Übervorsichtig, aber auch locker, einfach und ehrlich – so beschreibt der Kitzinger Martin Günzel seinen Lieblingsvogel. Und so wäre er gerne im Maximilianeum in München. Der 59-Jährige ist der Direktkandidat der ÖDP für den Wahlkreis 605, zu dem neben dem Landkreis Kitzingen auch die Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen und Kolitzheim gehören. "Sie haben halt einen Kandidaten gebraucht", sagt er und grinst spitzbübisch.
Engagiert ist Günzel schon sein Leben lang, sei es im Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV), bei der Tischtennisabteilung des TV Etwashausen oder in der katholischen Kirche. In der Politik dagegen ist er ein Frischling. Seit April 2023 sitzt er für die ÖDP im Stadtrat, weil Jens Pauluhn als Leiter der Tiefbauabteilung zur Stadt Kitzingen gewechselt ist. Die ersten Monate im Gremium war er mehr stiller Beobachter. "Es ist alles fremd und neu. Ich muss mich erst reinschaffen", sagt er. "Aber ich will meiner Arbeit einen grünen Aufdruck geben." Sein Ziel: Bei jedem Neubau in Kitzingen sollen Zisternen, Begrünung und Photovoltaik verpflichtend sein. Dass er als Stadtrat mitgestalten kann, habe er erkannt.
Seine Arbeit soll einen grünen Aufdruck haben
Das würde ihn auch im Landtag reizen. Er weiß, dass er mit der Ökologisch-Demokratischen Partei nicht in den bayerischen Landtag einziehen wird. "Wir sind keine Träumer", sagt er offen. "Aber wir haben kein schlechtes Programm." Wäre er bei den Grünen, wäre die Wahrscheinlichkeit als Direktkandidat zwar auch gering, aber doch etwas größer. "Die ÖDP hat einen christlichen Bezug. Der fehlt mir bei den Grünen", sagt er. Bei der letzten Landtagswahl in Bayern erreichte die Partei 1,6 Prozent.
In der katholischen Kirchengemeinde gehört Günzel dem Ausschuss "Bewahrung der Schöpfung" an. Die Natur liegt ihm am Herzen, und was sich schwülstig anhört, meint er ernst. Spricht er über die Zerstörung der Natur, hört man leichte Wut in seiner Stimme. "Der Mensch hat nur gegen die Natur gearbeitet", stellt er fest. "Aber sie ist eh stärker als wir."
An seinem Haus hängen schon seit Jahren Solarpaneele. Photovoltaik kam im Laufe der Zeit dazu, aber das war nicht so leicht wie gedacht. "Ich wollte Module, die in Deutschland oder mindestens in Europa hergestellt werden", erzählt Günzel auf seiner Terrasse. "Alles kommt immer aus China." Seine Stimme wird lauter. Sein Blick gleitet durch den Garten. Nahe am Haus steht ein kleiner Tannenbaum, der ökologisch korrekte Christbaum. An der Hauswand reihen sich Tomatenpflanzen. "Die sind von meiner Frau", erzählt er. "Aber ich gieße sie auch." Er lächelt verschmitzt. Der leicht verwitterte Gartenzwerg ist ihm etwas peinlich. "Der könnte eigentlich mal weg." War aber von der Schwiegermutter.
Nach dem Mauerfall arbeitete er für Knauf in Russland
Familie ist Günzel wichtig. Sie ist für ihn die "Keimzelle der Gesellschaft". Vier Brüder hat er, aufgewachsen sind sie am Kitzinger Krainberg. "Ich war der Mittlerscht, wie man das in Franken so schön sagt." Die Goldschmiede-Werkstatt seines Vaters hat ein Bruder übernommen. "Da habe ich nicht das Nervenkostüm dazu", erklärt er. Er machte erst mal eine Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann, dann Fachoberschule, es folgten Bundeswehr und schließlich das BWL-Studium mit Schwerpunkt Marketing. Danach ging's in Ausland. Die Mauer war gefallen, der Ostblock im Umbruch, Günzel arbeitete für Knauf etliche Jahre in Russland.
Aus dieser Zeit weiß er, welche Bedeutung Deutschland in der Welt hat. "Deutschland hat eine Vorbildrolle", sagt er. Darum geht er mit gutem Beispiel voran. Fährt wann immer möglich mit dem Rad. Kauft regionale Produkte, verzichtet weitgehend auf Plastik und arbeitet meistens im Homeoffice. Sein Wechsel zu einer Firma, die Isolierungen herstellt, hatte auch etwas mit seinem Drang zu tun, der Natur zu helfen.
Arbeitet er nicht, steht er für den TV Etwashausen an der Tischtennisplatte. "Tischtennis ist ein Sport für Körper und Geist", erklärt er. "Man muss den anderen lesen können, ihm immer einen halben Schritt voraus sein." So will er als Abgeordneter arbeiten, sollte er den Einzug in den Landtag schaffen. Dann würde er sich besonders dafür einsetzen, dass das letzte freifließende Stück der Donau hinter Straubing nicht wie seit Jahren diskutiert in ein genormtes Korsett gezwängt wird. Sollte es mit der Landespolitik nicht klappen, rettet er weiter die Welt im Kleinen und freut sich über jeden, der ihn dabei unterstützt.
Martin Günzel im Steckbrief
Am 7. Februar 1964 in Kitzingen.
Ich bin verheiratet, im September 25 Jahre, und habe eine Tochter mit 23 Jahren.
Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann, Studium der BWL an der Fachhochschule Würzburg mit Schwerpunkt Marketing.
Holprig. Ich ließ mich vor einigen Jahren mal auf die Liste für die Kommunalwahl in Kitzingen setzen. Am 1. April 2023 bin ich in den Kitzinger Stadtrat nachgerückt, und meine Kolleginnen und Kollegen meinten, ich solle mich für den Landtag aufstellen lassen.
Aktiver Naturschutz und Aufklärung im Landesbund für Vogelschutz Kitzingen, Gemeindeteam in St. Johannes Kitzingen, TV Etwashausen zeitweise als Jugendtrainer. Hobbies: Radfahren, Schöpfung erkunden, Mundart lesen, Blutspenden.
Am liebsten bin ich in der Natur. Überall, wo sie noch in Ordnung ist, fühle ich mich wohl.
Nicht direkt, alle Politiker und Menschen, die den Menschen und der Schöpfung dienen, sind für mich Vorbild.
Ich würde den Steigerwald als Nationalpark ausweisen.