
Einen seiner größten Erfolge feierte Boris Becker am 7. Juli 1985: Als jüngster Spieler aller Zeiten gewann der Leimener das Tennisturnier in Wimbledon. Damit begann ein kometenhafter Aufstieg, der auch immer wieder von Skandalen begleitet und überschattet war. Ende April wurde Becker in London zum Abschluss eines Insolvenzverfahrens zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Nun sitzt er im heruntergekommenen Londoner Wandsworth-Gefängnis, nicht weit von jenem glorreichen Ort entfernt, an dem er einige Höhepunkte seines Lebens gefeiert und den er selbst als sein "Wohnzimmer" bezeichnet hat, und erleidet den Tiefpunkt seines Lebens. Geraten seine sportlichen Erfolge nun vollends in Vergessenheit?
Wir haben bei sechs Tennisspielerinnen und Tennisspieler der TG Kitzingen nachgefragt, was sie von der Verurteilung Boris Beckers halten. Wird das "Bobbele" seinen Idol-Status behalten, oder ist dieser längst verloren?
Katinka Theis, 26 Jahre, Mainstockheim: "Abseits des Tennisplatzes war er noch nie ein Vorbild"

"Ich finde es gerecht, dass er wie jeder andere behandelt wurde und sein Status ihm keine Vorteile verschafft hat. Ich glaube aber auch, dass er nicht in absolut falscher Absicht gehandelt hat, sondern bei seinen Finanzen auch einfach falsch beraten worden ist. Das sieht man im Profisport leider häufiger. Sogenannte Finanzberater nutzen das ökonomische Unwissen der Sportler aus. Bei Beckers Funktion als Idol sollte man differenzieren. Was das Leben abseits des Tennisplatzes betrifft, war er für viele wahrscheinlich noch nie ein Vorbild. Wenn man das Ganze aus sportlicher Sicht sieht, dann hat er sicherlich noch Idol-Charakter. Er hat viel für den Tennissport geleistet, und seine Erfolge kann man nicht leugnen."
Jörg Beckmann, 56 Jahre, Kitzingen: "Dummheit schützt vor Strafe nicht"

"Ich glaube, dass seine Strafe gerechtfertigt ist und er zurecht im Gefängnis sitzt. Aber man muss ihm zu Gute halten, dass er in seinem Sportler-Leben von falschen Leuten umgeben war, die versucht haben, von ihm zu profitieren. Ich denke auch, dass er nicht die hellste Kerze ist und er es einfach nicht besser wusste. Dummheit schützt vor Strafe nicht. Mit seinem Ruf als Idol ging es schon früher durch Affären und Ähnliches bergab. Er hat auf die falschen Leute gehört. Es wäre heute anders, wenn er richtige Freunde gehabt hätte."
Petra Trinklein, 57 Jahre, Kitzingen: "Er war naiv und hat sich auf falsche Berater verlassen"

"Ich denke, er wird zurecht bestraft. Wobei ich davon ausgehe, dass er auch einfach naiv war und sich auf falsche Berater verlassen hat. Aber Dummheit schützt eben nicht vor Strafe, und nun muss er sich verantworten. Beckers Lebensstil war auch schon immer etwas luxuriös. Er wollte damit vermutlich einige beeindrucken, unter anderem seine Frauen. Ich finde es aber gut, dass seine Familie jetzt hinter ihm steht. Seinen Idol-Charakter wird er vermutlich behalten, da seine Erfolge viel für den Tennissport getan haben. Man muss aber anmerken, dass er sich auf dem Tennisplatz auch schon öfter daneben benommen hat."
Christian Gückel, 53 Jahre, Neustadt an der Aisch: "Da müssten ganz andere Idole fallen"

"Wenn das die Gesetze in England sind, dann muss er das akzeptieren. Vor allem wenn eine Haftstrafe von bis zu sieben Jahren im Raum stand, ist er mit den zweieinhalb Jahren gut bedient. Er ist selbst schuld an seiner Situation. Er hat das Geld verdient, deswegen trägt er die Verantwortung, was damit passiert und muss er sich darum auch kümmern. Den Idol- Charakter für den Tennissport wird er behalten. Er hat viele große Leistungen erbracht, die trotz allem bestehen bleiben. Da müssten ganz andere Idole fallen."
Christel Kunze, 54 Jahre, Kitzingen: "Vor dem Gericht sind alle gleich"

"Es ist richtig, dass er eine Strafe erhalten hat; das zeigt, dass vor Gericht alle gleich sind. Auch wenn er vermutlich sehr naiv war und sich falschen Beratern anvertraut hat, hilft ihm das in dieser Situation nicht. Allgemein finde ich eine Freiheitsstrafe sehr hart. Bei Wirtschaftskriminalität allgemein wären teilweise auch Sozialstunden angebracht, so dass die Schuldigen der Gemeinschaft etwas zurückgeben, ohne Geld dafür zu erhalten. Seinen Idol-Charakter wird er nicht verlieren, weil er viel geleistet hat. Das kann ihm keiner aberkennen."
Hannah Gückel, 24 Jahre, Repperndorf: "Das hätte ihm als Warnschuss reichen sollen"

"Wenn Boris Becker mit vollem Bewusstsein gehandelt hat, dann ist seine Strafe verdient. Ansonsten bin ich ein bisschen zwiegespalten, was eventuell auch daran liegt, dass ich mich in das Thema noch nicht sehr vertieft habe. Auf der einen Seite finde ich eine Gefängnisstrafe hart, da er auch einen zwölf Jahre alten Sohn hat, viele falsche Berater hatte und sehr naiv war. Auf der anderen Seite hatte er auch schon einen Prozess wegen Steuerhinterziehung und häufiger juristische Schwierigkeiten, die ihm als Warnschuss eigentlich hätten reichen sollen. Ein Idol für den Tennissport ist er noch immer, weil er für diesen viel erreicht hat."