Die Leidenschaft für die Blasmusik begleitet Stefan Paulus sein Leben lang: Bis 2008 spielte er Trompete in der Knetzgauer Musikkapelle. Dann jedoch musste er dieses Hobby aufgeben. Denn 2008 wurde er zum Bürgermeister von Knetzgau gewählt, was ihm zu wenig Zeit gelassen habe, um weiter intensiv Musik zu machen, berichtet er. Doch bald wird er wieder mit seiner Trompete auf Bühnen zu hören sein, wenn auch nur selten. Denn: Paulus (SPD/CWG) gehört zu den mittlerweile rund 45 Mitgliedern der Blaskapelle bayerischer Bürgermeister – zusammen mit einer weiteren Bürgermeisterin aus dem Landkreis Haßberge: Saxophonistin Ruth Frank (parteilos) aus Breitbrunn.
Initiative kam vom bayerischen Gemeindetag
"Wir haben uns unabhängig voneinander angemeldet", berichtet Frank im Gespräch mit dieser Redaktion. Erst bei einem Blick auf die Teilnehmerliste hatten die beiden dann jeweils festgestellt, dass noch jemand anders aus dem eigenen Heimatkreis dabei ist.
Die Initiative zur Gründung einer Blaskapelle, deren Mitglieder allesamt Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bayerischer Städte und Gemeinden sind, ging vom Bayerischen Gemeindetag aus. Die Idee stammt von dessen Direktoren Andreas Gaß und Georg Große Verspohl. "Wir spielen beide selber Musik", beschreibt Gaß im Gespräch, was die beiden dazu inspiriert hat.
Ein ehemaliger Heeresmusiker als Dirigent
"Wir haben Christian Ziegler gewonnen. Der hat sich bereiterklärt, den Dirigenten zu machen." Das sei ein besonderer Glücksfall, denn: Ziegler, der ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Fensterbach in der Oberpfalz, ist studierter Musiker und spielte bis zu seiner Pensionierung als Berufssoldat im Heeresmusikkorps. Ein Dirigent dieses Kalibers war auch nötig, denn das Zusammenspiel der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ist durchaus eine Herausforderung. Immerhin können sie sich nicht annähernd so häufig zu gemeinsamen Proben treffen, wie das normale Kapellen tun.
Im Juni 2022 starteten Gaß und Große Verspohl dann ihre Anfrage und hatten Erfolg: Rund 40 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bekundeten ihr Interesse, bei der Kapelle dabei zu sein – "glücklicherweise in spielbarer Besetzung", betont Ruth Frank, dass am Ende auch alle benötigten Instrumente vertreten waren. Stefan Paulus hebt auch die Ironie des Schicksals hervor: "Ich habe damals aufgehört, weil mir das Bürgermeisteramt keine Zeit mehr gelassen hat. Jetzt bin ich durch das Bürgermeisteramt wieder reingekommen."
Wie alles begann: Der musikalische Werdegang von Stefan Paulus und Ruth Frank
Paulus spielt seit dem Jahr 1977 Trompete, damals war er zehn Jahre alt. Das lag bei ihm in der Familie, denn sein Vater war damals Dirigent der Musikkapelle. So wirkte auch Stefan Paulus selbst beim Knetzgauer Musikverein mit, bis er 2008 zum Bürgermeister gewählt wurde. In seiner Schulzeit am Haßfurter Gymnasium spielte er dort außerdem in der Bigband.
Für Ruth Frank begann die Blaskapellen-Zeit deutlich später. "Ich bin groß geworden in der Kirchenmusik", berichtet sie. "Dann bin ich in eine Situation gekommen, in der ich aus meiner normalen Lebenssituation rausgefallen bin." Zu dieser Zeit sei sie in einen Musikladen gegangen, eigentlich mit der Absicht, sich einen Querflöte zu kaufen. Spontan entschied sie sich dann aber für ein anderes Instrument: ein Saxophon.
Das Spielen brachte sie sich selbst bei, 2011 trat sie erstmals mit den Köhlertaler Musikanten auf. "Das war für mich der Eintritt in die Gemeinde", berichtet Frank, die damals schon in Breitbrunn lebte, aber noch kaum Anschluss hatte. 2020 wurde sie dort zur Bürgermeisterin gewählt.
Wenn das Zusammenspiel auch ohne gemeinsame Proben sitzen muss
Da sich die Blaskapelle bayerischer Bürgermeister nur selten zu Proben treffen kann, müssen alle beteiligten Musikerinnen und Musiker ihre Instrumente sehr sicher beherrschen. "Ich gehe davon aus, dass sich nur die gemeldet haben, die es sich zutrauen", sagt Andreas Gaß gegenüber dieser Redaktion.
"Man bekommt die Noten und übt daheim im stillen Kämmerlein", sagt Ruth Frank. Wenn dann die Kapelle die Musik kurz vor dem Auftritt noch einmal durchspielt, sei das für viele Mitglieder das erste Mal, dass sie ihren Part zusammen mit anderen spielen. Trotzdem funktioniere es gut: "Dann spielt man zusammen, als würde man sich schon ewig kennen."
Gelegentlich gibt es allerdings auch Angebote für gemeinsame Probenwochenenden. Dabei ist alles an die besondere Situation der Stadt- und Gemeindeoberhäupter angepasst: Auftritte sind relativ selten und laufen nach dem Motto: Wer Zeit hat, ist dabei. So standen auch Ruth Frank und Stefan Paulus bisher nicht mit den anderen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern auf der Bühne. Ruth Frank hat aber immerhin schon einmal an einem Probenwochenende in der Kaserne in Kümmersbruck (Oberpfalz) teilgenommen. Bei der Premiere der Kapelle auf der Landesversammlung des Gemeindetages im oberpfälzischen Neunburg vorm Wald war sie jedoch nicht dabei.
Erster Aufritt auf dem Oktoberfest
Dafür wird der erste Auftritt der beiden mit der Bürgermeisterkapelle sogar im Fernsehen übertragen: Am 17. September spielt das Ensemble auf dem Münchner Oktoberfest und wirkt dabei auch in der Live-Sendung des Bayerischen Rundfunks von 12 bis 13 Uhr mit. Im Anschluss musizieren die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Festzelt auf der "Oidn Wiesn", einem Teil des Festgeländes, der sich weniger ans Partypublikum richtet, sondern eher an die Fans des klassischen bayerischen Volksfestes.
Den nächsten Auftritt hat die Blaskapelle bayerischer Bürgermeister dann am 18. und 19. Oktober in Nürnberg auf der "Kommunale", Deutschlands größter Fachmesse für Kommunalbedarf. Auch dann wollen Stefan Paulus und Ruth Frank dabei sein.
