Das hat Wiesentheid noch nicht erlebt: Am Donnerstagabend schlängelt sich ein Zug von Menschen vom Sportzentrum her durch den 4800-Einwohner-Ort im Landkreis Kitzingen. Die Polizei spricht von 350, Teilnehmer von 500 Demonstranten. Auf Bannern steht, worum es diesen geht: "Stoppt die Salatfabrik". Am Platz vor dem Schloss endet der Zug.
Was die Menschen aufbringt, ist der Plan des niederländischen Agrarunternehmens Deliscious. Dieses möchte am östlichen Ortsrand auf 17 Hektar Ackerfläche – das entspricht ungefähr der Größe von 16 Fußballplätzen – eine Salatzuchtanlage errichten. In Gewächshäusern sollen dort im Endausbau im Sommer 100 000 Salatköpfe pro Tag geerntet werden, im Winter rund die Hälfte, um Supermärkte in Süddeutschland zu versorgen.
Gegen das Vorhaben sind nicht nur viele Wiesentheider; davon zeugen über 1100 Unterschriften, die der Bürgerblock (Freie Wähler) gegen die Salatzucht gesammelt hat. Auch der Gemeinderat lehnt den Bau, der im März 2017 erstmals auf der Tagesordnung stand, ab – querbeet durch alle Fraktionen. Der Tenor: Der landwirtschaftliche Betrieb bringt der Gemeinde keine Steuereinnahmen. Und Arbeitsplätze (wohl bis zu 30) entstehen vor allem im Niedriglohnsektor. Wenig Nutzen also für große Gewächshäuser vor freier Landschaft.
Im Gemeinderat gibt es unterschiedliche Meinungen
Doch uneins ist das Gremium darüber, wie das Projekt zu verhindern ist. Die von der CSU angeführte Mehrheit meint, gestützt auf eine Auskunft des Bayerischen Gemeindetags, dem Bauantrag sei nur beizukommen, indem man eine Sonderfläche für Gewächshäuser ausweist, im Norden des Ortes, wo bereits eine Gärtnerei steht und ein Neubau weniger stört. Deshalb hat die Mehrheit Anfang Juni einen Antrag des Bürgerblocks abgewiesen, der auf der Fläche, auf dem die Salatzucht entstehen soll, auf Ratschlag eines Juristen hin ein Sondergebiet Natur und Naherholung ausweisen möchte, um so der Salatzucht einen Riegel vorzuschieben. Dieses Vorgehen betrachtet Bürgermeister Werner Knaier (CSU) als illegale "Verhinderungsplanung". Entscheiden muss über den Bauantrag das Landratsamt Kitzingen, das die Unterlagen noch prüft.
"Wir machen da weiter", sagt Mark Delissen. Der Geschäftsführer von Deliscious zeigt sich auf Nachfrage dieser Redaktion am Freitag unbeeindruckt von der Demo am Vorabend. Er spricht von "Fake News", denen die Wiesentheider aufsäßen. Als Beispiel nennt er die Mär, die Salatzucht würde dem Boden vor Ort Grundwasser entziehen. Gutachten hätten ergeben: In drei der vergangenen vier Jahren hätte das aufgefangene und gespeicherte Regenwasser zu 98 Prozent ausgereicht, den Salat zu gießen. Nur im Trockenjahr 2018 hätte die Anlage, die das Wasser optimal nutzt, nennenswerte Mengen Fernwasser (kein Brunnenwasser) benötigt. Die Niederlande sind als weltweit zweitgrößter Produzent von Agrarprodukten ein einziges Gewächshaus, meint Delissen, "und das Land ist keine Wüste".
Alternativstandort bringt Unternehmer nicht aus der Fassung
Ob seine Salatfabrik die Existenz regionaler Landwirte bedroht, das werde die Zukunft zeigen. "Das ist Konkurrenz", meint Delissen und verweist darauf, dass auch in Deutschland viele im Winter gerne frischen Salat essen, der teilweise aus Spanien über Tausende Kilometer herangekarrt wird. Mit einem Alternativstandort im Norden von Wiesentheid könnte er leben, meint er zu der diskutierten Sonderfläche. Doch sorge er sich um die Wiesentheider, denn dann rollten pro Tag 25 bis 30 Lastwagen durch den Ort.
Auch Paul Graf von Schönborn steht weiter zur Salatzucht. Dem Wiesentheider gehören beide Grundstücke, im Osten und im Norden, auf dem die Anlage entstehen könnte. Demonstranten haben ihn am Donnerstag aufgefordert, das Geschäft zu stoppen. Er sieht in der Anlage ein "absolutes Zukunftsprojekt", und ökologisch sei es obendrein, meint er mit Blick auf den optimierten Ressourceneinsatz. Er sieht die Menschen vor Ort in die Fänge des Kommunalwahlkampfs geraten, in dem falsche Informationen zu dem Projekt zur Stimmungsmache kursierten.
An der Demonstration selbst hat er nicht teilgenommen, jedoch vor Beginn mit Teilnehmern gesprochen – "ruhig und friedlich". Das wünscht er sich auch für die Zukunft und bietet an: "Die Wiesentheider können auf mich zukommen."
Letzten Endes müssen alle Beteiligten sehen, dass die Salatproduktion - ich gehe davon aus, dass die Angaben des Unternehmens auch stimmen - "umweltgerecht" erfolgt, soll heißen, es wird mit den Ressourcen wie Wasser sparsam umgegangen. Jeder weiß, dass dies bei der "fabrikmäßigen" Schweinezucht völlig anders aussieht. Wegen der Entsorgung der Unmengen von Gülle macht sich wohl niemand tiefgreifender Gedanken. Ein Schweineschnitzel, so das Motiv, ist wohlschmeckender als eine Schüssel Salat.
Zusammenfassend noch einmal: dies ist in gewisser Weise ein Zukunftsprojekt. Dass man in dieser Region Probleme mit vorausschauenden (umweltgerechten!) Einrichtungen hat, zeigt das Thema Steigerwaldbahn. Auch hier lässt man sich von "Vordenkern'" Unsinniges einreden.
Warum die sich so auskoffern, kann nur am Floriansprinzip liegen
Oder weil es keine Einheimischen durchführen
Der gemeine Franke ist manchmal auch ein Depp
Ist das der entscheidende Unterschied? Objektiv gesehen werden in solchen Agrarfabriken eh nur Billiglöhner beschäftigt, arme Menschen aus den entlegensten Ecken der EU dürfen da am Wohlstand schnuppern.