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Rauhenebrach
Vom Lehrling zum Urgestein in der Backstube: Wie Dieter Keller auf fast 50 Jahre Bäckerhandwerk zurückschaut
Offiziell ist Keller in Rente, doch die Liebe zum Handwerk hält an. Komplett der Backstube fernbleiben, das will der Rentner aus Fabrikschleichach noch nicht.
Ganz loslassen kann Dieter Keller noch nicht. Zweimal in der Woche verstärkt er auch als Rentner noch das Team in der Backstube. 
Foto: Sandra Oppel | Ganz loslassen kann Dieter Keller noch nicht. Zweimal in der Woche verstärkt er auch als Rentner noch das Team in der Backstube. 
Sabine Weinbeer
 |  aktualisiert: 11.02.2025 02:37 Uhr

Brot und Brötchen, Hörnli und Krapfen, das war 49 Jahre lang sein Tagwerk. Jetzt ist Dieter Keller aus Fabrikschleichach seit ein paar Wochen Rentner, er will nun öfter schwimmen gehen – aber ganz von der Backstube der Bäckerei Oppel lösen kann er sich noch nicht. Im Gespräch mit der Redaktion in der alte Backstube in Untersteinbach, in der sich heute der Sozialraum für die Angestellten befindet, wirft der 64-Jährige einen Blick zurück. 

In fast fünf Jahrzehnten Bäckerhandwerk hat sich so einiges geändert. 1974 schloss Keller die Schule ab. Seinen Ausbildungsvertrag hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits seit einem Jahr in der Tasche. Das war in den 70er Jahren nicht selbstverständlich – schon gar nicht im Steigerwald, wo es für einen 16-Jährigen außer dem Mofa praktisch keine Mobilität gab.

Die Mutter ergriff die Initiative

Kellers Mutter ergriff damals frühzeitig die Initiative. Bäckermeister Bruno Oppel fuhr seine Backwaren in der ganzen Gemeinde aus und so fragte sie ihn am Bäckerwagen, ob er nicht einen Lehrling nehmen würde. Oppel stimmte zu. Und so war für Keller klar, dass er Bäcker werden würde. Frühes Aufstehen war er aus der Landwirtschaft gewöhnt. 

Brot zu backen, das zählt zu den ältesten Fertigkeiten der Welt. Schon die alten Ägypter backten Brot – natürlich kein Steigerwälder-Natursauerteigbrot, so wie Dieter Keller. 
Foto: Sabine Weinbeer | Brot zu backen, das zählt zu den ältesten Fertigkeiten der Welt. Schon die alten Ägypter backten Brot – natürlich kein Steigerwälder-Natursauerteigbrot, so wie Dieter Keller. 

Das Team in der Untersteinbacher Backstube bestand aus Meister Bruno, einem Gesellen und dem Stift Dieter. Entsprechend übersichtlich war das Sortiment. Es gab Brot, für das der Sauerteig liebevoll gepflegt wurde, eine Sorte Brötchen, Hörnchen zum Wochenende oder Feiertagen, Krapfen zur Kirchweih und zu Fasching, erinnert sich Keller. Mehr sei auch nicht zu machen gewesen, denn Kühlungen oder Gärunterbrecher wie heute gab es praktisch gar nicht. "Den Hörnles-Teig haben wir portioniert und dann in den Felsenkeller gegenüber der Backstube gebracht", erzählt Keller.

Bäckerei damals als Dienstleister genutzt

In den Haushalten wurde damals noch viel selbst gebacken und viele nutzten die Bäckerei auch als Dienstleister. Die Menschen brachten ihre vorbereiteten Brote, Christstollen oder die Kirchweih-Kuchen auf den großen Plootz-Blechen zum Backen vorbei. Viele der Landwirte lösten über das Jahr hinweg ihre Getreide-Gutschriften ein, die sie beim Abliefern an die Mühle bekommen hatten.

"Das Mehl haben wir dann als Sackware bei der Mühle geholt und täglich gesiebt – das war ein Staub und anstrengend."
Dieter Keller, Bäcker

"Das Mehl haben wir dann als Sackware bei der Mühle geholt und täglich gesiebt – das war ein Staub und anstrengend", erinnert sich Keller. Sein Chef Michael Oppel, der beim Gespräch ebenfalls dabei ist, nickt. Er hat später einen Staubschutz installiert. Das Handwerk gefiel Keller, obwohl es anstrengend und mit Nacharbeit verbunden war. Ebenso die Nähe zum Arbeitsplatz, denn nach seiner Bundeswehrzeit kehrte er in die Untersteinbacher Backstube zurück.

Parallel gründete er mit Ehefrau Rosi eine Familie, sie zogen drei Kinder groß und engagierten sich in der Gemeinde. Er beim Sportverein und der Feuerwehr als Aktiver und Kassier, sie in der Kirchengemeinde und sogar als Ortssprecherin im Gemeinderat Rauhenebrach. Die Kinder wuchsen auf und das Handwerk des Vaters wandelte sich.

Mit den Kundenwünschen mitgehen

Die Kundinnen und Kunden wünschten sich ein breiteres Sortiment – Körnerbrot und -brötchen beispielsweise. "Wir hatten keine Ahnung, wie wir das zubereiten sollen und nahmen wie alle anderen dankbar die Backmischungen der Lebensmittelindustrie an", erinnert sich Michael Oppel. Das Sortiment wurde größer, der Wirkungsbereich der Bäckerei auch und die Personalstärke ebenfalls.

Drei Generationen Bäckermeister Oppel verabschiedeten Dieter Keller (2. von rechts) offiziell in den Ruhestand: Senior Bruno (rechts), Enkel Simon (link) und sein Vater Michael Oppel. 
Foto: Sandra Oppel | Drei Generationen Bäckermeister Oppel verabschiedeten Dieter Keller (2. von rechts) offiziell in den Ruhestand: Senior Bruno (rechts), Enkel Simon (link) und sein Vater Michael Oppel. 

Dann kam die große Kehrtwende und Michael Oppel formte die "Naturbäckerei" Oppel. Zum Glück hatte er "Urgesteine" wie Dieter Keller, die diesen Weg mitgingen. Denn auf Hilfsmittel zu verzichten, jede Füllung selbst herzustellen, dazu brauchte es erfahrene Mitarbeiter, die bereit waren, solange zu experimentieren, bis es mit dem Produkt klappte.

Angenehmere Arbeitszeiten dank technischem Fortschritt

Dazu kam der technische Fortschritt. Der brachte in Form von Kühleinrichtungen einen großen Vorteil: Die Arbeitszeiten wurden angenehmer. Heute beginnen nur noch zwei Mitarbeiter sehr früh in der Backstube, für die meisten beginnt der Arbeitstag um 6.00 Uhr am Morgen.

Für Oppel ist das ein wesentlicher Grund dafür, dass Bäcker-Azubis wieder leichter zu finden sind. 25 Leute beschäftigt er in der Backstube in Untersteinbach. Sie produzieren für sieben Filialen in Gerolzhofen, Eltmann, Ebrach, Bischberg und Bamberg. Weitere 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beliefern die Filialen und verkaufen dort die Produkte oder sorgen für Sauberkeit. Kein Wunder, dass Simon Oppel, der gerade dabei ist, als fünfte Generation das Geschäft zu übernehmen, Bäckermeister und Betriebswirt ist.

Dieter Keller hat den Bäckerberuf im Wandel der Zeit erlebt.
Foto: Sandra Oppel | Dieter Keller hat den Bäckerberuf im Wandel der Zeit erlebt.

Dieter Keller indes kann noch nicht so ganz loslassen, auch wenn er in den Knien und der Schulter die handwerkliche Arbeit spürt. Mit großem Bahnhof wurde er von drei Generationen Bäckermeistern offiziell in den Ruhestand verabschiedet, aber zweimal die Woche kehrt er noch als Minijobber in die Backstube zurück. Das ist seine Art der Altersteilzeit. Und die Chefs sind sehr glücklich darüber.

 
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