Sie suhlen sich, nutzen die Kratzbürsten oder liegen schläfrig im Stroh: 350 Muttersauen leben in den Freilaufställen auf dem Hof von Siegfried Voltz. Insgesamt etwa 3000 Tiere hat der Ferkelzüchter aus Schernau in seinen Stallungen. "Ich kenne nicht jedes Schwein", sagt Voltz und lacht. "Aber ich kenne jedes Schwein, das krank ist. Denn diese Tiere brauchen viel Pflege." Das sei das Entscheidende, meint der 54-jährige Landwirt. Und: "Schweinezucht ist Berufung."
Seit 1650 schon gibt es hier in Schernau bei Dettelbach (Lkr. Kitzingen) einen landwirtschaftlichen Betrieb. Der Vater von Siegfried Voltz spezialisierte sich Mitte der 1960er Jahre auf Ackerbau und Schweinezucht und begann mit 45 Mutterschweinen.
Man brauche ein Gespür für die Tiere, sagt Siegfried Voltz. Die Ferkel bleiben etwa vier Wochen bei ihrer Mutter, dann verbringen sie weitere acht Wochen im Stall. Mit einem Gewicht von 30 Kilogramm kommen sie in die Schweinmast - und später zum Schlachthof.
Vorgabe des Gesetzgebers: Ferkelschutzkorb im Stall bald verboten
Eine Muttersau bekomme im Schnitt 15 Ferkel, sagt Landwirt Voltz. "Mein Opa hat früher noch im Stall übernachtet, um beim Abferkeln dabei zu sein." Nur die stärksten Ferkel seien durchgekommen. "Heute kann man viel machen." Die Muttersauen leben bis zu sieben Jahre, dann werden sie ebenfalls geschlachtet", erklärt Voltz. "Das Fleisch geht in die Wurstproduktion."
Damit die Muttersauen ihren Nachwuchs nach der Geburt nicht erdrücken, stehen sie in einem so genannten Ferkelschutzkorb: eine Art Gitter, das genau um die Muttersau herumpasst. Doch die Haltung in solchen Kastenständen im Deckzentrum wird ab dem Jahr 2029 komplett verboten sein. Im Abferkelbereich muss bis 9. Februar 2036 ein Umbau erfolgt sein. Die Vorschriften für die Tierhaltung würden vom Gesetzgeber deutschland- oder europaweit immer wieder geändert, sagt Karoline Schramm, Expertin für Nutztierhaltung beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg (AELF). Das führe bei den Landwirten zu Unsicherheiten in der Planung.
Neue Ställe werden bereits mit mehr Tierwohlfaktoren gebaut, erklärt Schramm. Bestandsbauten bekommen eine Übergangszeit. Die neue Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung schaffe zwar Raum für mehr Bewegung, meint die Expertin vom Landwirtschaftsamt. Doch diese Freiheit habe ihren Preis: "Der Umbau der Ställe ist mit hohen Investitionskosten verbunden."
Siegfried Voltz rechnet mit Umbaukosten von rund einer Million Euro. "Werden die Kunden bereit sein, weiter Schweinefleisch aus der Region zu kaufen? Auch wenn wir dann einen höheren Preis verlangen müssen?" Das sind Fragen, die sich der Schernauer Landwirt stellt.
Schweinezüchter vor der Wahl: umbauen und erweitern - oder Bestand reduzieren
"Wir brauchen dann pro Tier doppelt so viel Platz", verdeutlicht der Ferkelzüchter. Er und seine Kollegen hätten nur die Wahl: entweder umbauen und erweitern - oder weniger Tiere halten.
In Unterfranken gibt es bereits jetzt immer weniger Landwirte, die Nutztiere haben. Laut Statistischem Landesamt ist gerade bei den Schweinehaltern der Rückgang gravierend: Gab es 1999 noch 5711 Schweinemäster oder Ferkelzüchter in Unterfranken, sind es heute nur noch 781. Die Wirtschaftskrise trifft auch die Sauenhalter hart. Dazu kommen fehlende Perspektiven und eben die Planungsunsicherheit.
Er wolle seinen Stall modernisieren, sagt Siegfried Voltz. An einem Nachfolger fehlt es ihm nicht. Von seinen fünf Kindern haben sich zwei für die Landwirtschaft entschieden und arbeiten bereits im Betrieb. Sohn Christian kümmert sich um den Ackerbau, Michael will die Ferkelzucht weiterführen. "Unsere Landwirtschaft ernährt also drei Familien", sagt Voltz.
In Deutschland sinkt der Fleischkonsum, laut Statistischem Bundesamt betrug waren es im Jahr 2022 noch rund 52 Kilogramm Fleisch pro Kopf. Dabei führt Schweinefleisch immer noch die Liste der beliebtesten Sorten an, mehr als die Hälfte des verzehrten Fleisches stammt vom Schwein, gefolgt von Geflügel und Rindfleisch.
Gekauft wird faktisch Fleisch aus industrialisierter Tierhaltung
"Verbraucherinnen und Verbraucher zeigen großes Interesse an tiergerechteren Haltungsformen und erklären in Umfragen häufig ihre Bereitschaft, erheblich mehr Geld für entsprechende Produkte auszugeben", sagt Karoline Schramm. Aber beim Einkaufen würden sich viele eher für Produkte aus der industrialisierten Tierhaltung entscheiden. "Es wäre ein Gewinn, wenn mehr regionales Fleisch auf den Tellern landen würde", meint Schramm.
Weil auf viele Ferkelzüchter hohe Investitionskosten zukommen, befürchtet Schramm, dass sich die Ferkelerzeugung stärker ins Ausland verlagern könnte. Schon jetzt kämen Ferkel aus Dänemark und den Niederlanden nach Deutschland. Wie sich die gesetzlich geforderten Umbaumaßnahmen in der Zuchtsauenhaltung auf die Entwicklung des Bestands auswirken? "Wenn die Landwirte Millionen in neue Ställe investieren sollen, brauchen sie Verlässlichkeit von der Politik", sagt Schramm.
Siegfried Voltz und seine Söhne denken trotz allem nicht ans Aufhören. Sie sehen im Beruf als Landwirte auch viele Vorteile: "Ich bin gerne selbständig", sagt der Ferkelzüchter. "Und ich bin dafür da, dass es auch meinen Schweinen gut geht."