Der 30-Jährige kennt seit seiner Jugend Haftanstalten von innen. Sein Problem sind seit Jahren der Alkohol und die Drogen. Hat er zu viel davon, läuft es fast immer nach dem gleichen Muster ab. Nach einer Kleinigkeit, einem Diebstahl oder einer Sachbeschädigung, wird die Polizei gerufen. Dann eskaliert die Situation. Am Ende stehen verletzte Polizeibeamte und eine Serie von Straftaten. Einige davon hat das Amtsgericht in Kitzingen – wieder einmal – verhandelt. Vier Anklagen waren es diesmal, bei allen war der Angeklagte "hochgradig alkoholisiert".
Auch diesmal standen am Ende Haftstrafen, zweimal zwei Jahre. Dabei hat das Gericht eine gutachterlich bestätigte "verminderte Schuldfähigkeit" wegen der Drogenprobleme mit "eingepreist". Bewährung gab es keine mehr. Dafür eine weitere Chance für den Vater eines kleinen Kindes: Richterin Ingrid Johann verurteilte ihn nicht nur zu Freiheitsstrafen, sondern ordnete auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an.
Die Erfolgschancen in der Entziehungsanstalt sind offen
Trotz aller bisher negativen Erfahrung mit dem Mann und eher offener Erfolgschancen der Therapie hat sie sich zu diesem Schritt entschlossen. "Ich bin der Ansicht, dass Sie es schaffen können und die Unterbringung erfolgreich sein kann", sagte die Richterin. Deshalb gab es die Chance, "sich für das Leben zu entscheiden".
Ähnlich dramatische Worte hatte schon die Gutachterin gewählt. Sie bestätigte dem Angeklagten nicht nur die verminderte Schuldfähigkeit, sondern auch die Abhängigkeit von verschiedenen Substanzen. Die Erfolgsaussichten einer Langzeittherapie ließ sie nach mehreren Abbrüchen offen, sagte aber auch: "Man muss ihm helfen, sonst geht er seinem Untergang entgegen. Er ist zu jung zum Sterben."
Eine Faust ins Gesicht, Tritte gegen Polizisten
Wozu der Mann fähig ist, wenn er "auf Alkohol ist", zeigten die Anklagen. Die Abläufe waren ähnlich. Im November 2022 schlug er einem Bekannten mit der Faust ins Gesicht. Als die Polizei kam, eskalierte die Sache: Schläge und Tritte gegen die Beamten, Widerstand, Angriff auf Vollstreckungsbeamte, vorsätzliche Körperverletzung, dazu Beleidigung und Bedrohung in mehreren Fällen. Das ging so weiter bis in die Ausnüchterungszelle.
Am März 2023 war der kleine Anlass der Diebstahl von zwei E-Zigaretten und Getränkedosen in einer Tankstelle. Die Polizei wurde gerufen und am Ende standen dieselben Straftaten in der Anklage wie im November, nur mit anderen Betroffenen. Das gilt auch für den 8. August 2023. Wieder eine Tankstelle, wieder ein kleiner Diebstahl und dann wieder das volle Programm. Auch am 4. September 2023 lief es ähnlich. Da war der Anlass eine Sachbeschädigung, wieder in der Nähe einer Tankstelle. Wieder kam die Polizei, wieder eskalierte alles. Der Rest liest sich wie oben.
Cannabis, Amphetamin und Alkohol: Er kann sich an nichts mehr erinnern
Die Straftaten räumte der 30-Jährige über seinen Anwalt ein, allerdings mit Einschränkungen. "Er kann sich aber nur noch diffus erinnern", sagte der Verteidiger. In allen Fällen habe der Alkohol, in manchen zusätzlich Amphetamin und oder Cannabis eine Rolle gespielt. Der Mann hatte zu den Tatzeiten jeweils weit über zwei Promille im Blut, so der Verteidiger.
Dass das Verfahren trotz der vier Anklagen und umfangreichen Akten zügig geschlossen werden konnten, lag wohl an einem Rechtsgespräch zwischen den beteiligten Juristen. Danach und nach dem, wenn auch lückenhaften, Geständnis konnte auf Zeugen und eine umfangreiche Beweisaufnahme verzichtet werden. Am Ende gab es zwei Freiheitsstrafen. Einmal wurde eine Gesamtfreiheitsstrafe des Amtsgerichts vom März 2023 aufgehoben und zusammen mit einer der neuen Straftaten neu gebildet. Die weiteren zwei Jahre sind das Ergebnis der drei Aufritte und Eskalationen. Jetzt ist der 30-Jährige dran, seine vielleicht letzte Chance zu nutzen.
So viel Fingerspitzengefühl hätt ich mir auch von den Richtern / Richterinnen im Fall Uli Hoeneß gewünscht, weil er mit seiner Zockerei am Finanzmarkt nach eigener Aussage der Spielsucht verfallen war, und den Überblick über die zu versteuernden Gewinne verloren hat.
gez. R. König
Eine sehr erfreuliche Ansicht.
ich denke wir werden noch öfters von ihm lesen!
leider