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Bamberg/Zeil
Mann wegen versuchten Mordes vor Gericht: Vater soll versucht haben, sein Baby zu töten
In Rage soll ein 39-Jähriger versucht haben, seinen kleinen Sohn zu töten. Am ersten Prozesstag in Bamberg schildern Polizisten, welche Gewalt sie erlebten.
Der Angeklagte betritt den Sitzungssaal: Vor dem Landgericht Bamberg hat der Prozess gegen einen Vater wegen versuchten Mordes an seinem zwei Monate alten Kind begonnen.
Foto: Daniel Vogl, dpa | Der Angeklagte betritt den Sitzungssaal: Vor dem Landgericht Bamberg hat der Prozess gegen einen Vater wegen versuchten Mordes an seinem zwei Monate alten Kind begonnen.
Udo Güldner
 |  aktualisiert: 02.12.2024 02:33 Uhr

Erst ein dumpfer Schlag, dann der markerschütternde Schrei einer Frau. Als der Nachbar das mitten in der Nacht hört, ahnt er, dass etwas Schlimmes geschehen sein muss. Er alarmiert sofort die Polizei. Als die Streifenbeamten in der Wohnung in Zeil am Main (Lkr. Haßberge) eintreffen, ist nur noch ein laut wimmerndes Baby auf dem Arm der Frau zu hören. Kein Geschrei, kein Streit - der Mann beschwichtigt, dass nichts vorgefallen sei.

Einem der Polizisten aus Haßfurt aber fällt der angsterfüllte Blick der Frau auf. Sie kann ihm zuflüstern, dass sie aus der Wohnung will und der Säugling einen Arzt brauche. Sicherheitshalber hätten sie in jener Nacht im April dieses Jahres Kollegen zur Hilfe gerufen, sagen die beiden Einsatzkräfte an diesem Donnerstag am Landgericht Bamberg aus.

Schläge und brutale Griffe: Vater wegen Mordversuchs angeklagt

Es ist der erste Verhandlungstag im Prozess gegen einen 39-Jährigen aus Zeil, der laut Anklage seinem zwei Monate alten Sohn in Tötungsabsicht Verletzungen zugefügt haben soll.

Die Frau sei mit dem Baby ins Schlafzimmer gegangen, um einige Sachen zu packen, berichten die Polizisten. Der Mann habe auf sie eingeredet - und ohne jede Vorwarnung mehrfach mit den Fäusten zugeschlagen. Genau auf das Baby. "So etwas habe ich noch nicht gesehen", sagt einer der Beamten. Die Mutter habe versucht, ihr Kind zu schützen. Der Mann aber habe von hinten um sie herum mit beiden Händen an den Kopf des Säuglings gegriffen - und zugedrückt.

Es dauert, bis es einem der Polizisten gelingt, den brutalen Griff zu lösen. Er selbst bekommt den Ellenbogen des 39-Jährigen ins Gesicht und erleidet eine Platzwunde. Das Baby habe während des Ringens wie mit dem Körper in der Luft gebaumelt, hin und her wie ein Pendel.

Polizisten ringen mit dem tobenden Mann minutenlang

Den Zeugen zufolge braucht es mehrere Minuten, bis die vier Einsatzkräfte den sich wild wehrenden, muskulösen Mann nach einem Kampf gefesselt haben. Mit "Scheiß Frauen" habe der 39-Jährige eine Polizistin beleidigt und einem Kollegen gedroht. Und gesagt: "Ich wollte dieses Baby nie haben".

Auf sie habe der Mann den Eindruck gemacht, als ob er tatsächlich geglaubt habe, das eigene Kind töten zu dürfen, sagen die Polizisten.

Bei der Wohnungsdurchsuchung finden sie in Schränken, Schubladen und im Kühlschrank Dutzende Ampullen und Tabletten mit Steroiden, Hormonen und Arzneimitteln, die als illegale Hilfsmittel beim Muskelaufbau im Kraftsport genutzt werden.

Mit voller Wucht auf den Boden geschleudert: Knochenbrüche und vielleicht Spätfolgen

Die Frau hat sich mit ihrem Kind bei einem Nachbarn in Sicherheit bringen können, ein Notarzt und der Rettungsdienst sind zur Stelle. Später berichtet die Frau den Ermittlern die schrecklichen Einzelheiten: Der Vater habe das wehrlose Baby aus einiger Höhe aufs Bett fallen lassen - nur weil es nicht sofort einschlafen konnte und geschrien habe. Minutenlang habe er den wehrlosen Säugling danach geschüttelt, ihm mit dem Daumen den Unterkiefer nach unten gedrückt. Zuletzt habe er das Baby mit voller Wucht aus Brusthöhe herab auf den Boden geschleudert - und gedroht, den eigenen Sohn aus dem Fenster zu werfen. Nur ihr Flehen habe das verhindert.

Das Baby erleidet mehrere Knochenbrüche an Armen und Beinen, die den Ärzten zufolge Probleme beim späteren Wachstum machen könnten. Ob der Säugling durch die schweren Verletzungen neurologische Spätfolgen davongetragen hat, ist noch unklar.

Der Angeklagte am Landgericht Bamberg neben seinen beiden Verteidigern, Andreas Dräger (li.) und Aybora Akgün. Auf vier Verhandlungstage ist der Prozess wegen versuchten Mordes angesetzt.
Foto: Daniel Vogl, dpa | Der Angeklagte am Landgericht Bamberg neben seinen beiden Verteidigern, Andreas Dräger (li.) und Aybora Akgün. Auf vier Verhandlungstage ist der Prozess wegen versuchten Mordes angesetzt.

Oberstaatsanwalt Michael Hoffmann hat den 39-Jährigen, der aus dem Iran stammt, wegen versuchten Mordes, Misshandlung von Schutzbefohlenen, gefährlicher und zweifacher vorsätzlicher Körperverletzung, Widerstandes gegen und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, sowie des unerlaubten Besitzes nicht geringer Mengen an Dopingmitteln angeklagt.

Deal vor Gericht: Mutter muss nicht aussagen

Der Prozess vor dem Schwurgericht ist auf vier Verhandlungstage angesetzt und wird am 3. Dezember mit dem angekündigten Geständnis des Mannes fortgesetzt. Um der Mutter des Kindes eine quälende Befragung im Zeugenstand zu ersparen, haben sich alle Prozessbeteiligten auf die Zusage geeinigt, dass der 39-Jährige eine Freiheitsstrafe von maximal achteinhalb Jahre zu erwarten hat. Ursprünglich hatten auch mehr als zehn Jahre Haft im Raum gestanden.

 
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  • Steffen Cyran
    Bleibt zu hoffen, daß ein Urteil gefällt wird, das dieser unsäglichen Gewalt gegen Wehrlose gerecht wird.
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  • Peter Koch
    Wären Sie mit lebenslänglich ohne Chance auf Freilassung einverstanden? Ich fände das gerecht.
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