In Schwarzach ist Hochwasserschutz seit kurzem nicht mehr nur Chefsache. Eine Interessengemeinschaft aus 20 bis 30 betroffenen Anliegern möchte Bürgermeister Volker Schmitt und der Politik gehörig Druck machen. "Wir werden nicht Ruhe geben!", versprach ihr Sprecher Reinhard Klos bei einer Versammlung am Freitagabend in der Aula des Egbert-Gymnasiums Münsterschwarzach. Denn das letzte Jahrhunderthochwasser 2013 sei nur acht Jahre her. "Jahre, in denen nichts geschehen ist", bilanzierte Klos.
Das "Nichts" bezogen er und die Mitglieder der Interessengemeinschaft (IG) Hochwasserschutz Schwarzach dabei vor allem auf die konkrete Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen. Denn gleichzeitig klang beim Infoabend immer wieder Lob und Dankbarkeit für die effektive und tatkräftige Unterstützung durch die Feuerwehren und den örtlichen Bauhof beim Hochwasser vom 9. Juli durch. Dafür gab es auch spontanen Applaus aus den Reihen der rund 80 interessierten Zuhörerinnen und Zuhörer.
Fenster waren wie ein Aquarium
Eine Stecknadel hätten man fallen hören können, als Max Hegler zu Beginn der Veranstaltung Bilder und Filme vom 9. Juli zeigte. Das Wasser stand im Bereich der Sonnenstraße rund 40 bis 50 Zentimeter über Straßenniveau. Grundstücke der Anlieger waren bis zu 1,20 Meter überflutet und teils nur per Boot erreichbar. Schaurig auch eine Perspektive aus dem Schulungsraum der Feuerwehr: Der Blick aus dem Fenster war wie der Blick in ein Aquarium: 50 Zentimeter hoch stand das Wasser außen vor der Scheibe.
Wenig später flutete es die Kellerräume von Feuerwehr und Kindergarten komplett. Allein dort entstanden Schäden von mehr als 150 000 Euro. Massiv beschädigt war auch die örtliche Infrastruktur: So riss das Wasser die Radwegbrücke an der Schwarzach-Mündung sowie große Teile des Weges zum Weidenturm hinweg.
Insgesamt waren in Schwarzach über 100 Häuser vom Hochwasser stark betroffen. Dort liefen Keller oder Nebengebäude voll. Eine Dimension, die auch auswärtige Gäste wie Kleinlangheims Bürgermeisterin Gerlinde Stier schockierte: "So schlimm hatte ich mir das nicht vorgestellt – bei uns waren die Schäden überschaubar; nur Atzhausen war schwerer betroffen."
Gründe für die Überschwemmungen
Grund für die massiven Überschwemmungen ist die Topographie: Das gesamte Steigerwaldvorland, rund 180 Quadratkilometer, entwässert über die Schwarzach und den Castellbach. Beide münden in Schwarzach am Main. Am 9. Juli regnete es großflächig innerhalb von drei Stunden rund 60 bis 75 Liter pro Quadratmeter. Die Schwarzach stieg mit in Reupelsdorf gemessenen 3,95 Meter (normal: 1,50 m) auf einen nie dagewesenen Höchststand. Der Silberbach blieb mit 4,09 Metern (normal: 1,25 m) leicht unter einem 100-jährlichen Hochwasser.
Bürgermeister Volker Schmitt (FCW) zeigte sich dankbar für die Initiative. "Ich brauche eure Unterstützung!", rief er den Anwesenden zu. Denn die Zuständigkeit der Gemeinde beschränke sich auf die kleineren Bäche wie Castellbach und Silberbach. Für die Schwarzach sei als Gewässer zweiter Ordnung allein das Wasserwirtschaftsamt (WWA) zuständig. Dort, so berichtete Schmitt, sei man bisher jedoch leider auf taube Ohren gestoßen. Es war auch kein Vertreter des WWA zur Info-Veranstaltung gekommen; ebenso fehlten hochrangige Politiker oberhalb der kommunalen Ebene.
Schmitt berichtete, dass er 2017 beim WWA die konkrete Entwicklung eines Hochwasserschutzkonzepts für die Schwarzach gefordert habe, aber bislang sei von dort nichts in Angriff genommen worden. Der Bürgermeister musste sich selbst dennoch deutliche Kritik anhören. So seien zwar bei aktuellen Hochwasser die Industriebetriebe gewarnt worden; an die Anlieger habe aber niemand gedacht, kritisierte eine Betroffene.
Forderungen der IG
"Das WWA ist in den letzten 20 Jahren durch Personalabbau und Sparmaßnahmen bis an den Rand der Arbeitsunfähigkeit ausgeblutet worden", erklärte IG-Mitglied Peter Laumer. Dennoch werte man die Ankündigung von WWA-Chef Friedrich Altmann positiv, demnächst mit der IG Kontakt aufzunehmen. Dabei werden ihm eine Reihe konkreter Forderungen vorlegen. Neben dem Ruf nach einem Gesamtkonzept für das Steigerwaldvorland ist gehört dazu auch die Aufforderung, die vielen illegal errichteten Aufschüttungen entlang des Gewässers beseitigen zu lassen. Dadurch fehlten Rückzugsflächen bei Hochwasser. Und auch die Vorwarnzeiten hätten sich halbiert. Die Schwarzach sei teilweise "wie eingedeicht".
Es müsse aber künftig viel mehr als nur technische Hochwasserschutzmaßnahmen geben, forderte Laumer. Stichworte seine etwa die Versickerung des Oberflächenwassers in Baugebieten anstelle von Trennsystemen, ein Verbot des Anbaus erosionsanfälliger Kulturen wie Mais entlang der Bäche, ein funktionierendes Frühwarnsystem inklusive neuer Messpegel in den Oberläufen, eine bessere Ausstattung der Feuerwehren sowie eine landkreisweite Verzahnung aller maßgeblichen Institutionen.
"Wir schwimmen als Betroffene auf einer Welle des Verständnisses", sagte Klos. Dennoch bestehe die Gefahr, dass wieder nichts passiere. "Wir werden aber nicht locker lassen", versprach er unter donnerndem Applaus unruhige Zeiten für die Politik.