Kann man sich das vorstellen? Alle Bewohner beispielsweise von Krum, Birkach oder Schindelsee splitternackt auf einer Wiese? Bruno Schneyer, Betreiber des Zeiler Capitol Theaters, mag vor allem den Auftaktfilm seines Kinosommers im Zeiler Caritasgarten am Schulring. Weil er bei der französischen Komödie "Ein Dorf zieht blank" durchaus Parallelen zum Haßbergkreis sieht. In Mêle-sur-Sarthe wie im Haßbergkreis, mithin in ländlichen Regionen, müssen sich die Menschen ganz schön verrenken, damit ihre Heimat eine Zukunft hat: Die französischen Bauern versammeln sich nackt auf einer Wiese für ein werbewirksames Gemeinschaftsfoto.
Schneyer selbst hat zusammen mit Mario Pfaff, Einzelunternehmer mit der MAD Veranstaltungstechnik in Oberaurach, zum zweiten Mal in kurzer Zeit einige Verrenkungen unternommen: Um, wie zuvor in Sand am Main, statt des wegen der Corona-Krise abgesagten Weinfestes ein Kultur- und Kinoprogramm auf die Beine zu stellen. Und im zweiten Anlauf sogar deutlich größer: Ging das Sander Sommerkino über drei Tage, sind es auf der anderen Mainseite gar sieben Events, von Freitag, 31. Juli, bis Samstag, 8. August.
Start ist, wie erwähnt, an diesem Freitag mit dem Streifen über die in ihrer Not kreativen Bauern in der Normandie. Ein Highlight ist sicher auch "Fisherman's Friends", die wahre Geschichte über einen Shanty-Chor auf dem englischen Cornwall. Und auch der "Leberkäs Junkie" ist wieder dabei.
Entspannung, Entkrampfung und ein bisschen Therapie
Alles in allem "schöne Sommerfilme", leichte, entspannende und entkrampfende Unterhaltung, wie Bruno Schneyer seine Programmauswahl beschreibt. Auch mit der Bezeichnung "Therapiefilme" wäre er einverstanden: Unterhaltung, die jetzt in Pandemiezeiten, in denen die einen Panik vor der Ansteckung haben und die anderen durch die Einschränkung ihrer Freiheiten in den Wahnsinn getrieben werden, ablenkende und damit heilsame Wirkung entfalten mag.
Das gilt auch für das Vorprogramm. Jeden Kinosommer-Abend gibt es von 19 bis 21.30 Uhr Musik oder Kultur, live versteht sich, ehe dann bis gegen Mitternacht "Die Goldfische" als ungewöhnliche Schmuggelbande oder die Musikkomödie "Yesterday" um die aus dem Gedächtnis der Menschheit verschwundenen Beatles über die große Leinwand flimmern.
Von wegen "nur Vorprogramm"
"Manches, was wir da vorweg bieten, dürfte das eigentliche Highlight sein", glaubt indes Mario Pfaff. Und denkt vor allem an Freitag, 8. August. Da wird die aus "Fastnacht in Franken" bekannte "Putzfraa" Ines Procter im Caritasgarten den Besen und das Wort schwingen, unterstützt von Partner Kosmas Fischer. Bruno Schneyer freut sich vor allem auf die "Weltmusik" mit der armenischen Sopranistin Gayané Sureni und dem kurdischen Perkussionisten Hadi Alizadeh am Eröffnungstag - und den Varietekünstler Schorsch Bross am Tag darauf.
Maximal 400 Gäste dürfen an jedem Abend im Caritasgarten Platz nehmen, ihr Blick wird dann nach Nordosten gerichtet sein, wo vor der Fassade des einstigen Fotomuseums die Bühne aufgebaut ist und später die Leinwand herunterfährt. Die Stadt Zeil war zunächst auf weniger erlaubte Besucher gekommen, doch Mario Pfaff hatte noch einmal nachgemessen: Knapp 810 Quadratmeter groß soll die Grünfläche sein, groß genug, um bei der oben genannten Zahl die vom Coronavirus diktierten Mindestabstände einzuhalten. Schwierig wäre es nur, wenn lauter Einzelpersonen eintrudelten. "Aber Kinogänger kommen zu 80 bis 90 Prozent nicht alleine", weiß Bruno Schneyer. Und Familien oder Freunde können bis zu zehnt zusammensitzen, vorausgesetzt, sie melden sich als Gruppe an.
Noch gibt es zahlreiche Tickets
Schneyer und Pfaff wollen und müssen streng auf die Einhaltung aller Hygienevorschriften achten, "alles andere hat keinen Sinn, sonst können wir so etwas nie wieder machen", meinen die Veranstalter. Sie setzen Ordner ein - und auch die Polizei wolle Präsenz zeigen, damit nicht irgendwelche Störenfriede die Abende sprengen. Bis Dienstag war der Vorverkauf der Tickets verhalten, was auch ein wenig an der Verunsicherung in der Bevölkerung liege - viele Leute wüssten nicht so genau, was denn nun erlaubt sei und was nicht, etwa bezüglich des Tragens von Schutzmasken. Aus diesem Grund war auch der Sander Kinosommer nicht ganz so erfolgreich wie erhofft. Von den 200 Plätzen, die hier erlaubt waren, blieben jedes Mal mindestens 40 leer. Ein Hindernis scheint auch zu sein, dass es Gruppen nicht immer leicht fällt, die genaue Personenzahl vorher festzulegen.
Zeils Bürgermeister Thomas Stadelmann (SPD) will auf alle Fälle an mindestens einem Abend dabei sein. "Großes Jammern darüber, dass das Altstadt-Weinfest ausfällt, bringt auch niemanden weiter", findet er. Klar sei das bitter, aber auch die kleinen Feste und die dahinter stehenden Vereine seien betroffen, etwa in Krum oder Ziegelanger. Da helfe ja auch kein Wehklagen. Stattdessen freut er sich über Kino und Kultur als Alternative und tut das, was auch sein Amtskollege Bernhard Ruß getan hat: Die Kommune unterstützt die Open-Air-Veranstaltungen unter anderem durch die Bereitstellung von Strom und Wasser. "Und ansonsten freuen wir uns einfach auf das Zeiler Weinfest 2021", blickt Stadelmann nach vorne.
Die Eintrittskarten kosten wiederum 12 Euro je Abend, zwei Drittel für das Kino, ein Drittel für Musik und Kultur. Und auch für Catering ist gesorgt: Der Musiktreff Zeil sorgt für den Ausschank, Erec's Restaurant für kulinarische Angebote. Bliebe noch eine Unbekannte: das Wetter. Der Trend bis zum zweiten Augustwochenende ist gut, mit Tageshöchsttemperaturen weit über 20 Grad und wenig Niederschlag. Aber wer weiß. Bei Sturm käme es mangels eines Ausweichquartiers zum Ausfall. Ansonsten gibt Bruno Schneyer die Losung aus: "Die Veranstaltungen finden auch bei jedem Wetter statt." Selbst wenn dann das Dorf bei Regen vielleicht doch nicht blank ziehen sollte.
So läuft der Kinosommer im Zeiler Caritasgarten
Catering
Reservierung
Programm
die "Fränkische Putzfraa" Ines Procter