Überlastete Züge, teure Tankfüllungen oder gar fehlende öffentliche Verkehrsmittel: Pendlerinnen und Pendler müssen zurzeit so einiges für ihren Weg zur Arbeit in Kauf nehmen, auch im Haßbergkreis. Fast 45 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der Region pendeln laut dem Pendleratlas der Bundesagentur für Arbeit in einen anderen Landkreis.
Diese Redaktion hat mit vier Pendlerinnen und Pendlern aus dem Landkreis Haßberge in Zeiten von 9-Euro-Ticket, gestiegenen Spritpreisen und verspäteten Zügen über ihre Erfahrungen gesprochen.
Stefan Kreuzer aus Ebelsbach, 29, fährt mit dem Auto:
"Ich arbeite als Produktentwickler in einem Lebensmittelkonzern in Gerolzhofen. Dort bin ich seit sechs Jahren angestellt, solange pendele ich auch schon dorthin. Meinen Arbeitsplatz erreiche ich am schnellsten über die Autobahn von Ebelsbach bis Haßfurt, danach fahre ich auf der Landstraße. Der einfache Fahrtweg ist 40 Kilometer lang. Auf die Arbeit brauche ich, je nach Verkehr, zwischen 25 und 40 Minuten. Für mich wäre es ein Traum, meinen Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen oder sogar mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. In Gerolzhofen gab es früher einen Bahnhof, jetzt allerdings nicht mehr. Meinen Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, wäre deshalb enorm aufwändig.
Im Monat verfahre ich für circa 400 Euro Diesel, mein Arbeitgeber übernimmt die Kosten nicht. Früher habe ich in Bamberg gewohnt und bin ebenfalls nach Gerolzhofen gependelt – das war noch deutlich teurer und ich war täglich zwei Stunden im Auto unterwegs. Trotz kürzerer Strecke merke ich die gestiegenen Spritkosten definitiv im Geldbeutel, aber auch auf dem Weg zur Arbeit. Andere Autofahrerinnen und Autofahrer fahren nun deutlich langsamer, auch werde ich nicht mehr so oft überholt. Arbeiten im Homeoffice ist für mich kaum möglich. Weil wir Produkte in der Lebensmittelbranche herstellen, muss ich immer vor Ort sein. Daran gedacht, den Job zu wechseln, um die Pendelzeiten und die Pendelkosten zu senken, habe ich schon. Weil ich aber in einer speziellen Branche arbeite, ist das nicht so einfach möglich. In einer großen Stadt wäre das leichter. "
Michael Lorz aus Haßfurt, 41, fährt mit der Bahn:
"Ich bin Mediengestalter und arbeite in Bamberg – mitten in der Stadt. Dort bin ich seit 2007 beschäftigt. Ich pendele also seit 15 Jahren. Das erste Jahr bin ich mit dem Auto gefahren, musste wegen der zentralen Lage meines Arbeitgebers aber immer nach einem freien Parkplatz suchen. Das hat teilweise bis zu 25 Minuten gedauert. Danach bin ich auf den Zug umgestiegen, das ist tausendmal entspannter. Das Haus verlasse ich morgens um circa 6.45 Uhr, am Bahnhof in Haßfurt kann ich dann innerhalb einer halben Stunde drei verschiedene Zugverbindungen nutzen, um zum Bamberger Bahnhof zu kommen. Von dort laufe ich noch rund 20 Minuten bis zur Firma.
Insgesamt brauche ich von Tür zu Tür also eine dreiviertel Stunde. Natürlich gibt es angenehmeres, als jeden Tag eineinhalb Stunden pendeln zu müssen. Für mich ist es aber keine verlorene Zeit, es kommt darauf an, was man damit macht. Ich lese im Zug Nachrichten, Zeitschriften oder höre Musik. Die Fahrtkosten übernehme ich selbst, ich habe eine Jahreskarte. Den Preis dafür finde ich angemessen, monatlich zahle ich 135 Euro. Das 9-Euro-Ticket kommt mir finanziell natürlich gelegen. Man merkt jetzt aber schon, dass die Züge aktuell häufiger ausfallen, das war früher schon entspannter. Das ist liegt aber nicht nur am 9-Euro-Ticket, sondern auch an Personalausfällen. Trotzdem muss ich sagen: Ich liebe Bahn fahren."
Eckart Roeß aus Ebern, 54, fährt pro Tag 60 Kilometer:
"Ich bin Sonderschullehrer für geistig behinderte Kinder und arbeite in Bamberg. Ich fahre jeden Tag 30 Kilometer zur Arbeit und benötige dafür circa 25 bis 30 Minuten, je nach Verkehrslage. Ich bin auf der Bundesstraße B4 und danach auf der Autobahn A73 unterwegs. Diesen Weg pendele ich seit zwölf Jahren. Alle zwei Wochen tanke ich mein Auto voll, momentan beläuft sich das im Monat auf Spritkosten von rund 140 Euro. Mein Arbeitgeber übernimmt die Kosten nicht, ich kann das Kilometergeld aber bei der Steuer absetzen.
Die öffentlichen Verkehrsmittel kann ich nicht nutzen, um auf die Arbeit zu kommen, das ist einfach ein Zeitfaktor. Statt einer halben Stunde einfach wäre ich dann eine Stunde unterwegs und müsste zwischen Bahn und Busverbindung wechseln. Ich nutze die Bahn schon, aber eher für das Freizeitvergnügen – das geht dann auch ohne Termindruck. Die gestiegenen Spritkosten merke ich im Geldbeutel, man schaut jetzt schon, dass man nicht unnötig herumfährt. Auf dem Weg zur Arbeit höre ich Musik im Auto. Bei mir läuft Metall. Ich liebe diese halbe Stunde Pendelzeit jeden Morgen, ich komme immer total entspannt an der Schule an."
Doris Klehr aus Ebern, 49, ist in einer Fahrgemeinschaft:
"Ich arbeite als Elektrofachkraft in Bamberg. Seit Juni nutze ich das 9-Euro-Ticket, das bietet sich an, weil die Firma zu Fuß circa fünf Minuten vom Bahnhof entfernt ist. Vorher bin ich lange Zeit alleine mit dem Auto zur Arbeit gefahren, kurz vor dem 9-Euro-Ticket habe ich aber mit einem Kollegen, der in der Nähe wohnt, eine Fahrgemeinschaft gegründet. Sobald das Bahnticket im September ausläuft, fahre ich dann wieder mit dem Kollegen zur Arbeit – es sei denn, die Deutsche Bahn lässt sich etwas vergleichsweise attraktives einfallen.
Am Morgen laufe ich oder fahre mit dem Fahrrad zum Bahnhof in Ebern, das dauert je nachdem zwischen fünf und 15 Minuten. Aktuell brauche ich ungefähr 50 Minuten von meiner Haustüre bis zur Arbeit. Wenn ich das Auto nehme, brauche ich rund 35 Minuten, das nimmt sich also nicht viel. Die Fahrt mit der Bahn hat sich für mich vor dem 9-Euro-Ticket preislich nicht rentiert, derzeit spart man viel. Man muss beim Bahnfahren aber flexibel bleiben: Einmal ist nach der Arbeit der Zug ausgefallen. Ich musste also eine Stunde auf die nächste Verbindung warten. Der Zug war dann auch entsprechend voll, weil die spätere Zugverbindung nochmals ausfiel. Trotzdem muss ich sagen, dass die Fahrt mit dem Zug entspannter ist als die mit dem Auto."