Bernhard Etzelmüller hat seinen 60. Geburtstag gefeiert und ebenfalls das 40. Jahr als Geschäftsführer der Wiedenmann Seile GmbH. Schon in jungen Jahren wurde der Marktstefter Unternehmer in die Verantwortung genommen und bekam die Firma von seinem Vater übertragen. Das Unternehmen selbst ist freilich deutlich älter: Am 25. April 1812 machte sich ein Nördlinger Seilermeister in Fürth selbstständig und stellte Hanfseile her.
Seile halten, verbinden, sichern. Aus dieser simplen Gründeridee entwickelte sich in zwei Jahrhunderten ein Spezialist für Hebe- und Sicherheitstechnik unterschiedlicher Art. Das berichtet der geschäftsführende Gesellschafter Bernhard Etzelmüller, als kürzlich das IHK-Gremium Kitzingen, dessen stellvertretender Vorsitzender er ist, bei ihm zu Gast ist.
Inzwischen ist Wiedenmann an fünf Standorten in West-, Ost- und Süddeutschland. 182 Beschäftigte verteilen sich über diese Zweigstellen; nahezu 100 davon arbeiten am Stammsitz in Marktsteft. Wiedenmann betreut rund 4500 Kunden. Wiedenmann sieht sich als Servicepartner und Systemlieferant. Beim Betriebsrundgang verstehen die Besucherinnen und Besucher nach und nach, welche Bandbreite die Firma abdeckt.
Sie liefert vom Ratschen- über den Klettergurt bis zur vollständigen Seilsicherung für Arbeitsplätze in luftiger Höhe viele Produkte im Taschenformat. Betritt man allerdings die Werkhalle des Stahlbaus, dann liegen dort Traversen, die 180 Tonnen Gewicht tragen können und die halbe Halle ausfüllen.
Viele Wiedenmann-Produkte sind Spezialanfertigungen
Dass es weder im Kleinen noch im Großen um triviale Anforderungen geht, zeigt ein anderes Bauteil. Aktuell fertigt das Unternehmen für den Optik-Spezialisten Zeiss Arbeitsgeräte, die Reinraum-Bedingungen für die Chip-Produktion erfüllen müssen. Hightech also.
Wiedenmanns Stärke: der individuelle Zuschnitt auf den Kunden. Nicht selten sind die Produkte Spezialanfertigungen, die genau einmal hergestellt werden. Und während ein Sicherheitsgurt ein paar wenige Euro kostet, sind bei den tonnenschweren Stahlungetümen schnell sechsstellige Summen fällig.
Der Betrieb aus dem Landkreis Kitzingen hat sich aber noch weitere Geschäftsfelder erschlossen, wie Etzelmüller seinen Zuhörerinnen und Zuhörern berichtet. Wiedenmann verkauft nicht nur Produkte der Arbeitssicherheit, sondern schult die Kunden auch in eigenen Schulungszentren in Marktsteft und in der Nähe von Leipzig. Dieser Bereich, in eine Tochterfirma ausgelagert, entwickelt große Dynamik, sagt der Unternehmenschef.
Ein weiteres Betätigungsfeld des Unternehmens hat sich Etzelmüller schon als junger Chef erschlossen: "Als junger Unternehmer habe ich das gemacht, wozu andere keinen Bock hatten", erzählt er. Und das sei vor allem das Prüfen und Reparieren des Materials. "Alles, was wir verkaufen, prüfen, reparieren und schulen wir", so Etzelmüller. Dieser Betriebszweig hat inzwischen eine große Bedeutung, nicht nur wirtschaftlich. Der Unternehmer hält es in vielen Fällen auch für ökologisch sinnvoll, Material zu reparieren statt es wegzuwerfen.
Etzelmüller: Fortschritte in der Digitalisierung des Mittelstands nötig
Ein vergleichsweise neues Kind der Wiedenmänner ist die Produktion einer Software, die es den Kundinnen und Kunden abnimmt, sie an Prüf- und Wartungstermine zu erinnern. Gerade in sicherheitsrelevanten Bereichen müssen Materialien, Werkzeuge und Maschinen regelmäßig geprüft werden, was auch dokumentiert sein muss. Mit der Wiedenmann-Software soll das übersichtlich bleiben und termingetreu erledigt werden. Dabei erachtet es Etzelmüller als Gebot der Fairness, dass er nicht nur sein Unternehmen für die nötigen Prüfungen ins Spiel bringt, sondern der Kundschaft auch auflistet, welche Prüfbetriebe in ihrem Umkreis dafür infrage kommen.
Dieses Thema ist für Etzelmüller allerdings auch Anlass, auf die geringen Fortschritte der Digitalisierung in Deutschland hinzuweisen. Seiner Meinung nach sei hierzulande die Versorgung mit schnellem Internet und der Stand der Digitalisierung schlecht – schlechter jedenfalls als in vielen anderen Staaten. Behörden und viele kleine, mittelständische Betriebe hätten noch viel Nachholbedarf.