Unpünktlich, unfreundlich, überlastet: Die Liste der Vorurteile gegenüber der Deutschen Bahn ist lang. Kommen dann noch eine große Baustelle wie aktuell zwischen Würzburg und Nürnberg und Busfahrten im Schienenersatzverkehr hinzu, kann das ja eigentlich nur schiefgehen, oder? Es wird Zeit, sich das mal näher anzuschauen: Unser Reporter hat den Praxistest gemacht.
Genau diese ungünstigen Bedingungen herrschen nämlich gerade zwischen Rottendorf und Neustadt/Aisch, also einmal quer durch den Landkreis Kitzingen. Auf der Strecke hat die Deutsche Bahn Ende Mai – pünktlich zu den Pfingstferien – den Schienenverkehr für zehn Wochen eingestellt. Ab dem 5. August sollen die Züge dort wieder rollen, dann ist der Abschnitt zwischen Neustadt/Aisch und Fürth an der Reihe und bekommt neue Schienen, Gleise und Schwellen.
Ohne Vorurteile ins Abenteuer Schienenersatzverkehr
Also aufs ins Abenteuer Schienenersatzverkehr: Von Rottendorf (Lkr. Würzburg) bis Markt Bibart (Lkr. Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) und wieder zurück begleiten wir Reisende, um uns selbst ein Bild von Pünktlichkeit und Service zu machen. Die Bahn-Vorurteile verräumen wir dafür sozusagen ins Gepäckabteil – ganz nach hinten.
8.40 Uhr, Rottendorf: Bus 58211 sollte in Rottendorf um 8.43 Uhr an der eigens eingerichteten Bushaltestelle abfahrbereit stehen. Er kommt jedoch erst um 8.52 Uhr, geschuldet dem innerstädtischen Verkehr in Würzburg. Es warten vier Fahrgäste, darunter ein 25-jähriger Mann aus Malaysia, der Englisch spricht und sich auf seinem Arbeitsweg zum Unternehmen Knauf in Iphofen befindet. Er nennt den Busverkehr ganz in Ordnung, zumal er überwiegend pünktlich verkehre.
Im hinteren Bereich des Busses sitzt Lukas (28) mit Kopfhörern. Nur gelegentlich fährt er von Würzburg kommend mit dem Deutschland-Ticket nach Kitzingen, um die Großeltern zu besuchen. „Meist nutze ich wegen der kürzeren Fahrzeit den Expressbus“, sagt er, ist aber überrascht von der Pünktlichkeit der mit hoher Frequenz angebotenen Fahrten. Lukas stammt aus Erlangen und reist über Ansbach nach Würzburg, da die offizielle Umleitung über Bamberg ständig überfüllt sei.
8.53 Uhr, Dettelbach-Bahnhof, 9.06 Uhr, Buchbrunn: Niemand steigt ein. Wird die Busfahrt zu einer Leerfahrt?
9.14 Uhr, Kitzingen: Der Bus sollte jetzt eigentlich abfahren, es dauert aber noch einige Minuten, bis der Bahnhof überhaupt erreicht ist. Zwölf Minuten später sind Fahrgäste ausgestiegen, neue dazugekommen. Hätten wir das Vorurteil "Unpünktlichkeit" doch nicht so weit nach hinten packen sollen?
Zugestiegen ist Edith (73) aus Bad Windsheim. Sie ist dort bereits um 5.50 Uhr abgefahren, „um einen Facharzt in Kitzingen zu besuchen,“ erzählt sie. Das Umsteigen zwischen Bus und Bahn sei zwar kein Problem, die Zugfahrt allerdings wesentlich angenehmer, "denn der Zug schwankt nicht so“. Die Rentnerin als Vielnutzerin von Bus und Bahn allerdings bestätigt die positive Einschätzung: „Die lila Busse sind überwiegend pünktlich.“
9.39 Uhr, Iphofen: Der malaysische Student mit Kopfhörern und Umhängetasche steigt aus, nickt mir lächelnd zu.
9.51 Uhr, Markt Bibart: Die aus Würzburg mitgenommene Verspätung ist aufgeholt. Alle Fahrgäste steigen aus, auch ich muss mich um die Rückfahrt kümmern. Doch nirgends befindet sich ein Hinweis, wo man denn einen Fahrschein bekommen könnte. Zufällig entdecke ich am Bahnsteig ein Gehäuse, das von hinten betrachtet, ein Fahrscheinautomat sein könnte. Glück gehabt: Es ist einer. Hatte der Automat in Rottendorf die Annahme von Bargeld verweigert, so ist es hier umgekehrt: Die Bankcard wird abgelehnt.
10.05 Uhr, Markt Bibart: Pünktlich beginnt meine Rückreise. Nur: außer mir steigt niemand ein. Die Beinahe-Leerfahrt ist für den jungen Fahrer nicht neu, ist doch der Expressbus zeitgleich in Neustadt losgefahren. Der hält aber nicht in Markt Bibart und muss auch nicht bis Kitzingen alle Fahrgäste einsammeln.
10.25 Uhr, Iphofen: Immer noch pünktlich, immer noch keine Mitreisenden.
10.37 Uhr, Kitzingen: Wir kommen sogar zwei Minuten zu früh an.
10.42 Uhr, Kitzingen: Auf ihrem regelmäßigen Weg zur Arbeit in Würzburg nimmt Silvia (33) auch heute den lila Bus. Sie fährt zu unterschiedlichen Zeiten und hat schon bis zu 30 Fahrgäste im Bus gesehen. Sie bedauert lediglich, dass sich Fahrzeiten zulasten ihrer Freizeit deutlich verlängert haben.
Eine Fahrt mit der Bahn dauert von Rottendorf nach Markt Bibart knapp 30 Minuten. Der Ersatzbus ist 68 Minuten unterwegs, mehr als doppelt so lange. Eine Herausforderung für alle, die zur Arbeit müssen. Allerdings fahren die Busse ungefähr im Halbstundentakt.
10.50 Uhr, Buchbrunn: An der Haltestelle steigen fünf Fahrgäste ein, darunter Hilde (59), auf dem Weg zur Arbeit nach Würzburg. „Der Bus ist eigentlich immer pünktlich“, erzählt sie, beklagt aber das nur schwer verständliche Bordinformationssystem. Und sie hat Recht: Das System rechnet bereits seit Markt Bibart zunehmende Verspätung vor. Doch der Bus fährt minutengenau.
11.08 Uhr, Rottendorf: Meine Rückfahrt ist zu Ende. Der freundliche Fahrer lächelt und winkt zum Abschied. Er scheint ein wenig stolz darauf, dass er seine Tour – zumindest bis Rottendorf – minutengenau chauffiert hat.
Fazit: Die Bahn hat nicht zu viel versprochen. Beide Busse waren am Ende auf die Minute am Ziel. Sie boten zwar die Möglichkeit, Fahrräder mitzunehmen, doch es gab dafür keine Nachfrage. Von der in Zügen oft beklagten funktionslosen Klimaanlage war nichts zu merken. Erst beim Aussteigen in die mittägliche Hitze spürte man, dass die Anlage unhörbar vor sich hingewerkelt hat und die Temperaturen auf angenehmem Niveau hielt. Das Interieur ist ansprechend, anders als ein Zug schaukelt der Bus jedoch sehr stark. Wenn die Sanierungsarbeiten an der Bahntrasse weiter im Plan verlaufen, werden Reisende zwischen Rottendorf und Neustadt/Aisch ab dem 5. August wieder auf der Schiene fahren können. Dann ist dort die Zeit des regelmäßigen Ersatzverkehrs und der Expressbusse vorbei.
Bei der Frage nach einer Toilette bekam ich ein müdes Lächeln. Bus mit WC ? Na sowas ?
In Kitzingen gibt es aber keine Rampe. Da muss die Rampe auf den Fahrweg herabgelassen werden. 18% Steigung . Das schafft man nicht alleine. Die Fahrer sollten eigentlich helfen. Meist sind es Mitfahrer die schieben ! Dann muss man angewickelten Arm die Haltestange
umgreifen mit der Recht Hand. Wenn das nicht geht (Probleme) kann der Rollstuhl bei einer
Notbremse nicht so fest gehalten werden. Es gibt nur hinter den Rollstuhl eine Prallplatte.
In Reisebussen oder Kindertransportbusse wird angeschnallt. Gibt es bei der DB nicht.
Es wird Zeit, das in Kitzingen mindestens das Gleis 01 auf die Einstiegshöhe des Regionalzuges erhöht wird /ausgebaut) auf 75 cm (jetzt 55 cm). Dann kann man barrierefrei einsteigen. Aber
vor 2029 oder 2030 wird die Bahn wohl erst mit dem Ausbau des Kitzinger Bahnhofs beginnen !
nach unserer Info ist es ab dem 5. August, aber wir haken sowieso nochmal nach bei der Pressetelle der Bahn, ob alles nach Plan läuft.
Viele Grüße
Barbara Herrmann, Redaktion Kitzingen
Ich freue mich aber, wenn die Bahn wiederkommt, denn die Fahrzeiten mit dem RE sind natürlich unschlagbar. Man muss aber auch sagen, dass der SEV super durchdacht ist - daher ein großes Dankeschön an die Leute, die da mitgedacht haben. Aber ich werde schon ein bisschen die Verbindung vermissen, die auf die S-Bahn in Neustadt abgestimmt ist.
Letztes Wochenende war ich allerdings mit dem RE nach Bamberg hin und zurück mit drei Kindern und Gepäck unterwegs, das war schlicht eine Zumutung: der Zug war übervoll. Schon bei der Buchung kam der Hinweis auf hohe Auslastung, daher buchten wir1. Klasse, zu der auf dem Rückweg gar nicht vor Überfüllung gelangten. In Schweinfurt mussten noch zusätzlich viele Reisende aufgenommen werden; weil der Quetschvorgang etwas dauerte, hatte der Zug dann Verspätung.
Eingesetzt wurde ein relativ kleiner RegionalExpress ohne größere Gepäckablagen. Wenn die Bahn dies schon als Ausweichroute Würzburg-Nürnberg einsetzt, und in ihrer Buchungsmaske schon auf hohe Auslastung hinweist, frage ich mich, warum nicht Züge mit mehr Kapazität, z. B. Doppelstockwagen oder längere Traktionen, eingesetzt werden.
Fazit: diesen Zug nehme ich nicht
Das ist ein Kritik Punkt den ich extrem oft zu den SEVs höre. In Dettelbach sind die Leute teilweise für eine Stunde oder mehr gestrandet weil die Busse einfach vorbei fahren.
Ab Kitzingen funktioniert aber, nach anfänglichen Startschwierigkeiten, wirklich alles sehr gut!
unser Reporter war da gerade im Gespräch, in seiner Erinnerung hat der Bus bei dieser fahrt aber den Abstecher nach Dettelbach gemacht. Aus- oder zugestiegen ist dort aber niemand.
Viele Grüße
Barbara Herrmann, Redaktion Kitzingen