Thomas Stadelmann lehnt sich entspannt zurück. Der Zeiler Bürgermeister sitzt in den hellen neuen Räumen des ehrwürdigen Caritashauses. Handwerker wuseln eifrig umher. Es gibt noch Einiges zu tun. Dennoch ist das Stadtoberhaupt guter Dinge. "Ich bin froh und dankbar", so Stadelmann beim Ortstermin mit dieser Redaktion, "dass die langjährigen Gespräche mit der Regierung von Unterfranken zu einem positiven Ergebnis geführt haben und wir den offenen Ganztag neben der Kinderkrippe bald entsprechend nutzen können."
Danach hatte es nicht immer ausgesehen. Lange Zeit hatte die weitere Nutzung des Caritashauses nach der Generalsanierung in der Luft gehangen. Ursprünglich war hier die Mittagsbetreuung der gegenüberliegenden Grundschule untergebracht gewesen. Und diese sollte eigentlich auch wieder dorthin zurückkehren.
Die Planungen laufen bereits seit fünf Jahren
"Die Planungen laufen seit 2018", erklärt Dietmar Herrnleben, Vorsitzender des Caritasvereins Zeil. Dieser ist der Träger der Caritas-Kindertagesstätte und der Grundschul-Mittagsbetreuung. "Eigentlich war alles klar. Alle Umbauten waren vorgesehen für die Nutzung durch die Mittagsbetreuung. Die Mauern, die Möbel, die Farben; es war alles geplant – eigentlich."
Wenn, ja wenn nicht in der Zwischenzeit eine – wie sich herausstellen sollte – tiefgreifende Änderung eingetreten wäre. Aus der Mittagsbetreuung der Grundschule war nämlich der offene Ganztag geworden. Im Prinzip ziemlich dasselbe. Der offene Ganztag schließt – wie zuvor die Mittagsbetreuung – direkt an den stundenplanmäßigen Unterricht an und bietet in klassen- oder jahrgangsübergreifenden Gruppen eine Auswahl an Freizeitangeboten mit verschiedenen Aktivitäten an. Ein gemeinsames Mittagessen aus der Schulmensa sowie eine verlässliche Hausaufgabenbetreuung sind feste Bestandteile des offenen Ganztags.
Der Haken: Andere Nutzung, anderer Fördertopf
Der Teufel steckt aber – wie so oft – tief im Detail. Für die Sanierung von Räumlichkeiten für eine Mittagsbetreuung ist in Bayern ein anderer Fördertopf zuständig als für die Sanierung von schulischen Gebäudlichkeiten. Als die Förderanträge für die Generalsanierung des Caritashauses gestellt wurden, handelte es sich noch um eine Mittagsbetreuung, also eine Angelegenheit für Mittel aus der Städtebauförderung. Als die Fertigstellung des Gebäudes näher rückte, war jedoch aus den künftigen Nutzern ein offener Ganztag geworden und somit eine schulische Einrichtung mit einem anderen Fördertopf.
Ergo, so die vorläufige Schlussfolgerung der Behörden, dürfen die Kinder das eigens für sie umgebaute Caritashaus nach dessen Fertigstellung nicht benutzen, da ein mit Städtebaumitteln geförderter Bau nicht für schulische Zwecke genutzt werden darf. Dietmar Herrnleben war noch im Frühsommer dieses Jahres verzweifelt wegen dieser Entwicklung. "Es ziehen eigentlich alle an einem Strang. Und die Regierung ist auch gewillt, eine Lösung zu finden. Aber man muss sich halt auch nach den geltenden Bestimmungen richten."
Erschwerend kam hinzu, schildert Thomas Stadelmann, dass von den Behörden die Grundschule mit ihren beiden "Filialen" Zeil und Sand sowie die Mittelschule Zeil-Sand in einen Topf geworfen und die ermittelten Quadratmeterzahlen einfach durch die aktuellen Schülerzahlen geteilt wurden. So kamen die Berechnungen zu einem Raum-pro-Kopf-Ergebnis, das die zwischenzeitliche Verweigerungshaltung der Regierung unterstützte. Zudem waren im Zeiler Schulgebäude zu diesem Zeitpunkt noch drei Räume an Klassen der Förderschule aus Haßfurt vermietet, die ebenfalls unter Raumnot leidet.
"Keiner will etwas Böses": Reger Kontakt mit Würzburg
Die Telefone zwischen Zeil und Würzburg liefen heiß. Bürgermeister und Schulleitung waren häufige Gäste in der Bezirkshauptstadt. "Keiner will doch etwas Böses", versuchte sich der Caritas-Ortsvorsitzende noch im Frühjahr in Zuversicht. Wenn die Regierung sähe, dass es tatsächlich einen Engpass bei den Räumlichkeiten gäbe, so Herrnleben damals, würde sie sich gegen eine logische Lösung bestimmt nicht sträuben.
Es blieb allen Beteiligten dann nichts anderes übrig, als die Uhren noch einmal auf "Null" zurückzudrehen. Vorsorglich kündigte der Bürgermeister der Förderschule die von ihnen angemieteten Räume. Auch weil die Grundschule im jetzt beginnenden Schuljahr ohnehin deutlich mehr Schüler unterbringen muss. Statt wie zuletzt 13 werden heuer 14 Klassen die Grundschule Zeil-Sand besuchen. Den offenen Ganztag besuchen im neuen Schuljahr insgesamt 191 Kinder, davon 75 in Sand und 116 in Zeil.
Die Schule hat ihr pädagogisches Konzept überarbeitet
Das Planungsbüro machte sich an die Arbeit und erstellte eine völlig neue Raumplanung. Die aktuellen Ergebnisse machten aus Sicht des Architekten die Nutzung des Caritashauses für den offenen Ganztag schlichtweg unabdingbar, so Stadelmann. Die Schule überarbeitete deshalb auch noch einmal das pädagogische Konzept, das zu dem gleichen Resultat gelangte. Und mit diesen neuen Daten ging es erneut nach Würzburg.
"Die Verantwortlichen dort haben sich wirklich für uns eingesetzt. Dafür meinen tiefen Dank." Endlich gab es grünes Licht von oben für die vorgesehene Nutzung des Caritashauses. Der Zeiler Bürgermeister ist nun zuversichtlich, dass der Umzug ins das sanierte Gebäude in den Herbst- oder den Weihnachtsferien erfolgen kann. "Wann genau, das entscheidet letztlich die Schule. Die noch fehlenden Möbel werden in den nächsten Wochen geliefert. Ich bin sehr froh, dass der ursprüngliche Charakter des Hauses erhalten bleiben kann." Thomas Stadelmann hat nämlich dereinst selbst hier den Kindergarten besucht.
Zusammen mit dem Caritashaus für den offenen Ganztag wurde das angrenzende ehemalige Fotomuseum komplett saniert und mit einer Förderung durch FAG-Mittel zur Kinderkrippe umgebaut. Insgesamt entstanden bei der Generalsanierung des Gebäudekomplexes Kosten in Höhe von rund 4,2 Millionen Euro. Davon sind etwa 2,3 Millionen Euro Fördergelder. Ihren Eigenanteil bestreitet die Stadt Zeil aus der bewilligten Stabilisierungshilfe.
