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SCHLÜSSELFELD/WÜRZBURG
Bilder zeigen: Gaffer werden immer dreister
Bei einem schweren Verkehrsunfall auf der A 3 bei Schlüsselfeld am Freitag, 28.07.2017, sorgten schaulustige Verkehrsteilnehmer auf der Gegenfahrbahn für einen Stau.
Foto: Berthold Diem | Bei einem schweren Verkehrsunfall auf der A 3 bei Schlüsselfeld am Freitag, 28.07.2017, sorgten schaulustige Verkehrsteilnehmer auf der Gegenfahrbahn für einen Stau.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:53 Uhr

Dass Verkehrsunfälle Neugierige anlocken, ist kein neues Phänomen. Im Zeitalter von Smartphones aber scheint die Würde von Unfallopfern weniger geschützt denn je.

Hinzu kommt, dass Menschen, die mit ihrem Handy das Unfallgeschehen fotografieren, massiv in den Verkehr eingreifen – und dabei häufig auch die Rettungsdienste behindern. Die Politik will sogenannten Gaffern jetzt mit Strafanzeigen und höheren Bußgeldern begegnen.

Fürchterliche Bilder bot der Unfall am Freitag auf der A 3 zwischen den Anschlussstellen Schlüsselfeld (Lkr. Bamberg) und Geiselwind (Lkr. Kitzingen), bei dem ein Familienvater ums Leben kam. Seine Frau und sein Sohn schweben in Lebensgefahr. Schlimm aber auch die Szenen, die sich auf der Gegenfahrbahn in Richtung Süden abspielten. Jede Menge Schaulustige fotografierten und filmten beim Vorbeifahren die Unfallstelle, so dass sich der Verkehr bis in 15 Kilometer Länge zurückstaute.

Fotoserie

Selbst Kinder halten mit dem Handy drauf

Fotograf Berthold Diem, der unter anderem auch für diese Redaktion arbeitet, hat das Treiben der Gaffer auf mehreren Bildern dokumentiert. Da sieht man Auto- und Lkw-Fahrer, die aus dem geöffneten Fenster heraus mit dem Handy das Unfallgeschehen ablichten und sich „daran ergötzen“, wie Diem sarkastisch bemerkt. Zudem hätten auch Frauen auf dem Beifahrersitz und selbst einige Kinder auf dem Rücksitz im Vorbeifahren mit dem Handy draufgehalten.

Als besonders dreist bewertet der Fotograf das Verhalten zweier Brummifahrer, die beim Vorbeifahren beide Hände vom Lenkrad ihres Lkw nahmen, „um ihr Smartphone beidhändig bedienen zu können“. Da müsse man froh sein, dass kein weiterer Unfall passiert ist.

Test mit mobilen Sichtschutzwänden

Derweil kündigte die Polizei an, sie werde prüfen, inwieweit gegen die Gaffer auf der A 3 ermittelt werden kann. Wie Diem berichtet, hätten die Beamten in ihrer Not an der Unfallstelle selbst ein Stativ mit einer Handykamera aufgebaut, die in den Gegenverkehr gerichtet war. So sollten weitere Schaulustige von ihrem Tun abgeschreckt werden. An der A 9 und der A 6 wollen die Autobahnmeistereien künftig bei schweren Unfällen den Einsatz mobiler Sichtschutzwände testen.

Die Behörden sind seit dem schrecklichen Busunglück mit 18 Toten Anfang Juli auf der A 9 bei Münchberg (Lkr. Hof) einmal mehr stark für das Thema sensibilisiert. Neugierige hätten mit ihrem „unverantwortlichen Verhalten“ nicht nur die schnelle Bildung einer Rettungsgasse blockiert, sondern auch den Zugang zur Unfallstelle, klagte Joachim Herrmann. Der bayerische Innen- und Verkehrsminister hat derweil angekündigt, die kürzlich erst verschärften strafrechtlichen Regelungen konsequent anzuwenden.

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So kann ein Schaulustiger, der einen Unfallretter behindert, mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft werden. Wer durch das Verbreiten von Unfallbildern die Persönlichkeitsrechte von Opfern beeinträchtigt, dem droht ebenfalls Gefängnis.

13 Gaffer in Schweinfurt angezeigt

Nach dem tödlichen Unfall vergangenen Montag auf der Hahnenhügelbrücke in Schweinfurt zeigte die Polizei 13 Autofahrer an. Die Gaffer waren zum Teil eigens aus ihren Autos ausgestiegen, um das Geschehen zu fotografieren. Laut Polizei müssen sie nun mit einem Bußgeld von 60 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen.

Fotoserie

Eng verknüpft mit der Gaffer-Thematik sind die Probleme bei der Bildung von Rettungsgassen, sobald der Verkehr sich auf Autobahnen und Straßen mit mindestens zwei Fahrstreifen nur noch im Schritttempo bewegt. Auch hier macht sich unter anderem Bayern für härtere Strafen stark. Noch im Herbst soll das Bußgeld bei einem Verstoß gegen die Rettungsgassenpflicht von 20 auf 200 Euro angehoben werden. Bei Behinderung drohen 240 Euro, bei Gefährdung 280 Euro und bei Sachbeschädigung 320 Euro Bußgeld, jeweils verbunden mit zwei Flensburg-Punkten und einem Monat Fahrverbot.

 
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  • U. S.
    Liebe Mainpost, es geht in dem Artikel um Gaffer. Die Bilder des schweren Wohnmobil-Unfalls waren lange genug zu sehen, vielleicht könnte man sie inzwischen entfernen. Sie haben mit dem eigentlichen Artikel nichts zu tun denn Gaffer gibt es immer, ganz egal welches Unglück geschehen ist. Vielen Dank!
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  • T. B.
    Ganz ehrlich, diese Form von Voyeurismus findet sich doch auch im Fernsehkonsum der meisten Menschen wider. Sendungen wie "die Bachelorette" und viele andere Sendungen, insbesondere auf den privaten Kanälen, sind an Peinlichkeit und Dämlichkeit kaum zu überbieten. Aber das spiegelt auch ein Stück weit das Niveau unserer Gesellschaft wider. Bei vielen Menschen lösen Fernsehsendungen einen Reiz aus, in welcher Menschen in Gefahrensituationen zu sehen sind, ohne beteiligt oder selbst in Gefahr zu sein. Ein Unfall ist noch einmal die Steigerung, da dies im Vergleich zum Fernsehen real ist. Ich selbst habe erlebt, wie aus einem Reisebus heraus Kinder und Jugendliche ein brennendes Fahrzeug auf der Autobahn gefilmt und fotografiert haben, ohne dass die Eltern eingegriffen haben. Das zeigt sehr stark die soziale Verrohung der Gesellschaft.
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  • M. G.
    Also...erstmal:
    Behinderung von Rettungskräften und Gefährdung des Verkehrs durch Schaulustige halte ich ebenfalls für ein absolutes Unding. Das sollte auf jeden Fall konsequenter verfolgt werden.

    ABER: Ich habe auch den Eindruck daß hier Viele ihre "moralische Überlegenheit" demonstrieren wollen, indem sie über "Gaffer" schimpfen.

    Ich halte es eigentlich für normal hinzuschauen wenn irgendwo ein Unfall oder etwas anderes Auffälliges passiert. Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn plötzlich alle Menschen völlig gleichgültig an solchen Geschehnissen vorbei fahren und in die andere Richtung schauen. Da wäre definitiv nicht die Reaktion eines geistig normalen Erwachsenen - eher die eines Soziopathen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Soziopathie
    Und wenn z.B. ein Beifahrer Fotos macht (wie es hier erwähnt wurde) dann sehe ich daran auch nichts Verwerfliches - es sei denn: Es werden Fotos beteiliger Personen gemacht UND veröffentlicht (z.B. Facebook). Letzteres dürfte (wg. Recht am eigenen
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  • M. G.
    Bild) sowieso rechtswidrig sein.

    Ich bin Motorradfahrer und insbesondere bei Motorradunfällen schaue ich auch schonmal genauer hin. Auch Fotos habe ich davon schon gemacht - um etwa Biker-Kollegen zu zeigen: Schau mal, da haben sie wieder einen von uns runtergeholt.
    Ich hatte auch selbst schon einen schwereren Motorradunfall - an dem ebenfalls viele Autofahrer vorbei gefahren sind. Möglicherweise haben da auch Leute Fotos gemacht. Da sage ich nur: Von mir aus. Bitte gern.
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  • H. S.
    Unfallbilder sind nichts verbotenes und anstößig schon gar nicht, außer man Zeigt Verletzte oder gar schlimmeres!
    Einzig daran bekommt man ein "Bild" von der Zerstörung, oder dem Ausmaß des Unfalles.....von irgendwas muss man ja lernen!
    Wer es nicht sehen will, sollte auch nicht draufklicken, wird niemand gezwungen!
    Wenn nichts mehr veröffentlicht wird, ist das blöde Geschrei auch wieder da: Wir haben ein Recht auf Informationen!
    Wenn jeder aufpasst, wird es in Zukunft solche Bilder auch nicht mehr geben, aber der Mensch macht Fehler, sogar sehr viele und davon soll der Rest eben Lernen.
    Bilder sagen mehr als tausend Worte........
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  • A. G.
    Bei Gaffern sollte das Busgeld auf 300 Euro, 3 Punkte in Flensburg und 3 Monate Fahrverbot erhöht werden. Es muß richtig weh tun sonst lernen sie nichts daraus. Was würden sie denn sagen wenn es sie betreffen würde?
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  • W. J.
    Da braucht sich die Main Post nicht aufregen. Die Fotos hätte es nicht gebraucht. Das muss niemand sehen!
    Das ist Presse auf Niveau der BILD Zeitung. Und nichts anderes. Auf den Fotos ist nicht nur der Sachschaden zu sehen. Wenn ihr einen Abonennten weniger habe wollt seit ihr auf dem besten Weg dazu......
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  • U. S.
    Ich will Gaffer keinesfalls entschuldigen aber man sollte diesbezüglich doch einmal den Beruf des Pressefotografen überdenken.

    Lichten sie nicht die Sensations-Bilder ab die wir dann in den Medien sehen können?

    Befriedigen sie nicht mit ihrer Reportage die Gaffer die nicht anwesend sein können?

    Noch dazu gegen Entlohnung denn die meisten Pressefotografen sind Selbstständig und verdienen an dem was sie vor die Kamera bekommen. Sie verdienen also quasi bei jedem Unglück mit ihrer Arbeit gutes Geld....
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  • A. F.
    Mit dem Unterschied, dass Journalisten in erster Linie "nur" den Sachschaden zeigen, also die verunfallten Fahrzeuge.

    (Asoziale) Gaffer dagegen halten mit ihren Kameras und Smartphones überall drauf, auch auf Verletzte oder Tote und das während des Fahren, was Journalisten nicht tun, was wieder rum sie selbst und andere gefährdet.

    Ferner dürfte es sich bei den Bildern, die in der Presse veröffentlicht werden, mitunter auch um Bilder handeln, die von der Polizei gemacht worden sind und als Pressemitteilungen zur Verfügung gestellt werden.

    Was nicht heißt, dass diese Bilder nicht auch grenzwertig oder schon darüber sind, aber auch als Abschreckung dienen könnten.
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  • H. R.
    Das kenne ich vom Team Diem aber anders. Hier wird mit einer Kamera auf alles drauf gehalten. Retungskräfte teilweise beschimpft (selbst erlebt) an Einsatzfahrzeugen vorbeigefrängt und Sperrungen missachtet.
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  • A. F.
    Ich weiß, dass die Rettungskräfte bei solch einem Unfall anderes zu tun haben, aber man sollte in Zukunft bei einem vergleichbaren Unfall mehrere Polizeibeamte abstellen, die generell den Verkehr beobachten, auch den Gegenverkehr und jedes Fahrzeug, dessen Fahrer sich auffällig verhält, fotografieren und an der nächst besten Stelle aus dem Straßenverkehr ziehen und ein Ticket von mindestens 1000 Euro, 2 Punkte und ein Fahrverbot von 1 Monat auferlegen.

    Ferner sollten dieser Verstoß in einer zentralen Datenbank fest gehalten werden, um den Fahrer im Wiederholungsfall zu überprüfen, ob er charakterlich überhaupt noch in der Lage ist, einen Führerschein zu besitzen.

    Bei ausländischen Fahrern, die negativ auffallen, sollte die Strafe in Bezug auf das Bußgeld doppelt so hoch ausfallen und es sollte die Möglichkeit bestehen, ihn an Ort und Stelle den Führerschein abzunehmen.

    Bei Mitinsassen ist das schon schwieriger, gefährden sie ja nicht den Straßenverkehr.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Das mit den ausländischen Fahrern kann ich nicht nachvollziehen. Was soll die doppelte,Höhe der Strafe bewirken? Besser wäre es den Güterverkehr von der,Straße auf die Schiene zu verlagern, dann sind insgesamt weniger LKWs unterwegs und das Unfallrisiko wird reduziert. Der LKW verursacht, vor allem durch sein höheres Gewicht überproportional Strassenschäden. Deutlich mehr als über lie LKW Mait reinkommt.
    Weniger LKW heißt weniger Unfälle. Heißt weniger Schäden. Heißt weniger Gaffer. Das Thema muss an der Wurzel angepackt werden.
    Bei uns beschäftigt sich aber ein verkehrspolitisches CSU Geisterfahrergespann (Dobrindt/ Doro Bär)an der Spitze des Verkehrsministeriums lieber mit einer PKW Murksmaut. Dass die beiden auch durch ihr nichts tun für Fahrverbote in den Städten sorgen darf sicher auch erwähnt werden.
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  • U. S.
    @Arcus: die Bahn hat gar nicht die Kapazität um den Güterverkehr aufzunehmen. Vom Schienennetz ganz zu schweigen.

    Unfallrisiko LKW? Führt Eignungsprüfungen für PKW-Fahrer ein. Dann vermindert sich das Risiko abrupt denn was da alles unterwegs sein darf ist geradezu haarsträubend. Weniger PKW heisst weniger Unfälle. Heisst weniger Gaffer. Ausserdem sollte jeder der einen PKW fahren will mind. 2 Doppelstunden bei einem LKW mitfahren um deren Problematik kennenzulernen. Dann würden so dumme Kommentare wie LKW sind potentielle Gefährder gar nicht erst aufkommen!
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