Exakt 94,19 Gramm Marihuana hat ein damals 16-Jähriger für gerade mal 300 Euro in Frankfurt gekauft. Die Freude über den guten Preis für eine gute Qualität währte allerdings nicht lange. Auf der Fahrt zurück in den Landkreis Kitzingen wurde er im Zug kontrolliert und mit dem Rauschgift in der Tasche erwischt. Zwei Jahre später saß er auf der Anklagebank des Jugendschöffengerichts in Kitzingen – nicht nur wegen des Frankfurter "Schnäppchens".
In der relativ langen Zeit bis zur Verhandlung ist noch einiges dazu gekommen. In mehreren Anklagen ging es schließlich um unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln und das "in nicht geringer Menge". Die Überschreitung dieser Menge macht aus einem Vergehen ein Verbrechen, Mindeststrafe ein Jahr. Dazu kamen Widerstand gegen - und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Bei der Aktion kamen noch eine versuchte Körperverletzung und Beleidigung in vier Fällen dazu. Weil er zudem noch mit einem illegalen Springmesser erwischt wurde, rundete ein Verstoß gegen das Waffengesetz die Anklage ab.
Den ersten Kontakt zu Drogen hatte der junge Mann mit 13 oder 14 Jahren
Die hörte sich der 18-Jährige an und ließ seinen Pflichtverteidiger mitteilen: "Die Anklagen sind richtig und werden eingeräumt." Allerdings mit einer wesentlichen Einschränkung: "Er wollte nie etwas weiterverkaufen, das Marihuana war für den Eigenkonsum gedacht." Eine Aussage, der das Gericht am Ende mangels weiterer Hinweise auf den Verkauf der Drogen folgte. So blieben statt des Handeltreibens der unerlaubte Besitz und der Erwerb. In der Menge ist der auch nach der Legalisierung von Cannabis eine Straftat.
Mit Drogen kennt sich der junge Mann aus. Mit 13 oder 14 Jahren hatte er nach eigenen Angaben erste Kontakte damit. Betäubungsmittel spielten seither eine Rolle. Der Frankfurter Einkauf sollten den Bedarf für ein bis zwei Monate decken, sagte er und auch heute nimmt er weiter Drogen: "Eine richtige Abneigung habe ich nicht dagegen."
Ob es die Drogen allein waren, blieb offen. Aber klar war: Der 18-Jährige hat bisher so gut wie nichts auf die Reihe gebracht. Nach einem einigermaßen vernünftigen Abschluss der Mittelschule trat er zwei Ausbildungen an und flog zweimal raus. Die Eltern sind geschieden: Einfluss haben nach Auskunft der Jugendgerichtshilfe weder der Vater noch die Mutter. Und auch alle anderen bisher eingeschalteten Stellen tun sich schwer. Dass der junge Mann Probleme habe, sei offensichtlich. Hilfsangebote gab es viele, angenommen wurden keine, nach dem Motto: "Ich komme selber klar."
Ohne Druck wird es keine Einsicht geben
Davon aber ist er nach Einschätzung der Fachleute weit entfernt. "Er braucht Druck, sonst passiert gar nichts", fasste der Vertreter der Jugendgerichtshilfe zusammen. Der wollte auch schädliche Neigungen, eine Voraussetzung für eine Jugendstrafe, nicht ausschließen. Immerhin, gebe es wieder einmal eine Idee: Der Vater habe dem Sohn einen Ferienjob besorgt. Wenn er sich da bewährt, könnte direkt ab Herbst eine Ausbildung folgen.
Beim nötigen Druck setzte das Gericht an und nutzte eine Möglichkeit des Jugendstrafrechts. Unter dem Vorsitz von Wolfgang Hülle stellte das Jugendschöffengericht die Schuld des Angeklagten fest. Die Verhängung einer Jugendstrafe wurde allerdings zur Bewährung ausgesetzt. Die läuft zwei Jahren, ein Bewährungshelfer wird zum Ansprechpartner. Dazu die Auflagen: Der Mann muss unverzüglich den Ferienjob antreten und das monatlich nachweisen und er muss die geplante Ausbildung antreten und durchziehen. Schafft er das, ist die Sache vom Tisch.
"Jetzt liegt es ganz allein an ihnen", sagte Hülle am Schluss. Mit dem Urteil konnten alle leben. Es ist rechtskräftig.