Emanzipation hin, Gleichstellung der Frau in der Gesellschaft her: Auch in diesen Zeiten gibt es immer noch Bastionen, in denen Frauen absolut unterrepräsentiert sind. So bilden Frauen auch in den insgesamt 103 Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Kitzingen nur eine Minderheit unter den rund 3600 Einsatzkräften. Noch dünner wird die Frauenquote auf Führungsebene: Es gibt bayernweit zwar mehrere Kreisbrandmeisterinnen, aber in Kerstin Schmidt aus dem oberfränkischen Weidenberg nur eine einzige Kreisbrandinspektorin. Nach einer Kreisbrandrätin sucht man im Freistaat bisher vergeblich.
Die Gerlachshäuserin Annette Hillenbrand ist die einzige 1. Kommandantin im Landkreis. Mit in der Verantwortung stehen noch die Vize-Kommandantinnen Andrea Neubert (Iphofen), Klara Böhm (Ilmenau) und Manuela Schimmel (Neuses am Berg). Alles taffe Frauen, die in der Männer-Domäne Feuerwehr verantwortungsvolle Posten bekleiden. Die Freiwillige Feuerwehr Iphofen ist eine der großen Stützpunktwehren des Landkreises, und Kommandant Stefan Melber hat in Andrea Neubert eine sehr kompetente Stellvertreterin. Sie ist die Tochter des einstigen Vereinsvorsitzenden Georg Neubert und dem Verein 1981 über den Feuerwehr-Musikzug beigetreten. Ein halbes Jahr später meldete sie sich zusammen mit der damaligen Kommandanten-Tochter Sonja Woda als erste Frau für die Wehr an.
Damals tickten die Uhren noch etwas anders, denn ob die Frauen zu Aktiven werden durften, darüber musste der Verwaltungsrat befinden. "Wir wurden aufgenommen, aber mein Vater hatte damals gegen unsere Aufnahme gestimmt", erzählt Andrea Neubert. Sie wurde später Truppführerin, absolvierte 1995 den Gruppenführerlehrgang und stieg 2012 zur Vize-Kommandantin auf. "Wir ergänzen uns bestens", sagt die Co-Chefin über die Zusammenarbeit mit Stefan Melber.
Sie hebt hervor, dass in der Iphöfer Wehr weitere Frauen ihre Kompetenzen in Führungspositionen einbringen. So sind unter den zwölf weiblichen Aktiven fünf Gruppenführerinnen, eine Jugendwartin und vier Atemschutzträgerinnen. "Für ein anderes Hobby bleibt da wenig Zeit", sagt die 52-Jährige über ihr ehrenamtliches Engagement in der Stützpunktwehr. "Ich fühle mich nach Einsätzen gut, wenn wir Menschen in Not helfen konnten." Daraus schöpft Andrea Neubert immer wieder aufs Neue Motivation.
Bei Annette Hillenbrand und Klara Böhm waren die Väter der Grund dafür, dass ihre Töchter Feuerwehrfrauen wurden. "Mein Vater hat mich als Kind oft zu Übungen mitgenommen, und so kam ich schon als 16-Jährige zur Jugendwehr", schildert die Annette Hillenbrand ihren Einstieg. Sie wurde mit 18 Jahren Maschinistin, drei Jahre später zweite Kommandantin und stieg 1999 zur Chefin auf. Vor zwei Jahren hat sie auch noch den Vereinsvorsitz übernommen.
"Man hat schon zu knabbern, wenn man tödliche Unfälle erlebt", bekennt die Gerlachshäuserin. Sie fühlt sich aber bei Kameraden gut aufgehoben und weiß das Wirken der Notfallseelsorger zu schätzen. Annette Hillenbrand ist keine Arbeit in der Wehr zu viel, und so gibt die 44-Jährige ihren beiden Töchtern ein leuchtendes Beispiel. In ihre Fußstapfen treten Cäcilia (Jugendwehr) und Anna-Lucia (Kinderwehr).
Klara Böhm aus dem Geiselwinder Ortsteil Ilmenau entstammt einer Feuerwehrfamilie. Ihr Vater Johann Böhm stand einst an der Spitze der aktiven Wehr, heute sind sein Sohn Matthias Böhm erster Kommandant und dessen Schwester Klara Stellvertreterin. Zudem ist sie die Schwägerin des Kreisbrandmeisters Bernhard Werner. "Der Posten macht mir seit 2007 Spaß", sagt die 61-Jährige. Sie kennt auch die ordentliche Frauenquote bei der Hauptwehr in Geiselwind. Dort rekrutierte sich um die Kommandanten-Gattin Rosa Sperber 1975 eine der ersten reinen Frauen-Feuerwehrgruppen im Landkreis, die später auch alleine zu Einsätzen ausrückte und Leistungsabzeichen ablegte.
Manuela Schimmel kam Ende der 1990er-Jahre zur Freiwilligen Feuerwehr in Neuses am Berg, erklomm mehrere Stufen der Karriereleiter als Jugendwartin und Gruppenführerin. 2018 stieg die 54-Jährige zur Stellvertreterin des Kommandanten Johannes Kohlhaupt auf.
Während bayernweit nur acht Prozent der Dienstleistenden weiblich sind, geben die Sommeracher ein bemerkenswertes Gegenbeispiel. Sie sind mit 14 Frauen in der Relation wie auch in der absoluten Zahl Spitzenreiter im Landkreis. Im Jahr 1997 hatte der damalige Kommandant Burkhard Östreicher bei einigen Frauen und Partnerinnen aktiver Kameraden Gehör gefunden. Zur Freude des heutigen Kommandanten Andreas Drescher sind Frauen auf der Weininsel Normalität und tun dem Kollektiv gut.
In Großlangheim ist Roswitha Hadwiger eine von vier Frauen im Vereinsvorstand. Sie ist seit 19 Jahren aktive Feuerwehrfrau und genauso lange auch Vereinsvorsitzende. Der Maschinistin Christine Menth, die das große Löschfahrzeug fährt, zollt Hadwiger ebenso Respekt wie anderen Frauen, die in der Kinderwehr erstklassige Betreuungsarbeit leisten. Landkreisweit gibt es in vielen Feuerwehrvereinen weibliche Vorstandsmitglieder, und immer wieder sind dort Jugendwartinnen anzutreffen.
"Es gibt genug Arbeit bei uns, und jede Frau ist uns willkommen", sagt Kreisbrandrat Roland Eckert. Die Sichtweisen von Frauen tun jedem Gremium gut, Frauen haben oft einen ausgleichenden Charakter, Frauen bringen zwischenmenschliche Kompetenzen mit, Frauen können dazu beitragen, Wehrstärken zu sichern und auch die tagsüber teilweise prekäre Situation lindern, dass es an Einsatzkräften fehlt. Deshalb ist die Kampagne "Frauen zur Feuerwehr" des Landesfeuerwehrverbandes nur zu unterstützen.
Dass Frauen mit Kompetenzen und Führungsstärke überzeugen, beweist die stellvertretende Ortsbeauftragte Eva Carlone bei der Kitzinger Ortsgruppe des Technischen Hilfswerks (THW), einer anderen Rettungsorganisation innerhalb der Blaulichtfamilie. "Frauen sind bei uns nicht ungewöhnlich", sagt Ortsbeauftragter Alexander Fischer und verweist auf die Truppführerinnen Jessica Bonic, Amelie Dorberth und Samara Schwertl.
Der Kitzinger THW-Chef weiß um die fachlichen Qualitäten von Eva Carlone, die sich binnen sieben Jahren von der Junghelferin zu Fischers Stellvertreterin hochdiente. "Sie war keine Vorgesetzte, sondern eine anerkannte Führungskraft", erklärt Fischer. Er bedauert, dass Eva Carlone den Rückzug zur einfachen Helferin angetreten hat, weil das zeitaufwändige Ehrenamt im THW für sie nur noch schwer mit Familie und Beruf zu vereinbaren war.