
Das war Balsam auf die jahrelang geschundene SPD-Parteiseele: Die Sozialdemokraten bewiesen am Sonntag, dass sie noch Bundestagswahlen gewinnen können und feierten ein noch vor einem halben Jahr nicht für möglich gehaltenes Comeback. Dass sie mit fast 26 Prozent zwei Prozentpunkte vor der Union landeten, feierte am Sonntagabend auch die Basis beim SPD-Ortsverein Mainbernheim im Gasthaus Turmschänke.
Dorthin war Vizebürgermeister und Ortsvereinsvorsitzender Armin Grötsch gegen 20 Uhr vom Auszählen aus dem Rathaus gekommen. Sein Fazit: "Lieber rote Socken als schwarzer Filz." Natürlich war am Wahlabend noch völlig offen, welche Parteien sich zu einer Regierungskoalition zusammenfinden würden. "Ich ginge lieber in die Opposition als noch mal in eine Große Koalition von SPD und Union", sagte Stadträtin Anja Bachmann.
Die Furcht vor dem "Königsmörder Lindner"
Derweil beschlich Armin Grötsch die Furcht vor dem nach seinen Worten "Königsmörder Christian Lindner", dem er kein bisschen über den Weg traue. Er geht davon aus, dass keine Regierungskoalition mit der FDP die Wahlperiode überstehen würde. Zudem hatte Lindner ja vor fünf Jahren die Bildung einer Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen platzen lassen, weshalb Grötsch dem FDP-Chef die Seriosität abspricht.
Die gut gelaunten Frauen und Männer genossen an diesem Abend den Moment des Sieges und teilten auch spaßend gegen den Mitbewerber aus. So sprach Anja Bachmann vom "tollen Team der CSU mit Andreas Scheuer und Dorothee Bär für Berlin".
Grötsch fand das Abschneiden der SPD in der einstigen Hochburg Mainbernheim mit 24 Prozent in Ordnung, haderte aber damit, dass die CSU immer noch 37 Prozent – und damit mehr als die landesweiten 31,7 Prozent – erreichte. "Wir sind als Zweiter wieder da, wo wir hingehören", urteilte SPD-Urgestein Robert Finster. Dass die CSU mit Markus Söder das schlechteste Ergebnis seit 1949 einfuhr und die SPD bayernweit auf 18 Prozent zulegte, wertete Grötsch als Beleg dafür, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger eine von Olaf Scholz geführte Bundesregierung wolle statt einen Bundeskanzler Armin Laschet.
Ist das SPD-Comeback auch Angela Merkel zu verdanken?
"Wir wissen, woher wir gekommen sind, und sind am besten befähigt, unser Land durch viele Herausforderungen zu führen", erklärte der ehemalige Stadtrat und Bürgermeisterkandidat Oskar Münzer. Dass seine Partei ein Comeback geschafft habe, führte Münzer darauf zurück, "dass Angela Merkel die CDU in den vergangenen 16 Jahren ein Stück weit sozialdemokratisiert hat". Der stellvertretende Landrat Finster freute sich riesig über das SPD-Ergebnis, war aber gleichzeitig entsetzt darüber, "dass Laschet und die Union am Wahlabend die Unverfrorenheit besaßen, aus einer verlorenen Wahl einen Wählerauftrag zu behaupten". Was den Kitzinger Vize-Landrat besonders wurmt, ist die Situation, dass FDP-Chef Lindner nun bei den Koalitionsverhandlungen an einem starken Hebel sitzt.
Nicht nur Finster freut sich, dass das Daumendrücken für den SPD-Direktkandidaten Markus Hümpfer geholfen habe. Der 29-jährige Schonunger musste lange bangen, doch am Montagmittag war klar: Er wird von Platz 21 der SPD-Landesliste in den Bundestag einziehen. "Er ist ein Mann aus der Mitte der Bevölkerung, der sich beruflich und politisch hochgearbeitet hat und nicht irgendein Seiten- oder Quereinsteiger", sagt Robert Finster.