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Oberschleichach
Von Auberginen bis Zucchini: Warum samenfestes Saatgut immer wichtiger wird
Das Interesse am ersten "Saatgut-Tag" im Haßbergkreis war groß. Neben Fachvorträgen gab es auch eine Tauschbörse für Samen.
Über die Saatgutverwendung speziell bei Tomaten und Chili informierte hier Josef Erlacher (links) aus Hallstadt.
Foto: Günther Geiling | Über die Saatgutverwendung speziell bei Tomaten und Chili informierte hier Josef Erlacher (links) aus Hallstadt.
Günther Geiling
 und  Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:06 Uhr

Die Tage werden wieder länger, und auch wenn die Temperaturen in dieser Woche noch einmal ins Minus gingen: Der Frühling lässt nicht mehr lange auf sich warten. Für viele Hobby-Gärtnerinnen und -Gärtner im Landkreis Haßberge heißt das, ran an die Beete.

Für den Anbau gibt es dabei eine Vielzahl an Möglichkeiten, auch weil sich abseits der großen Konzerne Saatgut mit regionaler Tradition erhalten hat. Damit dies auch für künftige Generationen gilt, ist der Austausch und Erhalt dieses Saatguts von großer Bedeutung.

Zum ersten Mal fand im Landkreis Haßberge am Wochenende nun ein "Saatgut-Tag" mit zahlreichen Fachvorträgen und einer Tauschbörse statt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Umweltbildungszentrum Oberschleichach (UBiZ) in Zusammenarbeit mit dem Kreisverband für Gartenbau und Landespflege Haßberge.

Jährliche Aussaat möglich

Samenfestes Saatgut, also Saatgut, das sich jedes Jahr immer wieder aussäen lässt, sei für viele Menschen wohl nur ein unbedeutendes Randthema, erklärte Landrat Wilhelm Schneider (CSU) bei der Eröffnung der Veranstaltung. Doch dieses Saatgut sei ein wichtiger Baustein, der nicht nur zur Nachhaltigkeit sondern auch zur Vielfalt in der Nahrungskette beitrage.

Kreisfachberater Guntram Ulsamer, Landrat Wilhelm Schneider und die Vorsitzende des UBIZ Oberschleichach, Petra Sommer (von links), bei der Eröffnung des ersten 'Saatgut-Tages' im Landkreis Haßberge.
Foto: Günther Geiling | Kreisfachberater Guntram Ulsamer, Landrat Wilhelm Schneider und die Vorsitzende des UBIZ Oberschleichach, Petra Sommer (von links), bei der Eröffnung des ersten "Saatgut-Tages" im Landkreis Haßberge.

Denn: Die Gefahr, dass es bald nur noch Hochleistungsgetreide oder Gemüse in Einheitsform und Größe geben werde, sei groß. Diese Attribute seien eng auf die Bedürfnisse der Produzenten, Erzeuger und des Handels abgestimmt. Eigenschaften wie Druckfestigkeit, Haltbarkeit und einheitlicher Reifezeitpunkt spielten hierbei für sie die entscheidende Rolle, erklärte der Landrat, der gleichzeitig auch Kreisvorsitzender des Verbands für Gartenbau und Landespflege ist.

Dabei sei es wichtig, ein neues Bewusstsein für altes, samenfestes Saatgut zu entwickeln. Es gehe nicht nur darum, regionale Samen, wie beispielsweise die des Bamberger Hörnchens – eine kleinfruchtige Kartoffelsorte – zu erhalten und weiterzuvermehren. Sondern auch darum, ein Stück regionale Identität zu bewahren.

Samenfeste Sorten vor dem Verschwinden retten

Für die Hobby-Gärtnerinnen und -Gärtner der Region sind Messen wie jene in Oberschleichach deshalb auch wichtige Tauschbörsen. Das erzählt Ulrike Aas, Vorsitzende des Vereins Bamberger Sortengarten. Dessen Mitglieder wollen alte samenfeste Sorten nicht nur vor dem Verschwinden retten, sondern auch das Wissen über deren Anbau weitertragen. "Uns geht es darum, dass diese Pflanzen wieder Einzug finden in die vielen Hausgärten", sagt Aas.

Das Interesse war groß: Besucherinnen und Besucher kamen auch von weit her, um sich zu informieren und um Saatgut zu tauschen. 
Foto: Günther Geiling | Das Interesse war groß: Besucherinnen und Besucher kamen auch von weit her, um sich zu informieren und um Saatgut zu tauschen. 

Sie steht an diesem Tag unter anderem mit Samen des Bamberger Spitzwirsings, diverser Buschbohnen und Blumen an ihrem Stand. Im Vergleich zu diesen beständigen Sorten führt das Hybrid-Saatgut der großen Konzerne meist in eine Sackgasse. Denn die Samen können nur einmal ausgesät werden. Schon in der nächsten Pflanzengeneration gehen die sortentypischen Eigenschaften verloren. "Dann müssen Gärtnerinnen und Gärtner nachkaufen", erklärt Ulrike Aas.

"Wir wollen zumindest einen kleinen Beitrag dazu leisten, um die Abhängigkeit von den großen Herstellern etwas zu verringern."
Ulrike Aas, Vorsitzende Bamberger Sortengarten

Samen selbst zu vermehren, ist so unmöglich. Der Bamberger Verein hat es sich deshalb auf die Fahne geschrieben, das zu ändern. "Wir wollen zumindest einen kleinen Beitrag dazu leisten, um die Abhängigkeit von den großen Herstellern etwas zu verringern", sagt Ulrike Aas. Doch das ist mitunter schwer. Denn verkauft werden darf nur, was beim Bundessortenamt und den entsprechenden Behörden in den anderen EU-Mitgliedstaaten zugelassen wurde. Viele der alten Sorten haben diese Zulassung nicht. Ein Grund, warum auf Messen wie in Oberschleichach nur Kleinstmengen getauscht werden.

Künftig könnten neue Saatgutsorten entstehen

Der Erhalt der alten, samenfesten Sorten ist aus mehreren Gründen wichtig, erklärt auch Schneider. Jede Region habe ihre eigenen Besonderheiten an Pflanzen, angepasst an Boden und Klima. Und gerade diese regionale Vielfalt mache die besondere Qualität aus – und nicht der Einheitsgeschmack, die Form oder die Farbe.

Gleichzeitig sei die Vielfalt auch ein riesiger Schatz an Genen. Ihn zu erhalten, zu konservieren und für zukünftige Generationen bereitzuhalten, müsse die Aufgaben von allen sein. Künftig könnte altbewährtes Saatgut neu gekreuzt und dadurch neue Sorten entwickelt werden. 

Verschiedene Bohnen und violetter Blumenkohl

Während der Veranstaltung referierten verschiedene Ausstellerinnen und Aussteller und boten den Besucherinnen und Besuchern Einblicke, wie altes Saatgut verwendet und weiterverarbeitet werden kann. Barbara Keller vom "Openhouse" in Mönchstockheim klärte die Interessenten über samenfeste Gemüsensorten aus der Region auf. Diese Samen können in jedem Garten genutzt und weitervermehrt werden. Die Palette reichte dabei von Sauerkraft bis hin zu verschiedensten Bohnen.

Bei Kathinka Neff aus Schönbrunn im Steigerwald ging es um das Thema "Permakultur". Diese sieht die Natur ganzheitlich und die Wirtschaft in Kreisläufen. In ihrem naturnahen Garten gibt es überraschende Gemüsesorten, wie violetten Rosen- oder Blumenkohl.

Christina Fallenbacher (links) vom 'Naturhof Siebensachen' aus Kleinmünster bot verschiedene Samensorten an.
Foto: Günther Geiling | Christina Fallenbacher (links) vom "Naturhof Siebensachen" aus Kleinmünster bot verschiedene Samensorten an.

Schließlich referierte Josef Erlacher aus Hallstadt zur Saatgutverwendung mit dem Schwerpunkt Tomaten und Chili. Darüber hinaus boten zahlreiche Ausstellerinnen und Aussteller wie Christina Fallenbacher vom Naturhof "Siebensachen" aus Kleinmünster ein großes Angebot unterschiedlichen Pflanzen und Sorten an.

Geschmackstest: Welcher Apfel schmeckt am besten?

Ein weiterer Themenkomplex war die Sortenvielfalt von Obstarten durch Veredelung eines sogenannten Auges oder Triebes auf eine Unterlage. Hubert Siegler von der "Gartenakademie Veitshöchheim" ging dabei nicht nur auf Sorten, die den Namen "Ananasrenette", "Kaiser Wilhelm" oder  "Schöner von Boskop" tragen, ein. Sondern auch auf rotfleischige Äpfel, die sich in der Weiterverarbeitung farblich abheben. Schließlich konnten die Besucherinnen und Besucher verschiedene Apfelsorten probieren und ihren Lieblingsapfel bewerten.

Der erste "Saatgut-Tag" im Landkreis Haßberge war erfolgreich – darin waren sich Besucherinnen, Besucher und Veranstalter einig. Hunderte Interessierte wanderten in den sechs Stunden durch die Räume des UBIZ in Oberschleichach, informierten sich während der Fachvorträge und wurden selbst tätig, in dem sie neues "samenfestes Saatgut" tauschten oder erstanden.

 
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