
Schreiben Sie nichts mehr, gar nichts." Diesen dringenden Rat hat Richterin Ingrid Johann am Ende eines Verfahrens Anfang Dezember 2023 einer heute 73-Jährigen mitgegeben. Zuvor hatte sie die Rentnerin und Mutter eines 50-jährigen Sohnes zu einer Geldstrafe von 2000 Euro (100 Tagessätze zu 20 Euro) verurteilt, wegen mehrfacher Beleidigung und falscher Verdächtigung, zu lesen in etlichen Briefen an Polizei, Amtsgericht und Innenministerium. Damals hat die Frau versprochen, die Finger vom Schreiben zu lassen. Gehalten hat sie sich daran nicht.
Alles frei erfunden: Rentnerin beleidigt alle
Inzwischen haben sich bei der Kitzinger Polizei weitere Briefe angesammelt. Die Schreiben ähneln einander. Da werden Polizeibeamte schon mal als "Schande für die Polizei" bezeichnet, die weg müsste, oder sie werden ganz ordinär beleidigt. Da werden Nachbarn, völlig Unbeteiligte und Polizeibeamte beschuldigt, eine Straftat begangen zu haben. Wenn die Polizei der Sache nachgeht, kommt immer das Gleiche raus: Es ist nichts dran, alles frei erfunden.
Drei der Schreiben haben jetzt erneut das Amtsgericht in Kitzingen beschäftigt, wieder gespickt mit Beleidigungen und falschen Verdächtigungen. Und es wurde deutlich, was schon in der letzten Verhandlung klar war: Das Problem ist der Sohn.
Der ist – gutachterlich bestätigt – krank, leidet unter Wahnvorstellungen und erzählt der Mutter immer wieder Horrorgeschichten. Die ist ebenfalls nicht gesund. Sie nimmt ihrem Sohn "jeden Schrott ab", wie ihr Pflichtverteidiger sagte. Dann bringt sie die Geschichten in Form von Briefen, gespickt mit teilweise massiven Beleidigungen, an verschiedene Behörden unter die Leute. Dafür stand sie jetzt wieder vor Gericht.
"Wahnhafte Störungen" und Schuldunfähigkeit
Dort hat eine Gutachterin noch einmal bestätigt: Die Frau hat "wahnhafte Störungen" und ist, was die Beleidigungen angeht, "vermindert schuldfähig". Bei den falschen Unterstellungen geht sie von einer Schuldunfähigkeit aus. Damit war der Ablauf der Verhandlung vorgegeben. Mit Blick auf das Gutachten beantragte selbst die Staatsanwältin Freispruch. Der Pflichtverteidiger schloss sich an. Dem folgte auch das Gericht.
Dazu gab es erneut die Hinweise, die es schon einmal gegeben hatte: Finger vom Schreiben lassen, den Sohn aus der gemeinsamen Wohnung schmeißen. Die Richterin versuchte auch deutlich zu machen, wie die Sache enden könnte. "Wenn das so weiter geht, droht beim nächsten Mal die Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung." Ob die Frau das verstanden hat, blieb eher offen. Sie ging jedenfalls mit den Worten: "Da kann ich nur Danke sagen."
Hallo? Was geht denn da ab? Statt hier mit Strafen der bereits anderweitig selbst belasteten Person zur Seite zu stehen und diese mit geeigneten, weniger eingriffigen Möglichkeiten zur Seite zu stehen. Da bin ich fassungslos.
Wann auch in CSU-Bayern - das in diesem Bereich ja wider besseres Wissen zu Lasten der Schwächsten „sparen“ will und stattdessen massiv „kriegstüchtig“ werden will - diese Realität ankommt, ist offen….
Mit „Einweisung“ ist hier übrigens offenbar die Maßnahme gemeint, die bei dem Täter von Aschaffenburg unterlassen wurde, dauerhafte Unterbringung durch Richter, §126a STPO mit Ziel § 63 StGB….? Denn das PsychKHG funktioniert ja nicht, wie Prof. Bönsch u.a. kürzlich in dieser Zeitung im Interview erklärte…
Welche Vorschrift müsste dafür geändert werden?
Die Staatsanwaltschaft müsste einfach die Einstellung des Verfahrens veranlassen bzw. eine "Strafverfolgung" unterlassen mit dem Hinweis, dass die Beschuldigte bekanntermaßen strafrechtlich nicht zu belangen ist, da schuldunfähig/vermindert schuldfähig.
Man muss da weder "Anklage" erheben noch die Leute bedrohen bzw. durch Aufmerksamkeit bestärken und den nächsten Fall provozieren....
In anderen Regionen - außerhalb Bayerns - funktioniert das auch!