Die Gastronomie erlebte zu Zeiten der Corona-Pandemie nie dagewesene Umsatzeinbußen. Als Folge schlossen bis Ende 2021 laut dem Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA allein in Unterfranken 911 Gastgewerbe ihren Betrieb. Die Bundesregierung entgegnete dem Gaststättensterben mit Hilfspaketen. Eine Hilfe ist die Herabsetzung des Mehrwertsteuersatzes von 19 Prozent auf sieben Prozent für Speisen, die vor Ort gegessen werden. Diese Regelung wurde zuletzt 2022 bis zum Jahresende 2023 verlängert, um die gestiegenen Energiekosten abzufangen.
Bereits im Vorfeld der aktuellen Haushaltsdebatte des Bundestages wurde die Forderung von Gastronomie und Verbänden laut, den gesenkten Mehrwertsteuersatz auf eine unbefristete Dauer zu verlängern. Geschehe dies nicht, müssten bundesweit rund 12.000 weitere Betriebe aufgeben, warnt der DEHOGA. Wie blicken Gastronomiebetriebe aus dem Landkreis Haßberge auf die mögliche Rückkehr zu Mehrwertsteuer von 19 Prozent und wie schätzt der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband die aktuelle Lage in der Debatte ein?
Der Brauerei-Gasthof Hartleb in Maroldsweisach befindet sich seit mehr als 200 Jahren in Familienbesitz. Gunther Hartleb blickt mit Sorge auf die letzten drei Jahre und auch auf die aktuelle Debatte. Die Folgen der Pandemie spüre er noch immer. "Wir haben seitdem weniger Mitarbeiter und dadurch mussten wir auch unsere Öffnungszeiten verkürzen", berichtet der Gastwirt. In den letzten zwei Jahren hat der Brauerei-Gasthof bereits zweimal die Preise aufgrund der gestiegenen Energiekosten und der Inflation erhöhen.
Im Falle einer Rückkehr zum Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent ist für das Unternehmen die dritte Preiserhöhung unausweichlich. "Im Durchschnitt müssten wir dann für jede Speise ein bis zwei Euro mehr verlangen", so Hartleb. "Dann werden manche Gäste wohl zu Hause essen und nur noch auf ein Bier vorbeikommen", befürchtet er. Wie viele Gäste fernbleiben würden, kann er nicht einschätzen. Doch von der Politik wünscht Gunther Hartleb sich, den reduzierten Steuersatz beizubehalten und schließt sich damit den Forderungen der DEHOGA an.
DEHOGA hat klare Forderungen an die Bundespolitik
Thomas Geppert, der Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA, hat eindeutige Forderungen an die Bundespolitik: "Wir erwarten ganz klar die Fortführung des Steuersatzes von sieben Prozent auf Speisen im Restaurant und sind zuversichtlich, dass dies auch klappt. Denn wir haben sowohl die Zusage vom Bundeskanzler Scholz als auch die schriftliche Zusage von Bundesfinanzminister Lindner." Er erhoffe sich aus den aktuellen Haushaltsverhandlungen des Bundestages schnell Klarheit, welche der Gastronomie Handlungssicherheit für die kommenden Jahre geben würde.
Eine unbefristete Verlängerung des Mehrwertsteuersatzes brächte zugleich "die lang überfällige steuerliche Gleichbehandlung von Speisen" mit sich, wie Thomas Geppert schildert. Denn der erhöhte Steuersatz von 19 Prozent galt nur für Speisen, welche im Sitzen verzehrt wurden. Im Gegensatz zu Speisen, welche im Stehen verzehrt oder zum Mitnehmen verkauft wurden. Der Landesgeschäftsführer bezeichnet das als eine "Verrücktheit im Mehrwertsteuersystem" und fordert auch deshalb die sieben-prozentige Mehrwertsteuer auf alle Speisen.
Mehr als ein Dutzend Wirtschaften im Haßbergkreis würden schließen
Gravierende Folgen drohen laut Einschätzung der DEHOGA Bayern, würde die Mehrwertsteuer nicht dauerhaft gesenkt bleiben. Einer Umfrage zufolge müssten sieben Prozent der Betriebe in Bayern dadurch schließen. Dies entspräche umgerechnet circa 2400 Gastronomien im gesamten Freistaat, 232 Gastronomien in Unterfranken und 14 Gastronomien im Landkreis Haßberge.
Die Gründe hierfür liegen laut DEHOGA auf der Hand. "Viele Betriebe haben seit der Pandemie keine Puffer mehr. Dazu kommen die massiv steigenden Preise, welche zu einer Konsumzurückhaltung bei den Gästen führen", erklärt der Landesgeschäftsführer. Diese Kombination führe dann unausweichlich zur Schließung eines Betriebes.
Gastwirt spricht von nicht mehr tragbaren Zuständen
Ein Betrieb, der infolge von Pandemie und steigenden Preisen aufgeben muss, ist das Gasthaus Sonne in Gleisenau bei Ebelsbach. Betreiber Markus Tepina ist frustriert: "Die Zustände sind so nicht mehr tragbar, die letzten zweieinhalb Jahre haben mir den Rest gegeben." Seit Oktober 2005 betreibt der 47-Jährige sein Gasthaus. Gerne hätte er dies auch fortgeführt. Doch die steigenden Kosten zwingen ihn zum Aufgeben. "Die Preisaufschläge von teilweise über 50 Prozent auf manche Lebensmittel sind viel zu hoch. Das kann man nicht mehr auf den Kunden umwälzen. Die Gewinnspanne ist dadurch viel zu gering geworden", sagt Tepina. Erschwerend kommt hinzu, dass er die Corona-Soforthilfen zurückzahlen muss.
Die aktuelle Mehrwertsteuerdebatte verfolge er nicht mehr weiter. "Im Laufe des nächsten Jahres schließe ich sowieso", gibt Markus Tepina enttäuscht zu Wort. Hätte er gewusst, was die letzten Jahre mit sich gebracht haben, hätte er bereits vor der Pandemie geschlossen, ergänzt er abschließend.
In Neubrunn wurde im November 2020 die Erlebnisgastronomie "Zum Johann" eröffnet. Auch hier blickt der Besitzer Hellmuth Mantel mit Sorge auf die derzeitigen Entwicklungen in der Gastronomie. Die Eröffnung inmitten der Corona-Pandemie sorgte für einen schweren Start. Soforthilfen erhielten sie keine, so Mantel. "Die gesamte Lage ist momentan schwierig", berichtet der Gastwirt. Die gestiegenen Ausgaben für Lebensmittel, Energie und die hohen Lohnnebenkosten führten bereits zu einer Preiserhöhung seit der Eröffnung. Eine zweite Erhöhung wäre auch hier unausweichlich, sollte der Mehrwertsteuersatz wieder angehoben werden. "Dann kommen wohl auf jede Speise nochmals zwei Euro drauf", rechnet der Neubrunner vor.
Auch Hellmuth Mantel hält die sieben-prozentige Mehrwertsteuer auf Speisen für dringend nötig. Zugleich fordert er weitere Entlastungen für die Gastronomie. "Ich will nicht jedes halbe Jahr die Preise erhöhen müssen, das machen unsere Gäste auf Dauer nicht mit", sagt der Gastwirt.