Wer den Oberauracher Ortsteil Oberschleichach über den "Paradiesweg" verlässt und dort im Wald spazieren geht, würde wohl kaum ahnen, dass sich nur wenige Meter entfernt eine illegale Müllkippe befindet. Weicht man allerdings ein Stück von dem geschotterten Weg ab, bietet sich ein erschreckendes Bild: Auf einer größeren Fläche im Wald verteilt liegen alle möglichen Arten von Schutt und Abfällen.
Dabei handelt es sich nicht nur um kleines Gerümpel. Auch große, schwere Gegenstände sind dort entsorgt worden. Darunter unter anderem Betonrohre, wie sie im Tiefbau verwendet werden, ein alter Kohleherd, Badezimmerkeramik wie Teile einer zerbrochenen Toilettenschüssel oder auch eine alte Ackerwalze. An einer Stelle findet sich auch etwas, das aussieht wie eine Asbestplatte. Vieles davon muss schon seit Jahren oder gar Jahrzehnten dort liegen, es ist verwittert und mit Moos bewachsen.
Stacheldraht im Wald: Hund eines Spaziergängers verletzt sich
Der Hauptteil der illegalen Müllkippe liegt in einer kleinen Senke neben dem Waldweg. Offenbar lassen sich die Abfälle hier leicht in die Tiefe kippen und sind dann von dort aus nicht mehr zu sehen. Das Ausmaß der Verschmutzungen bleibt somit vor den Augen von Wanderern und Spaziergängerinnen verborgen.
Am unteren Ende der Senke steht eine Hütte, deren Rückseite großflächig mit Stacheldraht versehen ist. Und ebendieser Stacheldraht hat nun zur Entdeckung der Müllablagerungen geführt. Denn der Hund eines Spaziergängers war vom Weg aus ein Stück in den Wald hineingerannt und hatte sich am Stacheldraht verletzt. "Ich habe lange gebraucht, um ihn da rauszukriegen", sagt der Hundehalter im Gespräch mit der Redaktion. Ganz in der Nähe habe er auch schon Rehe gesehen. "Wenn da ein Tier oder ein Kind reinrennt, dann ist es vorbei", sagt er. So wurde er auch auf den Müll aufmerksam und informierte Medien und Behörden.
Beseitigung der Abfälle wird die Gemeinde wohl mehrere tausend Euro kosten
"Das Landratsamt Haßberge ist vergangene Woche über die Müllablagerungen im Wald südlich von Oberschleichach informiert worden", teilt die Kreisbehörde auf Anfrage dieser Redaktion schriftlich mit. Bei einer Ortseinsicht habe man sich daraufhin selbst ein Bild gemacht: "Bei den frei zugänglichen Ablageorten handelt es sich teilweise um gemeindliche Grundstücke, teilweise jedoch auch um Privateigentum." Da die Verursacherinnen und Verursacher nicht bekannt seien, habe das Landratsamt inzwischen Kontakt mit der Gemeinde Oberaurach aufgenommen, "um die Beseitigung der Abfälle in die Wege zu leiten".
Bürgermeister Thomas Sechser (CSU) sagt im Gespräch mit der Redaktion, die Ablagerungen im Wald seien der Gemeinde bisher nicht bekannt gewesen. Erst durch die Anfragen von Presse und Landratsamt sei man auf die Verschmutzungen aufmerksam geworden und habe sie sich vor Ort angeschaut.
Sechser berichtet, nach Bekanntwerden des Falls seien in den vergangenen Tagen bereits Bauhofmitarbeiter einige Stunden im Wald unterwegs gewesen, um den Müll aufzusammeln. Doch das Ausmaß sei so groß, dass man hier mit größerem Gerät anrücken müsse. "Wir brauchen Fahrzeuge und Bagger", sagt Sechser. Dafür gehe die Gemeinde nun auf örtliche Unternehmer zu, in der Hoffnung, den Müll bis Monatsende beseitigen zu können. "Das wird die Gemeinde ein paar tausend Euro kosten", so der Bürgermeister.
Was den Stacheldraht angeht, wolle die Kommune den Eigentümer der Waldhütte kontaktieren. Denn dabei handle es sich allem Anschein nach nicht um weggeworfenen Müll, sondern vielmehr um etwas, das absichtlich angebracht wurde. Wofür der Eigentümer die Hütte nutzt, sei der Gemeinde nicht bekannt.
Herkunft von Betonrohren und anderen Abfällen bislang ungeklärt
Zu den Müllablagerungen heißt es aus dem Rathaus, es sei kaum möglich, herauszufinden, wer dafür verantwortlich sei. Man wisse lediglich, dass es sich nicht um Abfälle der Gemeinde handle. Der Verdacht, eine Kommune könne zu den Verantwortlichen gehören, war vor allem durch die große Zahl an Betonrohren aufgekommen, die sich unter den Abfällen befinden.
Das Landratsamt warnt allerdings vor voreiligen Schlüssen. "Es ist nicht bekannt, woher die Betonrohre stammen." Zwar sei es richtig, dass solche Rohre "regelmäßig für Baumaßnahmen im Rahmen der öffentlichen Wasserversorgung bzw. Abwasserbeseitigung genutzt werden". Aber: "Private Unternehmen können diese beispielsweise genauso erwerben und nutzen oder für eigene Maßnahmen bevorraten, ebenso wie Privatpersonen."
Bürgerin spricht von einem offenen Geheimnis: "Das hat jeder gewusst."
Ein Gespräch mit einer Oberschleichacher Bürgerin, die namentlich nicht genannt werden möchte, legt nahe, dass es sich bei den Verursacherinnen und Verursachern um mehr als eine einzelne Person handelt. Seit vielen Jahren wohne sie im Ort und habe in der Zeit immer wieder verschiedene Menschen gesehen, die mit Autos und Anhängern Richtung Wald gefahren seien. Beim Verlassen des Dorfes seien die Anhänger beladen gewesen, bei der Rückkunft dann leer. Die illegale Müllhalde sei zumindest in früheren Zeiten ein offenes Geheimnis gewesen: "Das hat jeder gewusst."
"Das Landratsamt und auch die Polizei versuchen derzeit, die Verursacher zu ermitteln", heißt es in der schriftlichen Antwort der Kreisbehörde weiter. Ohne Zeuginnen und Zeugen dürfte sich das jedoch schwierig gestalten. "Die Behörden sind demnach auf die Mithilfe aus der Bevölkerung angewiesen. Bei verdächtigen Beobachtungen sollte umgehend die Polizei verständigt werden."
Ist die illegale Müllkippe eine Gefahr für die Umwelt?
Bleibt die Frage, ob von den Abfällen eine Gefahr für die Umwelt ausgeht. Dazu schreibt das Landratsamt: "Aufgrund der Art und der Menge der abgelagerten Abfälle liegt unserer Einschätzung nach keine akute Gefährdung vor." So handle es sich lediglich um "nicht gefährliche Abfälle im Sinne der Abfallverzeichnisverordnung". Sprich: Abfälle, aus denen keine Giftstoffe in Boden oder Grundwasser gespült werden können. "Dennoch besteht bei der Ablagerung von alten Zäunen oder sonstigen spitzen Metallgegenständen regelmäßig eine Verletzungsgefahr für Tiere, aber natürlich auch für spielende Kinder."
Auch die "ökologische Funktion der Fläche" werde durch den Müll beeinträchtigt. "Insbesondere der Außenbereich stellt einen wichtigen Lebensraum für Tiere und Pflanzen dar und dient der Erholungsfunktion. Diese Funktionen werden durch die illegalen Müllablagerungen erheblich beeinträchtigt."
Das Landratsamt weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass Verursacherinnen und Verursachern von illegalen Müllablagerungen "empfindliche Geldstrafen" drohen. Es könne sogar zu einem Strafverfahren kommen. Doch selbst in Fällen, in denen es sich nur um eine Ordnungswidrigkeit handelt, seien Bußgelder von bis zu 100.000 Euro möglich. Den Leuten müsse klar sein, dass sich eine illegale Müllentsorgung nicht lohnt. Denn die Strafen dafür seien um ein Vielfaches höher als die Kosten einer legalen Beseitigung.