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Von Westheim 1615 Kilometer nach Rom geradelt: Warum Hannes Betz auch ein Ohnmachtsanfall nicht stoppen konnte
Der Künstler sammelte mit seiner Radtour Spenden für die Tafel. Unterwegs trafen ihn Regen, Hitze und eine Reifenpanne. Wie es dem Radreisenden ergangen ist.
Hannes Betz machte sich mit seinem Fahrrad von Westheim auf nach Rom. Florenz, die Hauptstadt der Toskana, lag dabei auch auf seinem Weg.
Foto: Hannes Betz | Hannes Betz machte sich mit seinem Fahrrad von Westheim auf nach Rom. Florenz, die Hauptstadt der Toskana, lag dabei auch auf seinem Weg.
Christiane Reuther
 |  aktualisiert: 15.10.2024 02:41 Uhr

Der Westheimer Künstler Hannes Betz ist nicht nur durch seine Kunstwerke und Aktionen bekannt. Er stellt sich auch gerne persönlichen Herausforderungen: Im vergangenen Jahr lebte er im Sommer zwei Wochen im Wald und ernährte sich von Insekten und Pflanzen. In diesem Jahr ist er alleine mit seinem Mountainbike, ohne elektrische Unterstützung, von seinem Heimatort aus nach Rom aufgebrochen.

Inspirieren lassen hat er sich dabei von einem Zitat des chinesischen Philosophen Konfuzius: Der Weg ist das Ziel. "Die Fahrt ist nicht nur eine persönliche Herausforderung, sondern auch eine Herzensangelegenheit", hatte Betz im Vorfeld erklärt. Denn mit seiner Benefizradtour sammelte er Spenden, die der Haßfurter Tafel zugutekamen. Insgesamt waren es am Ende 2037 Euro.

"Wollte drei Tage lang niemanden sehen und hören"

Inzwischen ist Hannes Betz wieder zu Hause. Im Gespräch mit der Redaktion lässt er seine 31-tägige Reise nach Rom Revue passieren. Auf die Frage, ob er nach einer so langen Reise keinen Fahrradsattel mehr sehen könne, antwortet Betz: "Der Sattel war nicht das Problem." Das Hinterteil habe alles gut mitgemacht, Probleme hätten die Oberschenkel bereitet. Diese habe er vom Anfang bis zum Ende seiner Radtour und auch noch Tage danach gespürt.

Diesen Regenbogen über der Toskana fing der Westheimer mit seinem Handy ein.
Foto: Hannes Betz | Diesen Regenbogen über der Toskana fing der Westheimer mit seinem Handy ein.

"Ich bin zu Hause zum Tor hineingefahren, habe hinter mir alles abgeschlossen und wollte drei Tage lang niemanden sehen und hören, vor allem kein Fahrrad mehr sehen", sagt Betz. Er habe auch einige Tage nach seiner Rückkehr gemerkt, dass die Luft heraus sei und ihn die Reise an seine physische Belastungsgrenze gebracht habe.

Über München und den Brenner nach Italien geradelt

Doch zurück zu den Anfängen: Hannes Betz wollte nach eigener Aussage schon immer einmal eine größere Tour mit dem Fahrrad unternehmen. Unbedarft machte sich der 63-Jährige Anfang August auf den Weg. Dieser führte ihn zunächst nach München. Die Radfahrkarte war dabei ein wichtiges Utensil. Anhand dieser hatte er sich im Vorfeld seine Reiseroute ausgesucht, wie er berichtet.

Bis zum Gardasee benutzte der Westheimer mithilfe seiner Radfahrkarte nur ausgeschilderte Fahrradwege, die es in Italien so nicht gibt. Doch irgendwo unterwegs ließ er das wichtige Utensil liegen, genauso wie die Solarmatte für sein Handy.

Betz übernachtete größtenteils im Freien, unter anderem auch in einer Obstplantage in der Toskana.
Foto: Hannes Betz | Betz übernachtete größtenteils im Freien, unter anderem auch in einer Obstplantage in der Toskana.

Auch das Wetter spielte nicht immer mit: Von München aus ging es größtenteils bei Regen weiter nach Innsbruck. Für den 60 Kilometer langen, steil ansteigenden Brennerpass brauchte Betz zweieinhalb Tage. "Die Hälfte der Strecke habe ich mein Rad geschoben", berichtet er. Dann ging es weiter nach Bologna, Florenz und Pisa – und schließlich die Küste entlang in Richtung Rom.

Drei Wochen übernachtete Betz dabei in der freien Natur, meist im Umfeld von öffentlichen Gebäuden wie Kirchen und Schulen – zu seiner eigenen Sicherheit, wie er erklärt. Aber auch in Obstplantagen in der Toskana fand er einen Platz zum Schlafen. Sogar am Strand verbrachte der 63-Jährige eine Nacht und fühlte sich "wie in einer Fangopackung auf Wolke sieben".

Wegen der Hitze bewusstlos zusammengebrochen

Obwohl Betz jeden Tag bei späteren Temperaturen von 30 bis 35 Grad – in Florenz waren es sogar 38 Grad – sechs Liter Flüssigkeit zu sich nahm, kollabierte er nach drei Wochen und brach bewusstlos zusammen: "Ich bin einfach umgekippt und weiß nicht, wie lange ich gelegen bin."

Nach diesen Kreislaufproblemen sah sich der Westheimer gezwungen, künftig ein Zimmer für die Nacht zu suchen, sonst hätte er seine Reise abbrechen müssen. Auch wenn sich die Zimmersuche als Herausforderung darstellte, sei es doch eine kluge Entscheidung gewesen: "Jetzt ging es mir körperlich wieder besser und ich konnte meine Reise fortführen", erklärt Betz.

Vor dem Schiefen Turm von Pisa legte der Westheimer einen Fotostopp ein.
Foto: Hannes Betz | Vor dem Schiefen Turm von Pisa legte der Westheimer einen Fotostopp ein.

Die Reise war anstrengend, auch wenn sich der Westheimer am Gardasee eine kleine Auszeit von Fahrrad und den Sozialen Medien gönnte. Seine Erlebnisse der Benefizradtour postete Betz ansonsten auf Instagram und Facebook, um zu informieren und Spenden zu sammeln. Die Durchhalteparolen seiner begeisterten Fangemeinde hätten ihn mental getragen, sagt er.

Auch eine Panne hatte der Radreisende: "Ein Reifen war platt, obwohl ich mich vorher für pannensichere Fahrradreifen entschieden hatte", berichtet Betz. Deshalb habe nach der Panne sein Augenmerk herumliegenden Splittern gegolten.

Gänsehautgefühl in Rom und Sehnsucht nach Hause

Mit einem Gänsehautgefühl erreichte der Westheimer am 1. September, mit 1615 Kilometern in den Beinen, den Petersplatz in Rom. Ursprünglich wollte der Künstler ein paar Tage in Rom verweilen. Da er sich aber platt und ausgebrannt an der Grenze der physischen Belastung befand, beherrschte ihn nur noch ein Gedanke, wie er berichtet: "Ich will nach Hause."

Das Ziel erreicht: Nach 1615 Kilometern kam Hannes Betz in Rom an.
Foto: Hannes Betz | Das Ziel erreicht: Nach 1615 Kilometern kam Hannes Betz in Rom an.

Die Heimreise trat Betz dann zunächst mit dem Flixbus an. Von München fuhr er mit dem Regionalzug bis nach Haßfurt und von dort mit seinem Drahtesel bis nach Westheim, in der Hoffnung, dass ihn niemand erkennen und ansprechen würde. Das Fazit am Ende der Reise: "Ich würde es nicht mehr machen, aber jetzt kann ich mitreden."

 
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