Hanjo von Wietersheim ist ein Notfallseelsorger der ersten Stunde im Landkreis Kitzingen. Der 61-jährige Iphöfer ist Kirchenrat und landeskirchlicher Beauftragter für Notfallseelsorge der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern sowie Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) im Landkreis Kitzingen. Das Drama um den Unfalltod des Kitzinger Feuerwehrkommandanten Markus Ungerer bekam er aus nächster Nähe mit.
Frage: War der Unfalltod des Kitzinger Feuerwehrkommandanten Markus Ungerer Ihr bisher schwerster Fall als Notfallseelsorger?
Hanjo von Wietersheim: . Heute ist die Psychosoziale Notfallversorgung – kurz PSNV – im Landkreis Kitzingen so gut aufgestellt, dass sich die Belastung auf viele Schultern verteilt. Zusammen mit unserem Einsatzleiter war ein Team an der Unfallstelle, um die Einsatzkräfte der Feuerwehr, der Polizei und des Rettungsdienstes zu unterstützen. Dieses Team gestaltete auch die Aussegnung, nachdem der Verstorbene aus dem Unfallfahrzeug geborgen war. Ein weiteres Team fuhr zusammen mit der Polizei zu den Angehörigen und betreute sie in den ersten Stunden. Ich war im Haus der Feuerwehr Kitzingen und begleitete dort die Einsatzkräfte. Einige Tage nach dem Unfall hatten wir noch eine Nachbesprechung mit Einsatzkräften aus Feuerwehr und Rettungsdienst. Insgesamt waren zwölf Mitarbeitende der PSNV in diesen Einsatz involviert.
In diesem Fall waren viele Feuerwehrleute betroffen. Gab es eine besondere Strategie?
Wietersheim: Die Einsatzkräfte de Rettungskräfte helfen sich im Wesentlichen selber. Sie können sich aufeinander verlassen und sind Gesprächspartner füreinander. Unsere Aufgabe ist es, sie zu begleiten, Anstöße zu geben für hilfreiche Aktionen und strukturierte Gespräche in einem sicheren Rahmen anzubieten. Dafür werden die Mitarbeitenden der PSNV speziell ausgebildet.
Was verändert sich nach einem solchen Drama bei den Helfern?
Wietersheim: Die Einsatzkräfte – auch aus der PSNV –trauern um Markus Ungerer. Er war uns in vielen gemeinsamen Einsätzen ein zuverlässiger und wichtiger Partner. Für viele Feuerwehrleute war er ein langjähriger guter Freund. Als Einsatzleiter vor Ort war er immer wieder auch für unsere Sicherheit verantwortlich. Sein Tod macht uns deutlich, dass jede Autofahrt tödlich enden kann. Oft genügt schon eine kleine Unaufmerksamkeit oder ein leichtes Verziehen des Steuers. Jeder von uns wird in den Tagen nach Markus' Tod vorsichtiger und langsamer gefahren sein als vorher.
Sein Tod macht uns betroffen, weil er uns auch unsere eigene Verletzlichkeit und Sterblichkeit vor Augen führt. Und für unsere Angehörigen wird deutlich, dass jeder Einsatz mit Risiken verbunden ist. Der Tod von Markus schweißt aber auch die Einsatzkräfte zusammen. Wir merken, dass wir füreinander sorgen können, dass wir einander helfen können, dass wir aufeinander angewiesen sind. So wird der Tod von Markus uns allen helfen, gemeinsam unsere Arbeit in den Rettungsorganisationen noch sorgfältiger auszuüben.
Wann kommen Sie an ihre Grenzen?
Wietersheim: Das ist ganz unterschiedlich. Je nachdem, wie gut ich drauf bin oder was alles schon gewesen ist, kann ich an dem einen Tag mehr, an dem anderen Tag weniger ertragen.
Wie wahren Sie Distanz?
Wietersheim: Als Notfallseelsoger muss man immer die richtige Balance zwischen Betroffenheit und Distanz finden. Ich muss im Einsatz immer den Überblick behalten und das Geschehen gewissermaßen von außen betrachten. Gleichzeitig muss ich den Betroffenen deutlich machen, dass ich bei ihnen bin, ihre Betroffenheit oder ihr Leid wahrnehme und es zusammen mit ihnen aushalte. Wenn ich nur distanziert bin, kann ich niemanden menschlich begleiten. Wenn ich zu tief in das Leiden der anderen einsteige, kann ich ihnen nicht helfen. Es ist extrem wichtig, dass ich meine Aufgabe im Einsatz auf einen Bereich begrenze. Also: Nur die Einsatzleitung oder nur die Betreuung von Betroffene oder nur die Unterstützung der Einsatzkräfte.
Braucht ein Notfallseelsorger auch mal Hilfe?
Wietersheim: Selbstverständlich brauchen Einsatzkräfte der PSNV auch selber Hilfe. Trotz aller Ausbildung und trotz aller organisatorischen Hilfen kann es jederzeit vorkommen, dass jemand von uns überlastet wird und persönlich Hilfe braucht. Dafür haben wir Vorsorge getroffen.
Hat sich mit Ihrer Arbeit Ihr Blick auf den Tod geändert?
Wietersheim: Durch meine Herkunft aus einer Soldatenfamilie und durch meine früheren Berufe als Polizist und als Rettungsassistent hatte ich schon immer ein sehr nahes Verhältnis zum Tod. Er gehört zu meinem Leben dazu. Und natürlich bin ich auch als Pfarrer immer wieder mit dem Tod konfrontiert. Für mich ist es wichtig, trotz der vielen Toten, trotz der möglichen und der tatsächlichen Katastrophen und trotz des Leidens vieler Menschen auch die fröhlichen und schönen Seiten unseres Lebens zu sehen. Dazu gehört es, zusammen mit anderen zu feiern, die Liebe und Zuneigung meiner Frau und meiner Familie zu genießen und jeden Tag dankbar zu sein für all das, was ich geschenkt bekomme und was ich für andere tun kann.
Welche Eigenschaften braucht man als Notfallseelsorger?
Hanjo von Wietersheim: Ruhe behalten auch in stressigen Situationen. Aushalten können, dass man manchmal nichts tun kann, außer bei den leidenden Personen zu sein. Die eigenen Stärken, Schwächen und Grenzen akzeptieren und – wenn möglich – rechtzeitig weitere Hilfe herbeiholen.
Seit wann sind Sie Notfallseelsorger - und wie viele Einsätze hatten Sie seither?
Wietersheim: Notfallseelsorger bin ich seit 28 Jahren – da kann ich die Anzahl der Einsätze nicht mehr zählen.
Wie läuft ein Einsatz normalerweise ab?
Wietersheim: Ein Einsatz für uns beginnt immer mit der Entscheidung einer Führungskraft oder der Integrierten Leitstelle, dass am Einsatzort psychosoziale Notfallversorgung benötigt wird. Die Notfallseelsorge ist ein Teil davon. In der Regel wird immer ein Team, also mindestens zwei Mitarbeitende, eingesetzt. Im Einsatz betreuen wir die Betroffenen oder wir begleiten auch die Einsatzkräfte der Rettungsorganisationen.
Wie helfen Sie konkret?
Wietersheim: Unsere wesentliche Tätigkeit ist die persönliche Anwesenheit. Wir halten die Situation zusammen mit den Betroffenen aus. Manchmal können wir helfen, indem wir erklären, warum die Rettungsorganisationen was machen oder indem wir Betroffene an weiterhelfende Stellen vermitteln. Wir helfen den Betroffenen, hilfreiche Personen aus ihrer Familie oder aus ihrem Bekanntenkreis zu informieren und so das eigene soziale Netz aufzubauen.
Die Einsatzkräfte mit kirchlichem Hintergrund kennen natürlich kirchliche Rituale. Sie beten zusammen mit den Betroffenen oder segnen die Verstorbenen. Ganz anders ist die Begleitung von Einsatzkräften der Rettungsorganisationen nach belastenden Situationen. Einsatzkräfte reagieren anders auf Unfälle und für ihre Begleitung müssen unsere Mitarbeitenden eine gesonderte Ausbildung durchlaufen. Eine Besonderheit des PSNV-Teams im Landkreis Kitzingen besteht übrigens darin, dass wir relativ viele Frauen in unseren Reihen haben. Das ist natürlich besonders gut für die Betreuung von betroffenen Frauen.
Wie oft und in welchen Fällen kommen Sie zum Einsatz?
Wietersheim: Im vergangenen Jahr hatte die PSNV im Landkreis Kitzingen 74 Einsätze. Die meisten davon waren innerhäuslich, etwa das Überbringen einer Todesnachricht zusammen mit der Polizei oder die Betreuung von Hinterbliebenen nach einem plötzlichen Todesfall. Häufig werden wir aber auch bei Verkehrsunfällen oder nach einem Suizid alarmiert.
Wie viele Notfallseelsorger gibt es im Landkreis Kitzingen?
Derzeit haben wir 26 Mitarbeitende. 13 sind hauptamtliche oder ehrenamtliche kirchliche Mitarbeitende, die anderen kommen aus den verschiedenen Rettungsorganisationen. Wir arbeiten organisationsübergreifend und gleichberechtigt miteinander zusammen.
Wie kamen Sie zur Notfallseelsorge?
Wietersheim: Bevor ich Pfarrer wurde, war ich Polizeibeamter und Rettungsassistent und seit ich Pfarrer bin, arbeite ich ehrenamtlich in der Feuerwehr mit. Bei den Feuerwehreinsätzen stellte sich sehr schnell die Frage, wer sich um Betroffene oder um die Hinterbliebenen kümmert. Da es damals noch keine entsprechenden Strukturen gab, entwickelte ich zusammen mit einem Kollegen vor knapp 30 Jahren die Notfallseelsorge und später auch die Seelsorge für Einsatzkräfte.
Die offizielle Trauerfeier für den verstorbenen Kitzinger Feuerwehrkommandanten Markus Ungerer findet am Montag, 14. Januar, um 14 Uhr in der evangelischen Stadtkirche in Kitzingen statt, die Beisetzung im engsten Familienkreis.
hat in der Öffentlichkeit so grosses Interesse den Unglücksfall
bis ins kleinste Detail zu erfahren
lassen wir doch bitte die Spekulationen
unsere Gedanken und mitgefühl sollten bei der Familie sein
lassen wir doch bitte allen angehörigen die zeit der trauer
anderer Fahrer verletzt !
Außerdem kann es ja auch sein, dass man es noch gar nicht weiß.
Ich kann auch nur spekulieren: An der Stelle ist eine leichte Bodenwelle und ebenso leichte Biegung. Es war glatt und der heckgetriebene BMW ist einfach hinten ausgebrochen.