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Kitzingen
Der unerklärliche Unfall am Geiselwinder Freefall-Tower
Aus dem Gericht: Verfahren gegen Freizeit-Land-Betreiber Matthias Mölter eingestellt – Zwei zeitgleich gerissene Seile am Kinder-Freefall-Tower bleiben ein großes Rätsel.
Ein Unfall im Freizeitland aus dem Sommer 2017 beschäftigte jetzt die Kitzinger Strafrichterin. Am Ende wurde das Verfahren gegen den Parkbetreiber eingestellt.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand (dpa) | Ein Unfall im Freizeitland aus dem Sommer 2017 beschäftigte jetzt die Kitzinger Strafrichterin. Am Ende wurde das Verfahren gegen den Parkbetreiber eingestellt.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:00 Uhr

Mitte August 2017. Im Freizeitland Geiselwind herrscht an diesem Freitagnachmittag Aufregung. Ein Großaufgebot von Rettungs- und Einsatzkräften rückt an, ein Rettungshubschrauber ist im Landeanflug. Der Grund für den Wirbel: Ein Zwischenfall an einem 17 Meter hohen Freefall-Tower. Der Abenteuerturm, der unter Kinderbelustigung läuft und der kleinste von insgesamt vier Türmen in dem Park ist, sackte aus etwa drei Meter Höhe ab, weil die beiden Stahlseile gerissen waren. In der Gondel befanden sich 16 Fahrgäste, gut die Hälfte davon Kinder. Da sofort ein Sicherungssystem eingriff, das den Sturz bremste, verlief der Unfall letztlich relativ glimpflich. Im Polizeibericht von damals war von neun leicht verletzten Kindern im Alter von sechs bis 13 Jahren zu lesen.

Über zwei Jahre später landete der Fall nun vor Gericht. Die Frage, warum so viel Zeit ins Land gegangen ist, bleibt größtenteils unbeantwortet. Auf der Anklagebank sitzt der Park-Betreiber Matthias Mölter. Der Vorwurf: fahrlässige Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft ist der Meinung, dass die gerissenen Seile "längst hätten ersetzt werden müssen". Außerdem werden acht Verletzte, fast ausschließlich Kinder, aufgelistet. Von Prellungen und Schürfwunden ist die Rede, ebenso von Quetschungen. 

Im Gegensatz dazu zeichnen der Angeklagte und sein Verteidiger ein völlig konträres Bild. Die Blickwinkel könnten nicht unterschiedlicher sein: Es sei "nichts Gravierendes" passiert, bis auf eine Handverletzung sei "alles glimpflich abgegangen", betont der Anwalt . Der Parkbetreiber nutzt die Chance, um ausführlich seine Sicht der Dinge und das Innenleben eines Freizeitparkes zu schildern. Der betreffende Turm, der inzwischen Verkauft ist, befand sich schon mehrere Jahre im Besitz des Schaustellers und war beispielsweise auch mehrfach auf der Wiesn in München im Einsatz. Auffälligkeiten habe es nie gegeben, schon gar keine Seil-Risse, versichert der frühere Besitzer. 

Täglicher Sicherheitstest

Als Matthias Mölter den Freizeit-Park dann Anfang 2017 übernahm, brachte er den Turm als weitere Attraktion zunächst mit auf das Gelände. Prinzipiell, so die Ausführungen des gebürtigen Coburgers, würde jeden Morgen vor der Parköffnung ein Techniker die Sicherheit des Fahrgeschäfts prüfen. Zudem finde einmal pro Woche ein Intensiv-Test statt. Außerdem würden die Seile, wie vom TÜV gefordert, jedes Jahr ausgetauscht. Zum Zeitpunkt des Vorfalls hatten die Seile erst die Hälfte ihrer Lebensdauer hinter sich. Kurzum: Es wurde alles gemacht, was gemacht werden kann.

Als Matthias Mölter an jenem Unfall-Nachmittag am Turm eintraf, hätten sich fast alle der 16 betroffenen Fahrgäste bereits in alle Winde zerstreut. Er habe dann die betroffenen Personen wieder mühsam gesucht, die Personalien aufgenommen und für das Kind mit der Handverletzung einen Krankenwagen rufen lassen. Danach muss es dann passiert sein: Die Stichworte "Freefall-Tower" und "Unfall" sorgten dafür, dass ein Großeinsatz ausgelöst wurde. Unzählige Hilfskräfte, der Rettungshubschrauber und Absperrbänder - alles wirkte wie in einem Katastrophen-Szenario.

Viele Falschmeldungen

In den sozialen Netzwerken überschlugen sich derweil die falschen Hiobsbotschaften nur so. Sogar von einem "Horror-Unfall" war seinerzeit zu lesen. Darüber schüttelt der Parkbetreiber heute noch schier ungläubig den Kopf. Und er sprich davon, dass die vielen Falschmeldungen größeren Schaden im Bezug auf weniger Besucher angerichtet hätten. 

"Ich habe bei uns keinen Fehler gefunden", betont der Parkbetreiber. Und der Anwalt betont, dass "gut und überlegt gehandelt" wurde. Dies sieht inzwischen auch die Staatsanwaltschaft so, die längst zurückgerudert ist. Für alle Beteiligten ist klar: Was da an jenem Nachmittag passiert ist, läuft unter der Überschrift unerklärlich. Dass an einer Gondel, die an zwei Seilen hängt, aus dem Nichts ein Seil reißt, ist schon eher seltsam. Dass zeitgleich noch das zweite Seil, das alleine die drei Tonnen schwere Gondel problemlos hätte halten können, zeitgleich auch noch reißt, ist schon gleich gar nicht mehr nachvollziehbar.

Fall zog sich hin

Damit ist klar, was abschließend passiert: Das Verfahren wird eingestellt. Dass der Parkbetreiber in diesem Zusammenhang eine Geldauflage von 500 Euro zahlen muss, hängt nicht direkt mit dem Unfall, sondern damit zusammen, dass für den Freefall-Tower kein richtiges Betriebsbuch existiert hat, in dem alle Kontrollen fein säuberlich aufgelistet waren. Und so können sich am Ende der Verhandlungen zwei freuen: Einmal ein rehabilitierter Park-Betreiber und zum anderen das Iphöfer Erich-Kästner-Kinderheim in Iphofen über die 500 Euro..

 
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