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Zellerau
Atemschutzträger: Einer der härtesten Jobs bei der Feuerwehr
Bis an die körperliche Leistungsgrenze gehen Feuerwehrleute auf der Atemschutzstrecke in Würzburg. Sie kriechen durch Röhren, keuchen – und sind auf ihren Partner angewiesen.
Bei einem imaginären Feuerschein schiebt sich ein Feuerwehrler durch die Stahlröhre.
Foto: Hanns Strecker | Bei einem imaginären Feuerschein schiebt sich ein Feuerwehrler durch die Stahlröhre.
Hanns Strecker
 |  aktualisiert: 06.11.2021 02:44 Uhr

Aus der Atemschutzstrecke in der Würzburger Feuerwehrschule ist das Grollen einstürzender Mauern zu hören. Dazwischen explosionsartiges Knallen und Schreie von Menschen. Nebel und Dunkelheit nehmen jede Sicht. Nur schemenhaft ist ein Lichtstrahl zu erkennen, der aus der Taschenlampe eines Feuerwehrmannes kommt.

Zwei Feuerwehrleute zwängen sich kriechend durch verwinkelte, enge Gänge, die durch Stahlgitter eingegrenzt sind. Zischend ist ihr Atemrhythmus unter der Atemmaske laut zu vernehmen. Die fast 20 Kilo schwere Atemluftflasche, die an ihrem Rücken befestigt ist, ist mit sechs Liter Luft bei einem Druck von 300 bar befüllt. Luft, die sie im Ernstfall zum Überleben brauchen, wenn sie in ein komplett verrauchtes Haus eindringen. Und die Luft reicht nur für etwa 30 Minuten.

Andreas Keppler weist im Kontrollraum zwei Feuerwehrmänner für die Teststrecke ein.
Foto: Hanns Strecker | Andreas Keppler weist im Kontrollraum zwei Feuerwehrmänner für die Teststrecke ein.

"Auf der Übungsstrecke ist die körperliche Belastung relativ hoch. Und dazu kommt es noch zu Stresssituationen. Da kann es schon sein, dass die Luft nach 20 Minuten ausgeht," erklärt Brandrat Jürgen Schemmel, Ausbildungsleiter bei der Würzburger Feuerwehrschule. Er ist unter anderem verantwortlich für den Betrieb der Atemschutzstrecke, die auch von den Freiwilligen Feuerwehren des Landkreises Würzburg und Kitzingen mitbenutzt wird.

In der Stahlröhre: Der Erste macht sich ganz steif und wird von seinem Kameraden nach vorne gedrückt.
Foto: Hanns Strecker | In der Stahlröhre: Der Erste macht sich ganz steif und wird von seinem Kameraden nach vorne gedrückt.

An diesem Wochenende ist der nördlliche Landkreis Kitzingen dran. Die Teilnehmer – tatsächlich sind heute nur Männer vertreten – melden sich zuerst bei Andreas Keppler an, dem Atemschutzwart und Ausbilder auf Landkreisebene bei der Feuerwehr Iphofen.

Frauenquote bei 4,5 Prozent

"Um die 500 Atemschutzträger gibt es zur Zeit im Landkreis Kitzingen. Bei einer Frauenquote von derzeit 4,5 Prozent," erklärt er nebenbei. Keppler registriert die Personen, dann geht’s los: In voller Atemschutzmontur müssen zuerst einige Fitnessgeräte abgearbeitet werden. Laufband, Fahrradergometer, dann eine Endlosleiter besteigen.

Bevor es auf die Strecke geht, überprüfen die Feuerwehrler gegenseitig ihre Atemschutzgeräte.
Foto: Hanns Strecker | Bevor es auf die Strecke geht, überprüfen die Feuerwehrler gegenseitig ihre Atemschutzgeräte.

Schon hier schlägt bei dem einen oder anderen das Atmen in Keuchen um. Und dann geht es fast nahtlos in den eigentlichen Übungsraum, in Zweier- oder Dreier-Trupps. "Wichtig ist hier die Teamarbeit," sagt Brandrat Schemmel. "Jeder achtet auf jeden und geht nie allein voran. Sicherheit vor Perfektion!"

Stockdunkle Schächte und Nebelschwaden

Etwa 100 Meter müssen bewältigt werden. Auf zwei Ebenen. Permanent auf- und absteigen. Teilweise durch so enge Öffnungen und Schächte, dass vorher das Atemschutzgerät abgenommen werden muss. Oft ist es stockdunkel. Nur die mitgeführte Handlampe leuchtet den Weg.

Vom Kontrollraum kann Andreas Keppler Licht und Lärmsituationen, wie zum Beispiel Hilfeschreie oder Explosionen, einsteuern. Auch Nebelschwaden. Ein Höhepunkt ist eine vier Meter lange enge Stahlröhre, die nur im Kriechen zu bewältigen ist. Zuerst drückt der Zweite den Ersten an den Beinen nach vorne. Ist dieser durch, dreht er sich um, krabbelt bis zum Oberkörper wieder hinein und zieht dann den Zweiten an den Armen mit hinaus. "Wir haben den ganzen Durchgang die Übenden über Kameras im Blick," sagt Andreas Keppler. "Und in den Nebelabschnitten durch Wärmebildkameras".

Ein BRK-Team aus Wiesentheid passt auf die Feuerwehrmänner auf.
Foto: Hanns Strecker | Ein BRK-Team aus Wiesentheid passt auf die Feuerwehrmänner auf.

Sollte festgestellt werden, dass ein Kamerad erschöpft liegenbleibt, wird sofort Licht eingeschaltet und andere Kräfte kommen über einen seitlichen Rettungsgang an die Person heran. Dazu ist bei jedem Lehrgang ein Team der Kitzinger Rot-Kreuz-Bereitschaften mit anwesend, um gezielt helfen zu können. Manchmal übertönt ein schrilles Pfeifen die künstliche Geräuschkulisse. Ein Sicherheitsventil am Atemgerät zeigt damit an, dass nur mehr ein Druck von etwa 55 bar in der Flasche ist.

Bevor es auf die Übungsstrecke geht, müssen noch einige Fitnessgeräte abgearbeitet werden
Foto: Hanns Strecker | Bevor es auf die Übungsstrecke geht, müssen noch einige Fitnessgeräte abgearbeitet werden

Im Ernstfall wäre jetzt absolute Eile geboten: Der Träger hat lediglich rund fünf Minuten Restzeit zum Atmen. "Also Abbruch und sofort raus aus der Gefahrenstelle", sagt Ausbildungsleiter Schemmel. "Hier im Übungsraum wäre eine leer gegangene Flasche kein Problem", ergänzt er. "Allerdings hätte der Teilnehmer die Prüfung nicht bestanden und müsste zu einem späteren Zeitpunkt die Überprüfung noch einmal machen."

Nach dem Test ist vor dem Test

Feuerwehrmann Mario Hagenauer von der Feuerwehr Stadtschwarzach hat mit seinem Teampartner keine Schwierigkeiten mit der Strecke gehabt. Bei ihm zeigt das Manometer am Schluss noch einen Restdruck von 100 bar an. Ähnlich bei seinem Kameraden.

Dennoch: Als die Beiden ihren Helm und die Maske abnehmen, sind die körperlichen Anstrengungen deutlich zu erkennen. Am Ende des Tages haben alle Atemschutzträger den Test bestanden. Der hohe Anspruch an die Qualität der Atemschutzträger setzt sich fort: Nach einem Jahr muss der Test erneut absolviert werden.

 
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