
Wie unzählige Male zuvor wollte eine Kitzingerin von ihrem Wohnort am Mainkai aus am Mittwochfrüh mit dem Auto losfahren. Doch diesmal ließ sich der Wagen nicht lenken. Der Mainkai war von einer spiegelglatten Eisschicht überzogen. Die Frau schaffte es gerade noch rechtzeitig, aus ihrem Fahrzeug zu springen, bevor der Passat im Main landete.
"Ich kann das noch gar nicht realisieren", meinte sie wenig später. Gemeinsam mit ihrem Partner, der nicht im Auto gesessen war, verfolgte sie die Bergungsaktion am Ufer. Ihr Fahrzeug sei innerhalb weniger Sekunden direkt auf den Fluss zugeschlittert. Sie habe keine Zeit zum Überlegen gehabt, sondern habe instinktiv gehandelt. Handy, Schlüssel und die Dekoration für ihren baldigen Geburtstag – alles blieb im Auto liegen. "Ich bin nur froh, dass unser Kind nicht mit im Auto saß. Ich weiß nicht, was ich dann gemacht hätte. Es ging alles ganz schnell."

Der Passat trieb erst etwa 200 Meter ab, bevor er in Höhe der Alten Synagoge im trüben Mainwasser versank. Dort arbeiteten insgesamt 40 Mitglieder von Wasserwacht, THW und Feuerwehr Kitzingen Hand in Hand, um das Fahrzeug zu verankern und mit einem Kran aus dem Wasser zu ziehen. Wie schwierig dieses Unterfangen im trüben und eiskalten Main war, erlebten die Taucher der Wasserwacht hautnah.

"Die Strömung ist stärker als man denkt", sagte Eva Riedel, ehrenamtliche Einsatztaucherin der Wasserwacht, als sie nach einer Stunde wieder aus dem Fluss stieg. An zwei der vier Autoräder hatte sie Bergeseile angebracht, dann löste Kollege Gero Müller sie bei der anstrengenden Unterwasser-Arbeit ab.
"Man sieht die Hand vor Augen nicht"
"Man sieht da unten die Hand vor Augen nicht", berichtete die Repperndorferin, die in der Uniklinik Würzburg arbeitet und sich sofort nach der Alarmierung um 7.43 Uhr auf den Weg zur Unglücksstelle gemacht hatte. "Wegen der Strömung muss man sich gleichzeitig am Fahrzeug festhalten und vortasten, bis man das Anschlagwerkzeug an den Felgen einhaken kann."

Harald Wanner, Einsatzleiter Wasserrettung, bezeichnete die Bergung zwar als ungewöhnlichen Einsatz, aber er erinnert sich auch an einen ähnlichen Fall einige Jahre zuvor. In Kitzingen liegen etliche Garagen und Parkmöglichkeiten direkt am Mainkai, so dass es in der Vergangenheit bereits "abtauchende Autos" gegeben habe.
Gefahr für die Schifffahrt bannen
Auch Kevin Gimperlein, Einsatzleiter der Feuerwehr Kitzingen, war entspannt, da es sich nur um einen Bergeauftrag handelte: "Es war von Anfang an klar, dass keine Personen mehr im Fahrzeug sind. Es ging also darum, die Gefahr für die Schifffahrt zu bannen." Anfangs habe man das Auto im Main noch einigermaßen gut orten können, doch als dessen Elektronik im Wasser versagte und die Scheinwerfer ausgingen, war man auf die Taucher angewiesen.

Knapp drei Stunden nach dem Unfall wurden die Fahrerin und ihr Mann Zeuge, wie ihr grauer Passat am Kranhaken langsam, Stück für Stück, wieder Land unter die Räder bekam. Als sie sah, dass ihr Handy und der Schlüsselbund sich noch im Wagen befanden – da die Heckklappe zuvor geöffnet war, war dies nicht selbstverständlich – kehrte ein bisschen Farbe ins Gesicht der geistesgegenwärtigen Fahrerin zurück.
Sie, die alles richtig gemacht und das Fahrzeug schnellstmöglich verlassen hatte, war "einfach nur froh und dankbar, dass alles so ausgegangen ist". Und auch ohne die Dekoration, die der Main mit sich gerissen hat, wird ihr Geburtstag sicher ein besonderer werden.