Hoch konzentriert arbeitet Philipp Jäger an seinem Gesellenstück. Gerade hat er an der Berufsschule in Haßfurt die theoretische Gesellenprüfung im Schreinerhandwerk absolviert. Doch schon steht an diesem Samstag die praktische Prüfung an. Und am 20. Juli dann das "Sahnehäubchen", die Bewertung der Gesellenstücke und Überreichung der Gesellenbriefe an alle, die die Prüfungen bestanden haben.
Der 18-Jährige freut sich auf diesen Tag, er ist ein wichtiger Abschnitt seines bisherigen Lebens. Gerne zeigt und erläutert er auch am 21. Juli sein Gesellenstück. Besucherinnen und Besucher können die Werke der diesjährigen Schreiner-Prüflinge nämlich an diesem Sonntag von 11.00 bis 17.00 Uhr im Foyer der Berufsschule (Hofheimer Straße 14-18 in Haßfurt) genau unter die Lupe nehmen.
Im Vorfeld des großen Tages hat die Redaktion mit Philipp über seinen Beruf, den Weg dahin und wie es eventuell in Zukunft weiter geht gesprochen. Und wie es ist, wenn der Vater zum Ausbilder wird. Philipp lernte sein Handwerk nämlich bei Vater Georg Jäger in Trossenfurt.
Von außen sieht die Schreinerei Jäger in Trossenfurt ein bisschen aus wie die moderne Version von Meister Eders Werkstatt. An der Sandsteinwand ranken Rosen empor, schon auf dem Dach sieht man aber, dass man hier mit der Zeit geht, denn seit Kurzem erzeugt eine Photovoltaikanlage den Strom für die Schreinerei. Die Energiebilanz auf dem Handy zu verfolgen, macht Georg Jäger fast so viel Freude wie den Filius bei der Arbeit am Gesellenstück zu beobachten.
Ein Schrank für die Motorrad-Kleidung soll es werden, das Modell steht immer in Sichtweite, wenn Philipp daran arbeitet. Edle Elsbeere hat er sich besorgt, einige Raffinessen eingearbeitet, die sich dem Nicht-Fachmann aber erst auf den zweiten Blick offenbaren. Mehr wird natürlich vor der Beurteilung durch die Prüfungs-Jury nicht verraten. So ein Gesellenstück muss bestimmte Vorgaben an handwerklichen Techniken erfüllen, ansonsten sind dem Prüfling in der Gestaltung keine Grenzen gesetzt. Zwei Wochen, also 80 Arbeitsstunden, sollen die Prüflinge in das Stück investieren.
"Unser Lehrer hat uns geraten, ein Möbelstück zu fertigen, das dann auch direkt einen Nutzen bei uns zu Hause hat". Diesen Nutzen wird der "Motorrad-Schrank" von Philipp sicher haben. Das Hobby Motorradfahren teilt er mit seinem Vater, kürzlich sind sie mit den Motorrädern nach Auschwitz gefahren – quasi als Geschichts- und Sozialkunde-Einheit der Ausbildung. Im eigenen Betrieb bekommt Philipp ein bisschen mehr mit, als vielleicht manch anderer Azubi. "Ich beziehe ihn schon auch teilweise in die Kalkulation von Angeboten ein", erklärt Georg Jäger. Von gutem Handwerk allein kann schließlich keiner leben, am Ende muss auch etwas verdient sein.
Philipp ist der erste Azubi von Georg Jäger, der im Vorfeld auch so seine Erfahrungen mit der dazugehörigen Bürokratie machte. Vorausgegangen waren intensive Gespräche zum Thema "Papa ist dann dein Ausbilder". Natürlich ist es praktisch für einen 16-Jährigen, wenn er zur Ausbildungsstelle nur eine Haustür weiter geht, statt mit dem Roller bei Wind und Wetter zum Arbeitsplatz zu fahren. Aber für ein solches Zusammenarbeiten muss natürlich die Chemie stimmen.
Es könnte auch ein Architekturstudium folgen
Ob mit der Berufsentscheidung von Philipp auch die Zukunft der Trossenfurter Schreinerei gesichert ist, das ist momentan noch nicht geklärt. "Ich lasse ihm alle Wege offen", so Georg Jäger. Die Meisterschule in Ebern, das soll es dann nach etwa einem Jahr Berufspraxis dann schon sein. Ob dann die Selbständigkeit folgt oder der Weg doch noch eher in die Richtung Architektur geht, das muss Philipp ganz alleine entscheiden.
So wie er sich auch in der Berufsorientierung breit aufgestellt hat. In verschiedenen Praktika hat er sich als Steinmetz, Zweirad-Mechaniker, aber auch in einem Architekturbüro ausprobiert. Aber Holz ist schon das Material der Familie Jäger. Der Opa von Georg Jäger war Wagner, sein Vater und der Onkel führten die Wagnerei weiter, bis es dafür kaum noch Nachfrage gab und der Vater schulte um zum Zimmermann. Georg schließlich lernte als Schreiner, machte den Meisterbrief und baute die alte Wagnerei und ein weiteres Nebengebäude zur eigenen Schreinerei um.
Philipp hat den M-Zug der Mittelschule besucht und die Mittlere Reife. Ab der 9. Klasse war ihm eigentlich klar, dass er Schreiner werden möchte. 18 Prüflinge umfasst der aktuelle Jahrgang aus den Landkreisen Haßberge und Schweinfurt. "Wenn ich zurückdenke: wir waren damals 63 nur aus dem Landkreis Haßberge plus eine Milewski-Klasse", fasst Georg Jäger den Geburtenrückgang in nüchterne Zahlen. Und weil sich von den weniger Schulabgängern auch relativ wenig für ein Handwerk entscheiden, ist eines klar: Als Schreiner wird Philipp in seinem gesamten Berufsleben die Arbeit nicht ausgehen.