
Sein Name steht für ein Stück Kitzinger Industriegeschichte. Jetzt ist der Unternehmer Claus Fehrer im Alter von 73 Jahren gestorben. Die Übergabe des 1875 gegründeten Familienbetriebs an die fünfte Generation war ihm nicht mehr vergönnt – er hatte ihn 2014 nach heftigen Turbulenzen verkauft. Bis heute fertigt das Unternehmen als Automobilzulieferer Komponenten für den Fahrzeuginnenraum wie Formpolster und Sitze.
Claus Fehrer führte das Familienunternehmen in vierter Generation. Als er es 1989 von Vater Rolf übernahm, stand Deutschland kurz vor der Wiedervereinigung und die Welt vor dem Aufbruch. Der Zusammenbruch des Ostens war für die hiesige Wirtschaft Verheißung und Verlockung gleichermaßen. Ein neuer, grenzenloser Markt tat sich auf – mit günstigen Produktionsbedingungen, Dumpinglöhnen und riesigen, neuen Absatzchancen. Autohersteller wanderten ab, Zulieferer folgten ihnen, der Kostendruck im Inland wurde immer größer.
Der Firmenchef stand in der Krise zwischen allen Stühlen
Die Strukturkrise ging auch an Fehrer nicht vorüber. Doch zu äußeren Einflüssen kamen innere Querelen. Von Managementfehlern war die Rede, von übertriebenen Wachstumsfantasien. Zu den sieben Standorten in Deutschland gesellten sich Produktionsstätten in Schweden, Belgien, USA oder England sowie Kooperationen in Brasilien und Südafrika. Aber die Expansion ging zu schnell, manche wollten in kurzer Zeit zu viel, andere kamen nicht hinterher. Claus Fehrer, kurz zuvor noch für seinen Weitblick gelobt, stand zwischen allen Stühlen – und konnte nicht verhindern, das das Unternehmen mit seinen weltweit 3000 Beschäftigten in die größte Krise seiner Geschichte rutschte.
Schon kurz nach dem 125. Firmengeburtstag im Jahr 2000 machten sich die ersten Symptome bemerkbar. Zehn Jahre später dann der Schock: Trotz Sparpaketen sowie Lohn- und Gehaltsverzicht der Beschäftigten sollten allein in Kitzingen 500 Arbeitsplätze gestrichen werden. Die Insolvenz drohte. Fehrer, eines der alten Kitzinger Industrieschlachtrosse, stand vor der Zerreißprobe, Mitarbeiter gingen auf die Straße, die Politik schaltete sich ein.
Die fünfte Generation kam nicht mehr zum Zug
2012 räumte Claus Fehrer seinen Platz als Geschäftsführer und holte sich einen Sanierer ins Haus. Der kehrte mit eisernem Besen, schaffte es aber, das Unternehmen zu konsolidieren. Der Umsatz lag wieder auf Vorkrisenniveau, Massenentlassungen waren vom Tisch. Heute weiß man: Das Unternehmen machte sich fit für eine Übernahme. Mit Claus Fehrers Sohn Moritz stand zwar die fünfte Generation in den Startlöchern, doch im Oktober 2014 wurde das Unternehmen an die Aunde-Gruppe mit Hauptsitz in Mönchengladbach verkauft.
Um Claus Fehrer ist es danach ruhig geworden. Schon während seiner aktiven Zeit als Geschäftsführer und Gesellschafter gehörten Verschwiegenheit und Diskretion zum guten Ton des Unternehmens. Nach außen drang nur selten etwas. Fehrer selbst, zeit seines Lebens eine stattliche Erscheinung, engagierte sich in der IHK Mainfranken, er war Mitglied der Kitzinger Schützen und des Bayerischen Jagdverbandes, aber im offiziellen Kitzinger Stadtbild tauchte er nur zu raren Anlässen auf.
Zu seinem 60. Geburtstag im Juni 2008 richtete das Unternehmen eine interne Feier für ihn aus. Der Jubilar wünschte sich keine Geschenke, sondern Spenden an die Kitzinger Tafel, die Bedürftige und Obdachlose mit Lebensmitteln versorgt. Den Schmerz um den Niedergang und Verkauf seiner Firma hat Claus Fehrer nie ganz überwunden. Von seinem Haus am Eselsberg konnte er tagtäglich hinüber auf sein Lebenswerk blicken. Am 10. Februar ist er "nach langem Leiden" gestorben, wie die Familie in der Todesanzeige schreibt.
Der Verstorbene wird am Freitag, 18. Februar, um 13.15 Uhr auf dem Alten Friedhof in Kitzingen beigesetzt.