„Es bedient Sie Herr Pfr. Bill Augustin Mikambu Lotundo, Herzlich willkommen“, bevor Kunden des Weltladens in Eltmann dieses Schild auf der Theke lesen können, haben sie schon ein fröhliches „Grüß Gott, kommen sie rein“ vernommen. Neuerdings verstärkt Pfarrer Bill Augustin das ehrenamtliche Team des Weltladens. Über seine Beweggründe hat der Priester aus dem Kongo mit unserer Redaktion gesprochen. Denn mit den Menschen reden und Deutsch als Umgangssprache lernen, das ist einer seiner Ansätze.
Seit Oktober ist Bill Augustin Mikambu Lotundo mitarbeitender Priester in der Pfarreiengemeinschaft Main-Steigerwald, die Eltmann und den größten Teil Oberaurachs umfasst. „Nebenbei“ arbeitet er an seiner Doktorarbeit. Zu tun hat er eigentlich genug, aber „man trifft außerhalb der Gottesdienste halt nicht so viele Leute“, erzählt er. Kein Seniorennachmittag, kein Pfarrfest, keine Gelegenheit um mal ein „bissla zu reden“, rutscht doch schon ein bisschen Mundart raus. „Ich habe an der Universität ja nur Hochdeutsch gelernt. Damit versteht man aber die Menschen nicht überall“, sagt der Pfarrer, der schon im Spessart seine Erfahrungen mit Dialekten machte.
Der Pfarrer will die Menschen verstehen
Doch gerade die Menschen zu verstehen in ihren Anliegen, das will er auf jeden Fall. Auf den Weltladen kam er im Gespräch mit Elisabeth Müller-Förtsch, die für die Kolpingfamilie den Weltladen organisiert. Er hatte gepredigt über „das Gute, das wir tun, ohne zu wissen, was daraus später einmal werden kann. So habe ich als Student im Priesterseminar Unterstützung durch Kolping erhalten. Ohne diese Unterstützung wäre ich jetzt vielleicht nicht Pfarrer und würde in Eltmann Gottesdienste halten“, erzählt Bill Augustin.
Dieser Faden wurde bei einem privaten Gespräch mit der Familie Förtsch aufgegriffen und so ergab sich der Entschluss, sich für Ladendienste zur Verfügung zu stellen. Da gab es allerhand zu lernen über die Produkte, die im Weltladen stehen, und über den Verkauf an sich. Im Regal steht auch Kaffee vom Lake Kivu in der Demokratischen Republik Kongo, aus Bill Augustins Heimat. Dass die Fair-Trade-Organisation dort Kaffeebauern unterstützt, das wusste er bisher nicht. Die Belgischen Kolonialherren hatten im Kongo – damals Zaire – den Kaffeeanbau wie auch die Palmöl-Produktion ganz groß aufgestellt. Aber eigentlich die gesamte Wirtschaft im Kongo sei heute von chinesischen und indischen Konzernen dominiert, gestützt vom diktatorischen Regime.
Bürgerkriege in der Heimat
Auch am Lake Kivu hatten die Bürgerkriege den Menschen die Lebensgrundlagen entzogen. In der Kooperative Sopacdi wird die Arabica-Bohne angebaut, die den Bio-Kaffee aus dem Eltmanner Weltladen zu einem außergewöhnlich aromatischen Genuss werden lässt. Der fruchtbare Vulkanboden und das Klima der Region in Zentralafrika sind ideal für den Anbau des Arabica-Kaffees.
Die Geschichte und die Gegenwart seines Heimatlandes haben für Bill Augustin zwei Themen so wichtig gemacht, dass sie auch fast jede Predigt mitbestimmen: „Gerechtigkeit und Liebe, wenn es darum geht, bin ich dabei“, sagt er. Im Kongo hat Bill Augustin Theologie, Jura und Philosophie studiert. Gerechtigkeit und Liebe, das bedeutet für ihn auch, „nützlich zu sein für die anderen. Und das ist immer auch etwas Schönes. Wenn ich hier im Weltladen helfe, dann predige ich mich auch selbst, denn der erste Adressat meiner Predigten bin immer ich selbst“, erklärt der Priester. Für ihn gehört es zu seiner Berufung als Priester, für andere da zu sein. Das sei eine andere Form, zu predigen.
Positive Rückmeldungen
Sehr viel Freundlichkeit sei ihm hier im Laden entgegengeschlagen, erzählt er. „Die Leute sind überrascht, aber sehr positiv, und es ergeben sich schöne Gespräche“. Die dürfen aber nicht zu lange dauern, denn den geltenden Hygienevorschriften entsprechend darf derzeit immer nur ein Kunde in den Weltladen.
Pfarrer Bill Augustin macht nach Pfingsten ein paar Wochen Urlaub. Seine Familie – zehn Geschwister hat er – kann er in diesem Jahr nicht besuchen, auch wenn es eigentlich geplant war, „aber 2022 habe ich das fest vor“. Eigentlich täglich ist er mit einer Schwester oder einem Bruder per Internet in Verbindung, doch sein letzter Aufenthalt im Kongo war 2019.
Lektüre für den Urlaub
Langweilig wird der Urlaub dennoch nicht, denn er nimmt etwas aus dem Weltladen mit: Gegenüber der Ladentheke hängt das kleine Bücherregal und dort hat er „Die Zukunft“ von Friedensnobelpreisträger Al Gore entdeckt. In französischer Sprache habe er vor einiger Zeit schon einmal in dieses Buch des früheren amerikanischen Vizepräsidenten und Umweltschützers hineingelesen, „aber scheinbar ist das jetzt die Gelegenheit, die ich nicht verpassen darf“, interpretiert er diese Zufalls-Entdeckung im Weltladen. Und so wird er sich an die 590 Seiten machen, auf denen „irgendwo auch etwas über den Kongo stehen soll“.