nicht.
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  • E. V.
    Wie wir aus dem Gerichtsprozess gegen den Heidingsfelder Ex-Faschingsfunktionär wissen, kann auch das Teilen von Inhalten in einer relativ kleinen privaten Chatgruppe durchaus strafbewehrt sein und zur Verurteilung wegen Volksverhetzung führen.

    Wobei ich persönlich solche Äußerungen von Mitgliedern einer Partei und Abgeordneteten zu Bürgerkrieg und Revolution noch mal deutlich schwerer gewichten würde als "nur" ein rassistisches Bildchen.
    Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen anstellt.
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  • S. K.
    Es gab Zeiten, da war alles nur ein Versehen oder die Maus ist ausgerutscht. So muss man der AfD sogar ein wenig Entwicklungpotential zu gute halten, wenn man nun zugibt, dass die Äußerungen mit voller Absicht erfolgt sind.

    Wo bei den Äußerungen noch ein Interpretationsspielraum sein soll.... mhh... redet man hier von Fakeln und Mistgabeln oder oder schon über Schußwaffen wenn man zum Bürgerkrieg aufruft?
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  • R. B.
    Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung kann nicht den Aufruf zu Gewalt beinhalten.
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  • H. K.
    Das ist ganz einfach nur noch richtig peinlich und zum Fremdschämen.
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  • P. K.
    Wenn ich hier zu Gewalt gegen AfD Mitglieder aufrufen würde, dann täte das die "Zensur" der MP verhindern. Das wäre auch gut so.
    Nach Meinung der AfDler wäre das in diesem speziellen Fall sicher auch gut.

    Wenn aber AfDler zu Gewalt aufrufen, dann ist das eine schützenswerte freie Meinungsäusserung. Wisst ihr was ihr AfDler, Schizophrenie ist das und in Verbindung mit Gewaltphantasien bedeutet das gechlossene Psychiatrie.
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  • D. K.
    Selbst mit einer positiven Grundhaltung bleibt da nicht viel Interpretationsspielraum.
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